Marketa Formanova, Direktorin des Marionetten-Museums in Pilsen, bereitet das Kulturhauptstadtjahr 2015 vor

Sie kommt „vom Bier zu den Marionetten, wie sich das für Pilsen gehört“, sagt sie lachend. Bevor Marketa Formanova vor fünf Jahren das Museum am Platz der Republik übernahm, vermittelte sie einem internationalen Publikum nämlich alles über Pilsner Urquell, als Leiterin des Brauereimuseums.

Schon immer hatte die Historikerin und Museumspädagogin einen Hang zur Kunst am Faden. Die erfreut sich in Pilsen langer Tradition und großen Renommees. Also fiel ihr der Schritt von den grünen Flaschen zu den bunten Puppen leicht. Und nun freut sich die temperamentvolle Direktorin auf das nächste Jahr, wenn die westböhmische Metropole als Kulturhauptstadt Europas an die 100.000 zusätzliche Besucher erwartet. Ihnen wollen sie und ihre Mitstreiter beweisen, dass Pilsen weit mehr als Bier zu bieten hat.

Seit Monaten zieht Marketa gemeinsam mit namhaften Künstlern und engagierten Bürgern der Stadt Strippen, um das Festival 2015 so bunt und volksnah wie möglich zu gestalten. Liebenswerte Figuren wie der brave Soldat Schwejk und das Vater-Sohn-Duo Spejbl und Hurvinek, allesamt holzgeschnitzte Philosophen des Alltags und fast so berühmt wie das Bier, helfen ihr und Pilsen, den Gästen einen Spiegel vorzuhalten. Mit hintergründigem Humor und einer Pfiffigkeit, die dem Land stets auch durch schwere Zeiten half.

Marketa hat Jahre gebraucht, um ihre Figuren sicher am Gängelband zu führen. Sie mag und lebt den tragikomischen Humor ihrer Protagonisten, erst recht den schlitzohrigen Optimismus in vermeintlich aussichtsloser Lage. Wenn alle Welt behauptet, das Marionettenspiel sei vom Aussterben bedroht, es mangele an Nachwuchs für Strippenzieher, dann winkt sie gelassen ab: „Die Menschen werden sich irgendwann wieder, und wenn auch nur für kurze Zeit, von ihren Smartphones und Tablets weglocken und verzaubern lassen.“

Mit Josef Skupa, einem Professor aus Pilsen, fing nach dem Ersten Weltkrieg alles an. Um 1930 gründete er in seiner Heimatstadt eine Puppenbühne. Zu Spejbl, dem Spießer, und seinem plietschen Sohn Hurvinek, von ihm gestaltet, kamen bald darauf Hurvineks Freundin Mánicka, der Hund Zerik und Manickas Oma Katarina Hovorkova.

Na, und erst der gute alte Schwejk ... melde gehorsamst: Er ist noch immer der Liebling in Marketas Kabinett. Zwar entstammt der brave Soldat keiner Puppenbühne, sondern einem unvollendeten Schelmenroman von Jaroslav Hasek. Er wurde vielfach verfilmt, am genialsten mit Heinz Rühmann, nicht zuletzt darum ist er so beliebt bei deutschen Besuchern, wie Marketa weiß.

Ihr Domizil muss man nicht lange suchen. Es steht am größten Platz der Stadt, der zugleich einer der größten Europas ist. Aus seiner Mitte ragt die gotische Bartholomäus-Kathedrale aus dem 13. Jahrhundert, gekrönt von Tschechiens höchstem Kirchturm. Die Seiten des Platzes, auf dem seit Monaten viel Werbung für das Großereignis 2015 gemacht wird, flankiert eine Girlande vielfarbiger Giebel alter Patrizierhäuser, von denen das weiße Gebäude mit der Nr. 23, weit über 500 Jahre alt, nicht nur für Marketa das schönste ist.

Auch im kommenden Jahr, wenn Pilsen das ganz große Fass aufmacht, mit viel Zirkus und anderen, eher flippigen Überraschungen, mit denen sich die Stadt von früheren Kulturmetropolen absetzen will, wird Marketa Formanova sich gern den kleinen Besuchern des Hauses widmen, einem besonders dankbaren Publikum. Mit großer Geduld lässt sie auch vor behinderten Kindern ihre Puppen tanzen: „Sie verstehen nicht selten die Figuren viel besser als andere Besucher, die sich für normal und besonders abgeklärt halten.“

www.muzeumloutek.cz/de; www.plzen2015.cz/de