Mit René Geyer durchs Mönchgut – so lernt man Deutschlands größte Insel von ihrer vielleicht schönsten Seite kennen

Man möchte ihm am liebsten den großen Ehrenpreis der Natur überreichen. Aber den hat René Geyer, auf Rügen bekannt als „Kräuter-Geyer“, bereits den Sommer über vor Augen gehabt. Eine Charakterblume nennt der Naturbursche, der auf Führungen über die Zickerschen Berge auf Rügen schon manchem die Augen geöffnet hat, dies violett blühende Wegerich-Gewächs.

Alles weiß der Geyer. Alles über die Prachtnelken und das Rote Waldvögelein, das nicht singen, aber leuchten kann: eine Orchidee nämlich, die schon einmal Blume des Jahres war, so wie in diesem Jahr Butomus umbellatus, die Schwanenblume, die von der Loki-Schmidt-Stiftung in Hamburg zur Blume 2014 gekrönt wurde, weil sie so schön und auch so stark gefährdet ist.

Geyer weiß noch viel mehr: Er kennt nicht nur die vielen Hünengräber der Gegend, er weiß auch Geschichten über sie zu erzählen, Sagen aus ferner Vergangenheit und andere aus der Zeit der Mönche, denen die abgelegene, ruhige und auch deshalb besonders reizvolle Region im Südosten von Rügen den Namen verdankt. Man darf annehmen, dass René Geyer im Mönchgut jeden Stein, jeden Baum, jedes Kraut, jedes noch so seltene Blümchen kennt. Die Waldkäuze, die im Revier leben, nennt er sogar bei Namen: Hertha und Thea heißen sie – „sie hören auf mich“.

Wer mit Geyer nachts unterwegs ist, bekommt den Beweis geliefert. Wenn sich die Damen nicht von selber melden, ruft er sie, und nach kurzer Zeit antworten sie. René Geyer, für seine Ehrenämter im Biosphären-Reservat Südostrügen vielfach ausgezeichnet, ist gern im Dunkeln mit Gruppen unterwegs. Da sind dann häufig ältere Hamburger oder Berliner dabei, die zuletzt in ihrer Jugend die Glühwürmchen flimmern sahen. Und oft auch Kinder, für die Leuchtkäfer zu einem nie zuvor erlebten Ferienabenteuer gehören.

Was der Geyer kennt und mit viel Herzblut auf seinen Führungen durch die Natur und die Märchenwelt des Mönchguts verbreitet, hat er sich selber beigebracht. Gelernt und bis Ende der 90er-Jahre ausgeübt hat der Rügener, 1970 in der Inselhauptstadt Bergen geboren, das Maurer-Handwerk. Aber schon als kleiner Steppke ist er der Natur auf die Spur gekommen, hat von den Alten in den Dörfern alles über Bäume und Blumen, über Schmetterlinge und Vögel aufgesogen. 2002 hat er seine Leidenschaft zum Beruf gemacht, begann mit einem Praktikum im Nationalparkamt und machte sich dann als Naturschutzwart, Wanderführer und Geschichtenerzähler selbstständig.

Seither streift René Geyer mit dem Knotenstock, seinem Markenzeichen, durch die Landschaft, staunt immer noch mit seinen Gästen um die Wette, was es zwischen Baabe, dem Tor zum Mönchgut, und dem Endhaken bei Thiessow, Rügens Südostkap, zu entdecken gibt: Fossilien, Bäume mit fünf Stämmen, Ganggräber aus der Steinzeit, Scherben aus verschiedenen Epochen, und, im Dünengürtel bei Lobbe, Rügens Symbolpflanze Sanddorn, aus deren Beeren sich 1001 Produkte machen lassen (die nützlichsten verkauft Frau Püsch in ihrer „Pokenstube“ in Alt-Reddevitz). Über Poken, wie die Rügener früher etwas spöttisch die Bewohner aus dem Mönchgut nannten, erzählt René Geyer auch gern Döntjes.

Mit den Kräutertouren trifft er den Nerv der Zeit: „Die Leute gehen seit ein paar Jahren sensibler mit dem Thema Gesundheit und Natur um“, sagt er und sprudelt los, welches Kraut gegen späte Sommergrippe gewachsen ist. Nur pflücken darf man nichts auf „seinen“ Wiesen. „Wer die Wunder unserer Natur erst einmal entdeckt hat, wird sie in Ruhe lassen wollen.“ Hofft der Geyer...

Naturführungen René Geyer, Tel. 0173/989 80 31, www.naturgeyer.de