Kleine Fluchten: Haus Brückhausen südlich von Münster bietet zwei Gästezimmer – mit westfälischem Understatement

Der Abend kommt früh ins Münsterland. Mächtige Eichen stehen in der Davert, einer wildromantischen Waldlandschaft südlich von Münster. Es sind einsame Wege durch Weiden, leere Felder und dunkle Wälder. Der Weg zum Herrenhaus führt über einen Wassergraben auf den Hof. Wuchtig erhebt sich die Fassade von Haus Brückhausen vor der beginnenden Nacht. Warmes Licht fließt aus den Fenstern und glänzt auf nassem Pflasterstein.

Brückhausen wurde bereits im 14. Jahrhundert erwähnt und hatte eine bewegte Historie, bis es in den Besitz der heutigen Eigentümer, der Freiherren von Twickel, gekommen ist. Bewohnt von altem Münsterländer Adel – und manchmal auch von Gästen.

Vor sechs Jahren entschieden sich Franziska und Franz von Twickel für den Umbau des Erdgeschosses in zwei Gästezimmer. Auch deshalb, weil es darum ging, die insgesamt rund 700 m² Wohnfläche des Herrenhauses energetisch zu sanieren. Allein die modernen Bäder in das historische Gemäuer zu integrieren dürfte einige Arbeit gekostet haben. Die Atmosphäre solcher Häuser zu erhalten und sie gleichsam mit Leben zu füllen ist eine gewaltige Aufgabe, sollen die Gebäude nicht als reine Fassade weiterexistieren.

Franziska und Franz von Twickel ist dies gelungen. Architekturfreunde und Historiker dürften schon beim Anblick der Fassade aus Bruch- und Backstein mit Firststufen und vermauerten Fensterbögen sowie beim Betreten des Portals mit der breiten Sandsteinlaibung und der Ornamentik auf ihre Kosten kommen. Für alle anderen: Es ist ein wunderschönes westfälisches Herrenhaus. Das Innere ist als Fachwerk errichtet. Man fühlt sich wohl, auch weil die Besitzer ungezwungene Leute sind und man ihre Authentizität spürt.

Zum Beispiel das selbst gebackene Brot und eigens gekochte Marmelade mit Früchten aus dem Garten, die es zum Frühstück gibt – auch das Persönliche macht den Aufenthalt für den Gast ehrlich. Die Familie samt Rauhaardackel Götz lebt in dem Herrenhaus. Franziska von Twickel führt in das Gäste-„Zimmer“, die Bezeichnung ist eine Art von typisch westfälischem Understatement. Der Gast betritt sein Domizil auf Zeit über ein großzügiges Frühstücks- und Kaminzimmer, nebenan ist eine kleine Bibliothek mit – gewiss gelesenen – Büchern aus dem Familienbesitz: Helmut Schmidt und Selma Lagerlöf, keltische Sagen und Richtzahlen für die Landwirtschaft. Es duftet nach Kaminfeuer, Kerzen verströmen warmes Licht, und die hellen Eichendielen knarren behaglich.

Trotz der Größe ist es ganz heimelig. Gegenüber der Bücherstube liegt ein halbes Stockwerk höher das Schlafzimmer. Die Wände sind altrosa mit einem Schuss Orange getüncht, die Decke ist mit gipshellem Stuck verziert. Es sind wahrlich herrschaftliche Dimensionen – vom Doppelbett aus Messing reicht der Blick fast fünf Meter zur Zimmerdecke. Und vor dem Fenster liegt das unergründlich dunkle Wasser der Gräften, der Wassergräben, mit Erlen und Eichen davor. Ein Fernsehgerät gibt es übrigens nicht. Wer Unterhaltung braucht, findet einen Plattenspieler und kann etwas von Benny Goodman auflegen – der spielt Mozart. Gar keine Frage: Der historische Charme ist mit sicherem Gespür für dezente Ornamentik und angenehmer Balance zum modernen Komfort zusammengeführt. Gelungen auch deshalb, weil es echt ist.