Klaus Thiem erfüllte sich mit seiner Tapas-Bar einen Lebenstraum. Für Husum ein lukullischer und kultureller Mehrwert

In Husum, der gar nicht mehr grauen Stadt am Meer, erfüllt sich der ehemalige Anlagenbauer Klaus Thiem seinen Traum von einer eigenen Tapas-Bar. Zweimal war er dem Tod von der Schippe gesprungen. „Du hast ein Pakt mit dem lieben Gott und dem Teufel – keiner will dich“, kommentierte der Arzt seine Genesung. Das war vor zwei Jahren.

So schnell will Klaus Thiem Gott und Teufel nicht wieder herausfordern. „Man muss in 24 Stunden eine Entscheidung treffen können, auch wenn es mal die falsche sein kann“, sagt der 61-Jährige herausfordernd, legt seine Schiebermütze auf den Tisch – die Kochjacke behält er an – und nimmt ein Stück Schokotarte.

Über Nacht hatte sich Thiem von seinem bisherigen Alltag verabschiedet. Der führte ihn durch die Welt, von einer Raffinerie zu anderen. Ruhe fand er zu Hause in Nordfriesland. Das Arbeiten im Gemüsegarten entspannte ihn. Doch nun, nur entspannen? Klaus Thiem braucht Leben, Menschen um sich herum. „Ich wollte im Alter nicht komisch werden“, sagt er. Die Zeit war reif, sich den Traum seines Lebens zu erfüllen: eine Tapas-Bar. Seit seinem ersten Besuch in Spanien geisterte die Idee im Kopf herum. 28 war er damals.

Nun bot sich die Gelegenheit: Ein Antiquitätenhändler in der Neustadt, einer pittoresken Einkaufsstraße von Husum, vermietete die hinteren Geschäftsräume. Sie sind weiträumig, ein Sprossenfenster führt zum Innenhof. In den 50er-Jahren residierte hier das Tanzcafé Hartmann. Klaus Thiem nahm es als gutes Omen. „Hier kommt meine Tapas-Bar rein“. Der Name blieb: Hartmann’s, geöffnet drei Tage die Woche: Donnerstag, Freitag, Sonnabend.

Thiem übernahm Möbel vom Antiquitätenhändler. Die Wände dekorierte er mit naiver Malerei, farbenfrohen Frauenporträts einer Künstlerin aus Brasilien. Seine Küche platzierte er mittendrin. Jeder kann ihm beim Kochen zusehen, und er sieht seine Gäste. Das Herz von Hartmann’s Landküche ist ein langer Holztisch. An dem alle miteinander speisen, trinken und reden können. Aber geht das in Nordfriesland? Gilt hier nicht: drei Friesen, drei Tische? Klaus Thiem hält am Konzept fest. Seine Lebensgefährtin Andrea unterstützt ihn. Gemeinsam ziehen sie über den Markt und durch die Gassen der Hafenstadt, Schürze um, den Korb gefüllt mit Gemüse und Salaten, und verteilen Flyer.

Um 7 Uhr morgens, wenn die Neustadt noch schläft, schließt Klaus Thiem das Hartmann’s auf und macht sich an die Arbeit. Dann kreiert er neue Gerichte aus dem Bauch heraus. Er genießt das Vorbereiten der Gerichte und die Ruhe vor dem Sturm. Doch den liebt er auch.

Klaus Thiem macht die Gäste miteinander bekannt, erzählt, was er heute Leckeres frisch für sie kochen wird. Die Gäste mögen das weltläufige Flair des Lokals. Seine Tapas schmecken nach Urlaub. Kräuterdips mit Minze, Tomatensuppe mit Zitronenthymian, Lamm mariniert mit Olivenöl und Zitrone. Er kombiniert Spargel mit Nordseekrabben und Chorizo-Sauce.

Mittlerweile hat Klaus Thiem alle Räume vom Antiquitätenhändler übernommen, blieb aber im Hinterzimmer. In den vorderen Räumen bietet eine ehemalige Bürstenhändlerin vom Wochenmarkt Töpfe, Geschirr und Bürsten an. Das Entree zur Tapas-Bar schmücken Designermöbel und Accessoires. Ein Hamburger lebt hier seine Liebe zu schönen Gegenständen aus.

Nachdem seine „Bude“, wie Klaus Thiem sein Hartmann’s liebevoll nennt, so gut angenommen wurde, hat sich der kulturbegeisterte Koch noch einen weiteren Wunsch erfüllt. Regelmäßig veranstaltet er Clubabende mit Künstlern aus Nordfriesland. Zuerst wird gegessen und geplaudert, dann treten Folk- und Jazzmusiker auf, oder es wird aus einem Krimi vorgelesen. Sein Hartmann’s ist dann der lukullische und kulturelle Treffpunkt Husums.