Jährlich reisen rund 46.000 Touristen und Forscher in die Antarktis. Das Hamburger Expeditions-Kreuzfahrtschiff „Hanseatic“ legt bei der Weihnachtsreise rund 8000 Kilometer zurück.

Vor dem Holzhaus in der Bucht von Port Lockroy brüten Eselpinguine. Sie watscheln in schmalen Pfaden durch den harschen Schnee. Die kleinen Frackträger haben Vorfahrt, sollten hier Menschen ihre Wege kreuzen.

Und das kommt im antarktischen Sommer vom November bis März häufiger vor, wenn die Temperaturen nur rund um den Gefrierpunkt liegen. Die frühere britische Forschungsstation Port Lockroy im Nordwesten der Antarktischen Halbinsel ist für Kreuzfahrer ein beliebter Anlaufpunkt. Bei jeder Reise gehört ein Aufenthalt auf Port Lockroy zu den historisch interessanten Attraktionen. Die Touristen besuchen das Hauptgebäude, in dem bis zum Jahr 1962 Wetterbeobachtungen und physikalische Forschungen vorgenommen wurden. Heute ist die Forschungsstation ein Museum mit eigenem Postamt unter britischer Obhut.

Hasneatic
Hasneatic © E. Hasse

Der Internationale Verband der Antarktis-Reiseveranstalter (IAATO) rechnet damit, dass in der Saison 2014/15 rund 36.000 Touristen in die Antarktis reisen werden – fast alle im Rahmen von Expeditionskreuzfahrten. Wie auf dem Hamburger Kreuzfahrtschiff Hanseatic, dessen Weihnachtsreise in die polaren Regionen sich jetzt dem Ende neigt. Das Expeditionsschiff trifft an diesem Sonnabend wieder in Ushuaia (Feuerland) ein und hat bei seiner mehr als dreiwöchigen Reise unter der Leitung des Hamburger Kapitäns Carsten Gerke rund 8000 Kilometer zurückgelegt.

Nach Angaben des Bundesumweltamtes steuern inzwischen in jeder Saison rund 40 bis 50 Kreuzfahrtschiffe die Antarktis an. Sie bereisen überwiegend die Antarktische Halbinsel, deren Gewässer im Sommer durch die Eisschmelze in der Regel gut befahrbar sind. Seit der ersten Antarktis-Kreuzfahrt im Jahr 1966 wächst der Tourismus kontinuierlich. Die Besucherzahlen schwanken jährlich zwischen 34.000 bis 36.000. An der Spitze stehen Polarreisende aus den USA, Deutschland, Australien und Großbritannien.

Dazu kommen die vielen Mitarbeiter in den Forschungsstationen, die in den rund 60 Sommer- und 38 Überwinterungsstationen zu wissenschaftlichen Zwecken tätig sind. Heinz Ahammer, der als Logistiker den Aufbau der Neumayer-Forschungsstationen des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts mit koordiniert hat, schätzt: Jährlich arbeiten rund 10.000 Menschen in den Forschungsstationen der Antarktis. Allein Argentinien ist mit sechs, Chile, Frankreich und Russland mit jeweils vier und Großbritannien mit drei Überwinterungsstationen vertreten.

Auf der Weihnachtsreise der Hanseatic berichtete der Bremerhavener Experte als Lektor auch über das harte Leben in den früheren Stationen wie Port Lockroy. „Ein Blick in die Sozialräume dieser Station zeigt, auf wie wenig Raum und welch schlichte Koch-, Dusch- und Waschgelegenheiten sich ein Leben fernab der Zivilisation reduzieren lässt, wenn man nur will oder besser muss“, sagt der Ingenieur, der rund 30 Mal in der Antarktis war.

Mannschaftsschlafräume von bis zu sechs Personen gehörten in Port Lockroy ebenso zum Alltag wie die tägliche Trink- und Waschwassergewinnung durch schmelzen von Schnee.

Hanseatic
Hanseatic © E. Hasse

Zweieinhalb Jahre waren die Männer damals ununterbrochen im Einsatz. Wen wundert es, dass sie die schwere und entbehrungsreiche Zeit nur in Gedanken an ihre Familien ertragen ließ, fügt Ahammer hinzu. „Und manch einer, den keine Ehefrau oder Liebste zu Hause erwartete, zeichnete seine Sehnsüchte und Wunschvorstellungen in Gestalt damals bekannter Filmdiven an die Spinde und Wände.“ Noch heute können die bunten Bilder der freizügig gemalten Filmstars wie Marilyn Monroe und Sophie Loren über den schmalen Betten begutachtet werden. Meist mit üppigen Formen.

Der Antarktis-Tourismus ist aufgrund internationaler Vereinbarungen der Antarktis-Vertragsstaaten an strenge Regeln geknüpft. Niemals dürfen mehr als 100 Menschen gleichzeitig an Land gehen. Außerdem muss jeweils eine Gruppe von 20 Gästen von einem Reiseleiter begleitet werden.

Unter diesen strengen Bedingungen hält Heinz Ahammer den Antarktis-Tourismus für sinnvoll. „Die Reisegäste werden die überwältigende Natur- und Tierwelt in ihr Herz aufnehmen und sie niemals mehr vergessen. Sie werden damit zu Lobbyisten, Fürsprechern und Botschaftern der Antarktis.“

Abendblatt-Redakteur Edgar S. Hasse begleitet die Weihnachtsreise der Hanseatic als Bordseelsorger im Auftrag der Nordkirche