Der Ratgeber „Überleben“ bietet Tipps von Survival-Experten, Zoologen und Medizinern

Neulich musste ein Flugzeug in Los Angeles zum Gate zurückrollen, weil eine Frau an Bord von einem Skorpion gestochen wurde. Es blieb unklar, wie genau das Spinnentier in die Kabine gelangte. Vermutlich war es einen Tag zuvor in Mexiko ins Handgepäck eines Passagiers gekrabbelt und hatte sich dann in einem Sitz versteckt. Die gestochene Frau war jedoch wildniserprobt, blieb also gelassen und tat, als sei es bloß ein Mückenstich gewesen. Sie wurde behandelt und konnte den nächsten Flug nach Portland nehmen.

So cool sind nur die wenigsten Reisenden. Viele Urlauber träumen zwar von abenteuerlichen Dschungeltouren. Nur haben die meisten der Möchtegern-Indiana-Jones’ panische Angst vor Getier.

Was sollte man also tun, wenn ein Skorpion zusticht? Oder wenn eine Tarantel das Bein hochkrabbelt? Nicht den Indiana Jones mimen und auf keinen Fall panisch werden. Ein neuer Ratgeber mit dem Titel „Überleben“ (Atrium Verlag, Zürich, 240 Seiten, zwölf Euro) gibt 300 Tipps von Survival-Experten, Zoologen, Biologen und Medizinern: Manche sind verblüffend, andere einfach, einige auch unterhaltsam bis bizarr.

Wie die Sache mit dem Skorpion. Das nachtaktive Tier ist dafür berüchtigt, dass es sich in Schuhen, Kleidungsstücken, Bettzeug oder Handtüchern Unterschlupf sucht. Wer diese Gegenstände in Regionen wie Nordafrika oder Mexiko nicht vor Benutzung ausschüttelt, ist selbst schuld. Vorsicht geboten ist auch in Hotels und Lodges in der Wildnis – Skorpione findet man häufig in der Nähe von Feuchtigkeit – wie in Waschbecken und Duschkabinen.

Skorpione haben die Eigenart, unter UV-Licht grüngelb zu fluoreszieren. Dies liegt an der Einlagerung bestimmter Substanzen im Außenskelett. Mithilfe einer Schwarzlichtlampe bringt man die Tiere zum Leuchten, und so findet man sie.

Ohnehin sticht ein Skorpion nur zu, wenn er sich bedroht fühlt – oder man sich auf ihn setzt, wie die nichtsahnende Passagierin es tat. Der Stich ist zwar bis zu drei Tage lang sehr schmerzhaft, doch die Wahrscheinlichkeit, daran ernsthaft zu erkranken, ist bei Erwachsenen extrem gering. Völlig falsch seien das Aderpressen und das Aussaugen oder Ausschneiden der Wunde; zur Sicherheit sollte ein Arzt aufgesucht werden.

Und wie sollte man reagieren, wenn man eine Tarantel am Bein entdeckt? Auf jeden Fall sollte man nicht hektisch schreiend um sich schlagen. Besser ist, und so lautet auch der Expertentipp für Hartgesottene: „Stehen Sie vorsichtig auf und hüpfen Sie leicht auf und ab. Dadurch fällt die Tarantel entweder ab oder flieht freiwillig.“

Was beachtet werden sollte, ist der Tipp, die Tarantel niemals anzufassen: Das großwüchsige Spinnentier beißt nicht nur, was extrem wehtun kann, sondern besitzt, so warnt der Ratgeber, am Hinterleib spitze Borsten, die sich leicht bei Berührung lösen – und wie Harpunen in die Haut eindringen.

Ein anderer Rat, um die fette Spinne loszuwerden: Schubsen Sie sie einfach weg. Mit einer zusammengerollten Zeitung oder einem Lappen kann man die Tarantel wegfegen. Das Problem ist nur: Wer hat schon in der Wildnis solche Sachen parat?

In Nordamerika westlich des Mississippis, vor allem auch am Grand Canyon im Sommer, wimmelt es nur so von diesen nachtaktiven großen Spinnen. Sie leben in Erdhöhlen oder auch in Hausdächern und Grundmauern.

Und wann durchwatet man am sichersten einen Fluss voller Piranhas in Südamerika? Tagsüber? Falsch. Dann sind sie am aktivsten und hungrigsten. Am besten nachts, lautet der Survival-Tipp. Denn dann sollen „praktisch alle Piranha-Arten ruhen. Weckt man sie auf auf, schwimmen sie davon, anstatt anzugreifen.“

Blöd nur, dass man Flüsse mit Alligatoren wiederum nachts meiden und lieber tagsüber durchqueren sollte. Bei Gewässern mit Piranhas und Alligatoren bleibt da wohl nur das sichere Boot als Alternative.

Und wie wird man einen Blutegel wieder los? Man darf ihn keinesfalls einfach abreißen oder mit Salz oder Insektenspray vertreiben, sagen die Survival-Experten. Dann erbricht der Egel in die Wunde – und verursacht eine Infektion. Blutegel leben im Wasser und im Gebüsch, lassen sich aber auch gern von überhängenden Ästen fallen. Angeblich haben sie zehn Augenpaare, um Bewegungen wahrzunehmen; ihre Sinne sind so scharf, dass sie auch Vibrationen und Körperwärme erkennen.

Die korrekte Entfernung eines Blutegels für sehr Tapfere lautet: Identifizieren Sie den vorderen Saugnapf am schmalen Ende des Tiers. Häufig wird fälschlicherweise der breite hintere Saugnapf für den Kopf gehalten.

Schieben Sie den Saugnapf am Kopf des Blutegels vorsichtig mit dem Fingernagel zur Seite, gleichzeitig sollte man auch den hinteren Saugnapf lösen. Der Blutegel wird sich mittlerweile an den Finger gesaugt haben, mit dem sie ihn von der Haut entfernt haben. Schnipsen Sie ihn weg, er sollte ganz leicht abgehen.

Danach fühlen sich Reisende wie tapfere Indiana Jones – oder buchen künftig nur noch Pauschalreisen in Länder ohne gefährliches Getier oder bleiben gleich daheim.

Denn ein Motto des Buches lautet: „Fern vom Haus ist nah beim Schaden.“ Und das Autorenteam Joshua Piven und David Borgenicht warnt, dass sie keinerlei Haftung für irgendwelche Verletzungen und Schäden bei Nachahmung übernehmen.