Anja Tabarelli, bis auf den Nachnamen norddeutsch durch und durch, ist Direktorin in der Deutschland-Niederlassung der Cunard-Reederei

Hunderttausende säumten seinerzeit die Ufer von Blankenese bis zu den Landungsbrücken. Und die meisten haben das Erlebte bis heute nicht vergessen. Der 19. Juli 2004, der Tag des ersten Anlaufs der „Queen Mary 2“ in Hamburg: Er begann etwas diesig. Doch als sich die Königin der Meere, wie sie bald genannt wurde, die Elbe hinaufschob, drängte sich die Sonne in den Dunst, um sie zu begrüßen. An jenem Sommertag begann eine Liebe fürs Leben, die Beziehung Hamburgs zu „seinem“ Schiff. Bis heute ist die Begeisterung für das Traumschiff ungebrochen. Bei jeder Ankunft schwenken Menschen zu Tausenden Fähnchen und Tücher. Am 19.Juli 2014, dem zehnten Jahrestag des Erstanlaufs, will Anja Tabarelli, Deutschland-Direktorin der Cunard-Reederei, „dem Ganzen noch eins draufsetzen“: eine zehn Kilometer lange Flaggenparade – das Elbufer entlang, Sonderstempel von der Post, Sail-away- Show mit Feuerwerk und einer großen Armada von Begleitschiffen.

Anja Tabarelli ist – und das schon die ganzen zehn Jahre – nach Möglichkeit immer dabei, wenn die Königin kommt: mal an Bord, mal am Ufer. Blond, blauäugig, begeisterte Seglerin auf der Alster mit eigenem Boot vor der Uhlenhorster Haustür, norddeutsch durch und durch – wie kommt man da zu einem Namen, der so italienisch klingt wie eine Verdi-Oper? Der Großvater stammte aus einer ländlichen Region bei Bozen, er hat ihn irgendwann in den Norden exportiert. Von ihm, so darf man annehmen, hat die quicke Managerin ihr geradezu südländisches Temperament geerbt. Wenn sie von ihren Queens schwärmt, der Mary, der Elizabeth, der Victoria, ihrer Liebe zur See, ihrer Begeisterung für die Hansestadt, ist sie nur schwer zu bremsen.

Als die 49-Jährige ihre Lehre in einem Kieler Reisebüro begann, hat sie wohl kaum damit gerechnet, dass sie einmal zur „Lady of Queens“ gekürt würde, ja sogar zur Botschafterin des Hamburger Hafens. Den Titel erhielt sie 2011, zusammen mit der Ernennung zur Kreuzfahrtpersönlichkeit des Jahres. Artig bedankte sich die fröhliche Seefrau: „Unseren Erfolg verdanken wir allen Kreuzfahrt-Begeisterten, auch denen, die unsere Schiffe regelmäßig im Hafen begrüßen.“

Anja Tabarelli war dem Wasser schon immer ganz nah: in Flensburg geboren, bei Kiel aufgewachsen, mit einer Piratenjolle auf dem Selenter See Wende und Halse geübt. Danach kam für sie die Frage auf, ob sie auf die Bühne oder aufs Meer zusteuern sollte: „In jungen Jahren war ich eine Ballettratte, noch immer ist Tanzen meine Leidenschaft.“ Als sie aber als Azubi auf die „Europa“ durfte, nur „zum Gucken“ , war das Virus eingefangen. Erstmals auf See ausleben konnte sie es auf der legendär gewordenen „Vistafjord“. Seither genießt sie jede Seereise, hat viele Häfen auf der Welt gesehen. „Nur von Sydney träume ich noch“, verrät sie. Auch dort wird ihrer „Queen Mary 2“ stets ein warmer Empfang bereitet. Aber, wie alle Kapitäne es ihr immer wieder versichern: „Kein Vergleich zu Hamburg!“

Nichts ist für Anja Tabarelli zur Routine geworden. Wie am Anfang ihrer Karriere freut sie sich, wenn sie den Schreibtisch am Brandsende mit einem der Schiffe tauschen kann. Inzwischen bestaunen die Hamburger immer häufiger auch die kleineren Schwestern, die „Queen Elizabeth“ und die „Queen Victoria“. Als sich die „Elizabeth“ am Ende des diesjährigen Hafengeburtstags in die Auslaufparade einreihte, waren mehr deutsche Passagiere an Bord als je zuvor. Auch ein Erfolg von Lady Anja und ihrem Hamburger Team.

Wenn die Managerin an Bord geht, guckt sie auf der Kommandobrücke vorbei, aber auch in den Pubs und Clubs und – klar doch – beim Tanzen in den Gesellschaftsräumen. Trotz vieler Meetings hat sie immer Zeit für einen Klönschnack mit den Nautikern, den Stewards, den Künstlern. Und manchmal hockt sie sich sogar in einen der Deckstühle, den Blick für zehn Minuten aufs Meer gerichtet. Länger hält sie solche Pausen nicht aus. Denn hinterm Horizont geht es ja weiter. Eines Tages auch nach Sydney – garantiert an Bord einer Königin.

Der hier gekürzte Text stammt aus der neuen Ausgabe des Magazins „Der Hamburger“, das für 9,80 Euro am Kiosk erhältlich ist. Abo-Infos: 040/78 80 78 16