Technik-Training in der Olympiaregion rund um Innsbruck

An der Fassade der Talstation des Birgitzköpfl hat die Zeit ihre Spuren hinterlassen. Trotzdem wirken die fünf olympischen Ringe auf der ergrauten Wand immer noch beeindruckend. Innsbruck 1964 steht da in großen Lettern. Auf der Axamer Lizum, dem Olympiaskigebiet etwa 20 Autominuten von der Tiroler Landeshauptstadt entfernt, weht der Hauch der Geschichte. Und an diesem Wintertag außerdem ein Föhnsturm.

Erst der Föhn, dann kommt der Schnee, wissen die Einheimischen. Für die Urlauber bedeutet der starke Wind, der die Schneekristalle schmerzhaft wie Nadelstiche ins Gesicht fegt, dass der Ski-Spaß heute durch widrige Bedingungen geprägt ist. Die Sessellifte sind bereits geschlossen. Nur die Olympiabahn, 1976 erbaut, als Innsbruck zum zweiten Mal den Zuschlag der Winterspiele erhielt, bringt noch mit ihren beiden roten Waggons in steiler Schräge unverdrossen die wogende Menschenmasse hinauf auf den Olympiaberg Hoadl. In über 2300 Metern Höhe entscheidet sich mancher umgehend für den Einkehrschwung ins Hoadlhaus.

Das für seine Architektur preisgekrönte Bergrestaurant trägt einen herzhaft-tirolerischen Namen, es handelt sich jedoch dabei um eine nach Süden ausgerichtete Stahl-Glas-Konstruktion mit sieben Rolltoren. Werden sie hochgezogen, verwandelt sich der XXL-Wintergarten mit 600 Sitzplätzen in eine der größten Sonnenterrassen der Alpen. Jetzt bleiben die Tore unten. Und ist es nicht ohnehin besser, sich die kohlenhydratstrotzenden Kasnocken mit intensivem Ski-Technik-Training durch die Profis des Tiroler Skilehrerverbandes erst zu verdienen?

„Mehr Spaß mit weniger Energie“ verspricht Dominik Gleirscher, 39, der nicht nur einer der insgesamt 7000 Tiroler Skilehrer ist, sondern sogar Ausbilder beim Skilehrerverband. Erstmal ein wenig auf der Olympiaabfahrt der Damen von 1976 einfahren ist das Motto, bevor die Übungen beginnen.

Bei der Frage nach der damaligen Siegerin in der Königsdisziplin gibt mancher Österreicher eher schmallippig Auskunft. Ja, doch, die Rosi Mittermaier aus Reit im Winkl sei es gewesen, aber nur ganz knapp vor der Salzburgerin Brigitte Totschnig. Die Skiwettbewerbe vor 39 Jahren waren die Festspiele für die „Gold-Rosi“. Zweimal Gold in Abfahrt und Riesenslalom, einmal Silber im Slalom, so die Bilanz.

Abfahrten mit Maximaltempo ins Tal erfordern Mut und manchmal Übermut. Rennläufer wie Hermann Maier sind die Helden in der Alpenrepublik, auch wenn sich das Bild vom Draufgänger längst gewandelt hat. Im österreichischen Fernsehen wirbt Maier aktuell als Vater von 16 Monate alten Zwillingsmädchen für eine Bank, die fürs sichere Zuhause sorgt. Ob der Doppel-Olympiasieger von 1998 aktuell die Bestzeit im Windelwechseln hält, kann allerdings nur vermutet werden. Früher, so berichten Kenner der Rennläufer-Szene, habe er schon mal nachts einen Bagger von einer Baustelle für eine Spritztour entwendet und landete auf der Gendarmerie.

Die alpine Grundstellung erleichtert das Skifahren enorm

Auf den Pisten in der „Olympia Skiworld“ rund um Innsbruck, zu der neben der Axamer Lizum noch weitere acht Gebiete mit insgesamt 300 Pistenkilometern gehören, wird niemand binnen Stunden zum Skizirkus-Profi. Aber nach den ersten beiden Skischul-Kategorien Lernen und Anwenden lohnt sich das Training, um in Stufe drei das Können zu perfektionieren. Es ist erstaunlich, wie sich Wintersportler, die, wie man so schön sagt, überall runterkommen, durch ein paar Tipps und Übungen mit den Skilehrern deutlich verbessern können. „Du belastest den Talski links in der Rechtskurve zu wenig“: Mit einem Blick hat der Trainer die Schwäche der ausgeprägten Rechtshänderin, die offensichtlich auch Rechtsfüßerin ist, erkannt.

