Kleine Fluchten: Im Hotel Inselloft auf Norderney ist Laissez-faire-Gemütlichkeit zu bekommen – und ein siebenfach destillierter Wodka in kleinen Dosen

Darf es eine besondere Unterkunft sein? Dann sollte der Nordseefan nach Norderney fahren und sich dort im Hotel Inselloft einquartieren, das an der Straße mit dem wohlklingenden Namen „Damenpfad“ liegt. Und wo ein Damenpfad ist, ist ein Herrenpfad nicht weit. Ihre Namen verdanken beide Straßen dem Umstand, dass im 19. Jahrhundert aus Schicklichkeitsgründen Männer und Frauen getrennt voneinander mit Badekarren zu zwei verschiedenen Strandabschnitten gefahren wurden. Dort nahmen sie liegend oder kniend ein Bad im Meer. Diese Geschlechtertrennung ist natürlich lange passé. Nun zeugen nur noch die Namen davon.

Hinter den in Bäderarchitektur gestalteten, denkmalgeschützten Fassaden der vier Gebäude verbirgt sich seit 2012 ein topmodernes Hotel der Extraklasse. Es ist nach den Hotels Haus am Meer und Seesteg der dritte Streich der Familie Brune.

Die insgesamt 34 Appartements, Suiten und Penthouses sind individuell geschnitten und geräumig. Durch bodentiefe Fenster fällt viel Licht in die Räume, die in hellen Farben gehalten sind. „Der Einrichtungsstil ist nordisch-urban mit Laissez-faire-Gemütlichkeit“, beschreibt Hotelmanager Nils Klimek bei unserem Rundgang die Ausstattung, „den erwartet man nicht unbedingt auf einer Ostfriesischen Insel.“

Da hat er recht. Der weiß geölte Holzfußboden und die Paneele strahlen Wärme aus. Ein Farbtupfer ist der rote, Couchtisch. Hinter der acht Meter langen Fensterfront sieht man den ebenso langen Balkon. An diesem Tag ziehen dichte Seenebelschwaden über Insel und Meer. Die Horizontlinie ist nicht zu sehen. So verschwimmen Himmel und Erde zu einer Einheit.

Besonderen Spaß macht es, auf der überdachten Veranda zu flanieren und den Glanz des einstigen Kaiserbades zu spüren. So könnte es damals gewesen sein, als sich die hohen Herrschaften zum erholsamen Badeurlaub trafen. In der hauseigenen Bäckerei gibt es gesundes Brot und leckeren Kuchen, den man draußen oder drinnen im Frühstücksraum genießen kann. Dort wird allmorgendlich das Frühstücksbüfett aufgebaut. Nebenan befindet sich das Wein-Bistro, in dem man gute Tropfen hauptsächlich junger deutscher Winzer entdecken kann. Auch einige Delikatessen gibt es hier zu kaufen sowie den derzeitigen „Renner“, einen siebenfach destillierten Wodka, der extrem weich schmeckt, abgefüllt in kleinen Dosen. Zum Shoppen lädt der Laden mit ausgefallenen Souvenirs und vielen Wohnaccessoires ein sowie der Insel Beauty Shop, in dem man Massagen und kosmetische Anwendungen buchen kann.

Die Lounge ist den Hotelgästen vorbehalten; im „Wohnzimmer“ des Hotels sind die Getränke kostenfrei. Hier kann man sich zurückziehen, am Kamin aufwärmen, in den Coffee-Table-Büchern blättern und mit verschiedenen Getränken „den Salzgeschmack vom Spaziergang ausspülen“, wie Nils anmerkt. Originell ist die Einrichtung des Fitnessraums. Neben modernen Geräten gibt es auch ein ausrangiertes Turn-„Pferd“ und einen Sandsack zum Austoben.

Zum Essen kann man sich in die legendäre Milchbar begeben. Rechtzeitiges Kommen gegen Abend ist angeraten, wenn die „Sundowner“ zum beliebten Cocktail eintreffen. Denn von nirgendwo sonst hat man einen so schönen Blick auf den Sonnenuntergang über dem Meer wie hier.

Der Ort selbst ist ein Sammelsurium unterschiedlicher Bauepochen. An vielen Stellen ist auch noch der Zauber der Belle Époque zu spüren. So zum Beispiel am altehrwürdigen Kurhaus oder in den Nebenstraßen mit ihren behaglichen Logierhäusern und den hübsch verzierten Wintergärten.

Die Hotellerie auf Norderney hat einen großen Sprung nach vorn gemacht

Und die Lage am Wattenmeer garantiert all das, was der Nordseeurlauber sucht, nämlich Wind, Wasser und Meer sowie Erholung übers ganze Jahr. Als die Insel vor über 200 Jahren als touristische Destination entdeckt wurde, ahnte wohl niemand, dass sie sich zu einem der beliebtesten Urlaubsziele der Deutschen entwickeln würde. Bereits 1797 wurde Norderney zum staatlichen Seebad. Mit fast 6500 Einwohnern ist sie die bevölkerungsreichste und der Fläche nach die zweitgrößte der Ostfriesischen Inseln.

Mit den Hotelbauten der Familie Brune hat die Hotellerie auf Norderney einen großen Sprung nach vorn gemacht. Man sieht sich ein wenig als Alternative zu Sylt, wie Manager Nils Klimek sagt.

Gegen Abend hat sich der Nebel verflüchtigt, und die Sonne zeigt sich von ihrer besten Seite. Nun ist es ein großes Vergnügen, es sich es auf dem hochwertigen Sofa bequem zu machen, dabei ein spannendes Fußballspiel im Fernsehen anzuschauen, der umrahmt ist vom roten Abendhimmel und sich langsam ins immer tiefere Blau färbt.