Masmunah Abdullah ist Restaurantchefin in dem einst verschlafenen Malaien-Viertel – und ihr Lokal ein Treff für Feinschmecker aus aller Welt

Das Potpourri auf der großen Speisenplatte im Restaurant Mamanda sieht so vielfältig, so verführerisch aus, dass man ihm einen blumigeren Namen zugetraut hätte: Nasi Ambang heißt es schlicht, „Duftender Reis“. Madame Masmunah, wie die Chefin des ersten Lokals mit gehobener malaiischer Küche in Singapur respektvoll genannt wird, lacht ihr herzliches Lachen: „Der Name ist nicht so wichtig wie Optik, Geschmack, Geruch. Alle Sinne müssen angesprochen, alle Sensoren in Bewegung geraten.“

Am Nebentisch sitzen sechs vergnügte Frauen vor einer noch größeren, noch bunteren Portion eben dieser Kreation, zu der Gewürze wie Sambal und roter Chili gehören, Beilagen wie gesalzener und getrockneter Fisch, Hühnchen, das in Sojasauce, sowie Rindfleisch, das in Kokosmilch gekocht wurde, allerlei Gemüse, gebratene Nudeln, Frikadellen aus Kartoffeln und natürlich Tempeh, eine Art Kuchen aus fermentierten Sojabohnen.

Das malaiische Viertel in Singapur, das lange im Schatten von Chinatown und Little India vor sich hin dämmerte, hat sich in den vergangenen Jahren gleich mehrfach und in verschiedene Richtungen verändert. Daran, dass es attraktiver auch für westliche Ausländer geworden ist, offener, lebhafter, moderner, hat Madame Masmunah einen großen Anteil. Aber auch daran, dass die alten Werte plötzlich wieder zählen, das Erbe einer großen Kultur nach außen getragen, der Anteil an der abenteuerlichen Geschichte Singapurs offensiver als je zuvor gezeigt wird, auch daran ist Madame Masmunah maßgeblich beteiligt.

Vor etlichen Generationen, als große Teile Südostasiens noch zum britischen Empire gehörten, sind Masmunah Abdullahs Vorfahren von der malaiischen Küste auf das Inselchen Singapur gezogen, das heute zu den reichsten und stabilsten Ländern der Welt gehört. Viele Malaien, die eigentlichen „Ureinwohner“ des Stadtstaates, leben im Kampong Glam, rund um die imposante Sultansmoschee mit der goldenen Zwiebelkuppel. Und hier, fast Tür an Tür mit dem neuen Malay Heritage Centre im alten Sultanspalast, hält Madame Masmunah im Mamanda, der ehemaligen Residenz eines Ministers, auf ihre Weise die malaiischen Traditionen hoch.

Nebenan im Centre, das wie ihr Restaurant vor zwei Jahren eröffnet wurde, wird zur Überraschung westlicher Besucher in freizügigen Bildern gezeigt, wie noch vor wenigen Jahrzehnten malaiische Taxigirls auf dem Tisch tanzten. Fast flüsternd erzählt eine chinesischstämmige Freundin, mit der wir durchs Museum bummeln, wie hoch inzwischen der Anteil der Kopftuchträgerinnen ist, die man bis in die 1990er-Jahre in der Boomtown kaum wahrgenommen hat.

„Stimmt“, sagt am nächsten Tag Madame Masmunah, die erfolgreiche Businessfrau und Botschafterin malaiischer Kultur, „wir zeigen deutlicher als früher, dass wir Muslime sind. Aber deswegen genießen wir doch das Leben nicht weniger als die Singaporians anderer Herkunft.“ Und nimmt uns mit in die Restaurantküche, wo an diesem Mittag neben Chefköchin Yusnita zwölf muntere Damen am Herd stehen. „Manchmal“, erzählt Masmunah stolz, „sind es 50 und mehr, wenn nämlich 2000 Leute bei uns eine Hochzeit feiern, im Stil der alten Heimat.“

Auch mit Abenden, an denen Musik mit alten Instrumenten gespielt wird oder sogar malaiische Opern in den Prunksälen des Obergeschosses aufgeführt werden, zelebriert Masmunah die Tradition ihrer Gemeinschaft. Andererseits geht es supermodern zu: Der Tagesgast bestellt nicht etwa von einer gedruckten Karte, die schon bald Eselsohren bekommen würde, sondern vom iPad, so etwas mögen die Hightech-verliebten Singaporians.

Inzwischen herrscht die Chefin über ein Restaurant-Imperium, wie man es bisher in Singapur nur von Chinesen gewöhnt war. Auch da stimmt die ebenso resolute wie fröhliche Wirtin und Catering-Unternehmerin zu: „Wir haben einiges aufzuholen!“ Aber warum kommen plötzlich Singaporians aller Hautfarben und Religionen zu ihr? Warum ist das geschmackvoll dekorierte Restaurant unter den Expats, den weißen „Teilzeit-Einwohnern“, längst kein Geheimtipp mehr? Und warum ist das ganze Kampong plötzlich „in“?

Madame Masmunah, die reichlich Ideen und Geld zur Renovierung des Sultanspalastes und zur Eröffnung des Heritage-Museums beigetragen hat, sieht es so: „Manchmal ist einfach die Zeit reif für einen neuen Blick. Und das war bei uns im ‚Dorf‘, im Kampong Glam, vor zwei, drei Jahren so. Auf einmal begann sich halb Singapur für uns Malaien, unser Viertel, unsere Kultur und erst recht unsere Küche zu interessieren.“ Also packte sie an, eröffnete das Mamanda.

Weil Yusnita und ihre Helferinnen „nicht nur mit besten Zutaten, sondern vor allem mit Liebe kochen“, brummt der Laden. Und hat in kurzer Zeit andere Geschäfte, Boutiquen und Galerien rund ums Mamanda, rund um die Moschee und das Museum der malaiischen Kultur angezogen „Unser Viertel ist aufgewacht, so habe ich mir das gewünscht“, freut sich die umtriebige Madame aus dem malaiischen „Dorf“ in der Fünfmillionenstadt.