Auf die alpine Grundstellung kommt es an: den Bergski leicht vor dem Talski, Hüfte und Knie leicht gebeugt, Arme mit Stöcken leicht nach vorne, den Oberkörper immer talwärts. Immer selber überprüfen und konzentriert fahren, ist die Devise. Mal ausprobieren....Und tatsächlich: Das Pistengefühl ist besser. Ein Lob von Trainer Dominik beflügelt den Gang ins Restaurant „Der weiße Rausch“ im Ski-Kompetenzzentrum Lizum 1600.

Vor eineinhalb Jahren wurde das Haus des Tiroler Skilehrerverbandes im Mix aus Holzschindelgemütlichkeit und Moderne nahe der Olympiabahn gebaut. Jährlich werden hier rund 1350 Skilehrer in drei Stufen ausgebildet. Die Mehrheit als Anwärter, einige als Landesskilehrer, nur etwa 60 pro Jahr als staatlich geprüfte Skilehrer. Die Ausbildung ist polysportiv ausgerichtet: Neben Alpinsport werden auch Snowboard, Langlaufen oder Free Style miteinbezogen. Der Unterricht findet auf Deutsch statt. Das ist die Hürde beispielsweise für französische Interessenten, dagegen ist die Zahl der angehenden holländischen Skilehrer hoch. Der „Vater des Wedelns“ und österreichische „Skipapst“, der durch seine Fotos den Skilehrplan in den Siebzigern revolutionierte, war übrigens der gebürtige Münchner Stefan „Kruck“ Kruckenhauser (1904 – 1988).

Mit der futuristischen Hungerburgbahn zum Chillen auf die Seegrube

Wer die Prüfung erfolgreich absolviert hat – unter anderem einen Riesenslalomkurs in weltcupnaher Zeit -, kann in einer der großen Skischulen arbeiten oder seit 2008 auch als sogenannte Ein-Mann-Schule. Manche Top-Skilehrer haben eine angehende Renn-Karriere hinter sich und wurden auf dem Weg ganz nach oben durch Verletzungen ausgebremst. Eine bittere Erfahrung. Doch was ein echter Tiroler ist, der lässt sich nicht unterkriegen. Es sei einfach schön, spontane Erfolge zu sehen, berichtet Skilehrer Harald Kathrein.

Auf den Olympiapisten dürfen die Skischul-Teilnehmer inzwischen Paar-Übungen machen. Das hat nichts mit Skilehrer-Charme zu tun, sondern fördert beispielsweise das Kurz-Schwingen. Also: Einer fährt vorne, der andere dahinter, beide sind durch ihre Stöcke verbunden, die sie paarweise aneinander gehängt haben. Der Vordermann fährt direkt geradeaus, in Austrian-Englisch – kein Witz – Schussing genannt. Der Hintermann versucht, ihn kurz schwingend zu bremsen. „Merkst du, wie sehr du kanten musst?“, fragt Harald. Unbedingt. „Jetzt noch die Hoch-Tief-Bewegung herausstellen, die Knie und die Sprunggelenke beugen. Ja, super!“

Die so Gelobte strahlt wie das goldene Dachl von Innsbruck. Der Erker auf der mittelalterlichen Residenz der Tiroler Fürsten ist das Wahrzeichen der Landeshauptstadt. Über 320.000 Einwohner, davon 30.000 Studenten, hat die Stadt in den Bergen. Zum jungen Flair passt, dass Innsbruck 2012 die ersten Olympischen Winter-Jugendspiele ausrichten durfte.

Einen wunderbaren nächtlichen Ausblick über das Häusermeer am Inn hat man von der Seegrube. In etwa 15 Minuten geht es zunächst mit der futuristischen Hungerburgbahn der Stararchitektin Zaha Hadid die erste Etappe aufwärts, dann mit der Nordketten-Gondelbahn weiter auf 1905 Meter. Während im Hintergrund die Innsbru-cker Jugend entspannt bei Musik im Party-Iglu chillt, schweift der Blick über die Lichter der Stadt. Urlauber mittleren Alters sollen sogar dabei beobachtet worden sein, dass sie den alten Wolfgang-Ambros-Hit „Skifoahn“ summten: „I foah no ned z’haus, i bleib am Montag aaa no do…“.

Anreise: Von Hamburg nach Innsbruck siehe Kasten links. Unterkunft: Grand Hotel Europa, zentral gelegen, ab 140 Euro, Hotel Maximilian, ab 95 Euro. Skikurs ab 50 Euro pro Stunde. Mehr Infos unter www.snowsporttirol.at/schneesportschulen/skischulen-informationen

(Die Reise wurde unterstützt von der Tirol Werbung)