Einmal übers Mittelmeer im Schnelldurchlauf – von Triest über Bari, Korfu, Valletta nach Neapel: Italien, Griechenland und Malta in vier Tagen

Neun Menschen lebten einst in dieser Wohnung – mit Pferden, Kühen und Hühnern. Die Wände: purer Fels, mindestens vier Meter hoch. Matera in Apulien, Süditalien. Es regnet. Unsere kleine Gruppe bestaunt Höhlensiedlungen – die Sassi di Matera. Ihre Geschichte reicht in die Jungsteinzeit zurück. Die kargen Behausungen sind an den Hängen des Gavina-Flusstales in den Tuffstein gehauen. „1993 wurde Sassi von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt“, sagt Reiseleiterin Marilu Iaccarini. Eine filmreife Kulisse: Mel Gibson drehte Szenen seiner „Passion Christi“ hier.

Lange war Matera das Stiefkind Italiens, die Regierung kümmerte sich nicht um die Bewohner, die unter ärmlichsten Bedingungen lebten. Später kamen die ersten Touristen – und mit ihnen das Geld. Heute sind viele Sassi in Cafés, Wohnungen und Hotels verwandelt. Matera ist zu einer weltberühmten Attraktion geworden. Auch für Kreuzfahrtneulinge wie mich.

Zurück an Bord der „Costa Fascinosa“. In meiner Kabine mit Doppelbett, Dreiersofa, Minibar und Balkon stelle ich mir die Menschen in der kleinen Felsenwohnung vor. Was für ein Kontrast: In unserer komfortablen schwimmenden Unterkunft reisen wir entlang der italienischen Küste: von Triest über Bari, Korfu und Malta nach Neapel. Drei Länder am Mittelmeer in vier Tagen erkunden, bei voller Verpflegung. Es ist meine erste Kreuzfahrt. Aber garantiert nicht meine letzte.

3300 Gäste sind an Bord, das Schiff ist nicht ausgebucht. Die meisten Passagiere sind Italiener, darunter viele Familien und junge Paare. „Von den 600 Deutschen an Bord kommt das Gros aus Bayern“, sagt Hostess Simone Summerfield, mit einem Kollegen die einzige Deutsche in der 1100-köpfigen Crew. Die Reederei Costa hat 14 Schiffe, das 15. wird am 30. Oktober ausgeliefert.

Die 290 Meter lange und 36 Meter breite „Fascinosa“ ist fast eine schwimmende Kleinstadt – mit fünf Restaurants, einer Showbühne über drei Decks, 4-D-Kino, 13 Bars, Spielhallen, Kasino, vier Pools, Jogging-Parcours und einer kleinen Kapelle. Es dauert, bis ich mich an Bord zurechtfinde. Der Blick von Deck neun fällt auf das Atrium tief unten, auf die Bar und den Mann am Piano. Eng aneinandergeschmiegt drehen sich zwei Paare zu romantischer Musik. Von den Tischchen neben der Tanzfläche lugen einige Gäste zu den gläsernen Fahrstühlen hinüber. Diese fahren pausenlos mit Gästen auf und ab. Einige Meter weiter: Es blinkt, glitzert und rattert – Las-Vegas-Feeling in der großen Spielhalle. Jeden Abend versuchen hier Jung und Alt ihr Glück an den Automaten.

19 Uhr, Hauptverkehrszeit. Was für ein Gewusel. Die 3300 Passagiere scheinen alle zeitgleich unterwegs zu sein. Im Restaurant bekomme ich trotzdem einen Platz und die Aufmerksamkeit des Kellners. Wer möchte, wählt bis zu fünf Gänge. Immer wieder geht der Blick zum Fenster – von Ferne sind die Lichter der italienischen Küste zu sehen. Später, als es Nacht wird, sind durch die Vorhänge der Kabine nur noch weiße Schaumkronen auf dem weiten Meer zu sehen. Das leichte Schaukeln wiegt mich in einen erholsamen, tiefen Schlaf.

Am nächsten Morgen ist die „Fascinosa“ nicht mehr in Italien, sondern in Griechenland. Ein neuer Tag, ein neuer Landgang. Auf Jeeptour geht es durch Dörfer und über Hügel von Korfu. Enge Gassen, scharfe Kurven, eine alte Frau mit großem Brot unterm Arm winkt uns freundlich zu. Korfu-Stadt überrascht mit Häusern im venezianischen Stil. Hier könnte man länger bleiben.

Noch vor dem Auslaufen des Schiffes zu Beginn der Kreuzfahrt kam der Moment, der kommen musste. Ein schriller Ton verscheuchte die Träumereien von Urlaub und Meer. Lautsprecher riefen alle Passagiere zu einer Rettungsübung an Deck – in sechs Sprachen. Rettungsweste geschnappt und auf Deck drei. Die Crewmitglieder helfen Passagieren beim korrekten Anlegen der Westen. Meine Sorge, ob ich mich sicher fühlen würde, wurde damit endgültig beseitigt.

Eine weitere Nacht, ein neues Land. Um 7.30 Uhr beginnt die Einfahrt in den Hafen von Valletta, Maltas Hauptstadt. Das warme Licht der Morgensonne lässt die Felsen rotbraun leuchten. Dazu eindrucksvolle Wolken in unterschiedlichen Blau- und Grautönen. Langsam läuft die „Costa Fascinosa“ in den größten Naturhafen im Mittelmeer ein, der direkt an der Altstadt liegt. Ein Griff zur Kamera, denn jedes Motiv wechselt von Bord aus rasch. Ebenso die Wolken und das Meer. Auch darin liegt der Reiz des Kreuzfahrens: Seefahrt, Abenteuer, Neues kennenlernen, fremde Länder und Städte sehen – und wiederkommen.

Das griechisch-römische Theater in Neapel versetzt in die Zeit Kaiser Neros

Vielleicht nach Neapel. Es regnet auch hier. Wieder eine Felsenwohnung. Zwölf Meter hoch. Im Herzen der Altstadt versetzen wir uns in die Zeit von Kaiser Nero. Unter einem Basso, einer Erdgeschosswohnung liegt versteckt das antike griechisch-römische Theater. Erst vor zwölf Jahren durch Zufall entdeckt. Obwohl nur rund 150 Quadratmeter begehbar sind, kann man sich das große Theater vorstellen, hört die Reden des römischen Kaisers Nero.

Ein letzter Blick aus dem Fenster zum schneebedeckten Vesuv. Am Hafen und der „Costa Fascinosa“ vorbei. Wie erholsam muss es an Deck auf einem der vielen Liegestühle sein – wenn wieder die Sonne scheint. Neben sich ein kühles Getränk, vor sich das endlose Meer. Das möchte ich gern erleben. Auf meiner nächsten Kreuzfahrt.