Als die Kindergärtnerin sagte, unser Sohn habe eine Inselbegabung, stand für mich sofort fest: „Ha! Die hat er von mir!“ Egal ob Mauritius, Ibiza, Holbox, St. Lucia oder die Bahamas – auf vollständig von Wasser umgebenen Landmassen fühle ich mich unweigerlich gut aufgehoben. Ein bisschen fern vom Rest der Welt, abgeschnitten vom Alltag. Je kleiner das Eiland, desto größer zudem die Chance auf ungenügendes WLAN.

Ob man es nun gleich Begabung nennen darf? Durchaus, denn ein Sprichwort sagt: „Man mutet sich so leicht anderen Menschen zu, und dabei kann man sich kaum selbst ertragen.“ Will heißen: In der Abgeschiedenheit muss man unweigerlich mit sich selbst klarkommen. Eine Herausforderung! Einmal setzte ein Fischer meinen Mann und mich mit drei Flaschen Wasser auf einem unbewohnten Fleck der Malediven ab. In fünf Stunden „more or less“ wolle er uns wieder abholen. Während mein Gatte sofort auf Robinson Crusoe umschaltete und sogleich sein Reich auf Zeit erforschen wollte, durchdachte ich erst mal alle potenziellen Horrorszenarien: von der Flutwelle bis zum Tyrannus rex, der jäh aus dem Dickicht angreifen würde. Wie tragisch wäre das denn bitte: Eine Reporterin stellt fest, dass die Dinosaurier doch nicht ausgestorben sind, kann es aber leider nicht mehr aufschreiben.

„Typisch Frau“, sagt dazu Farhad Vladi, der sich seit fast 40 Jahren mit Inseln beschäftigt. 2600 Stück hat er bereits verkauft, und bei den Verhandlungen frage die Dame immer nach dem nächstgelegenen Krankenhaus. „Männer hingegen fühlen sich stets unsterblich.“

Zu Vladis Kunden gehören die Google-Gründer, die britischen Royals und noch ein paar andere Rockefellers. Aber der Hamburger mit Büros in vier Ländern legt Wert darauf, dass jeder, der ein Auto besitzt, auch eine Insel erwerben könne. Man muss also gar nicht reich für die Insel sein. Für den Gegenwert eines Golfs gibt es schon eine Flussinsel in Panama, anstelle eines Audi Q7 wäre ein Eiland in der Bretagne drin. Mit Schloss drauf!

Seinem Freund Jörg Pilawa verkaufte Vladi die Hunt Island in Kanada. 20 Minuten braucht man zu Fuß für die Umrundung; mit dem Kanu geht es zum Einkaufen. Für circa 200 Euro am Tag können Interessenten die Insel des Moderators mieten.

„Toll, oder?“, beendete ich meinen Vortrag gegenüber der Kindergärtnerin. „Äh, mit Inselbegabung meinte ich eigentlich etwas anderes“, antwortete sie zögerlich. Eher ein übersteigertes Interesse für Fahrzeuge, das wir fördern sollten. Oh. Kein Problem. Auf der Insel Mallorca gibt es auffallend viele Müllwagen und Kehrmaschinen.