Das Heilbad auf der Halbinsel Eiderstedt ist beliebt bei Zwei- und Vierbeinern. Auf 15 Kilometern „Fitnesswegen“ in salzhaltiger Luft werden Freundschaften geschlossen.

„Jedes Mal, wenn ich hier stehe, bin ich überrascht von dieser Schönheit. Dabei komme ich schon seit 20 Jahren her!“, sagt Holger Wetzel, Hundereiseführer-Autor aus Eimsbüttel. Er meint den Blick von der Promenade im Ortsteil Bad auf den scheinbar endlosen Strand. Zwei Kilometer breit ist er bei Ebbe. Charakteristische Strandpfahlbauten, die es nur in St. Peter-Ording gibt, zeichnen sich wie gemalt vor der monochromen Nordsee ab. Grau ist hier eine Farbe mit vielen Schattierungen: Nuancen von kühlem Blau bis zum warmen Gold des Sandes, den die Brise in zarten Schleiern über den zwölf Kilometer langen Strand treibt.

Mehr als einen Kilometer laufen wir über die Holzbrücke, die über die Salzwiesen hinweg bis zum weiten Sandstrand führt. Lang genug, um die phänomenale Aussicht zu genießen – und Bekanntschaften zu schließen. Das lässt sich nicht vermeiden, denn Holger hat Albert im Schlepptau, den Namensgeber seiner Agentur in Hoheluft-West. Oder besser gesagt, Albert hat Holger im Schlepptau: Zielstrebig zieht der Parson Jack Russell Terrier seinen zweibeinigen Geschäftspartner hinter sich her. Er hat schließlich eine wichtige Mission: Hunde aus ganz Deutschland kennenlernen.

Selbst in Spitzenrestaurants sind Hunde willkommen

Der drahthaarige Schnüffler ist hier in seinem Element. St. Peter-Ording genießt einen Ruf als idealer Urlaubsort für bellende Begleiter. In fast allen Geschäften, selbst in Spitzenrestaurants sind Hunde willkommen, ebenso in vielen Hotels. Das Vier-Sterne-Superieur-Haus Ambassador Hotel & Spa hat sogar ein ganzes Stockwerk mit 22 Zimmern für Gäste mit Hunden reserviert. Reise-Riesen wie Neckermann und Vierbeiner-Veranstalter wie Lena Reisen schicken ihre Klientel hierher. Es gibt Hundestrände und Strandkorb-Areale. Cockerspaniel aus München, Bernhardiner aus Südhessen, Pudel aus dem Rheinland: Sie alle kommen uns auf den Holzbohlen der Strandbrücke entgegen und werden von Albert begrüßt. Wenn sich beim freudigen Umkreisen Hundeleinen um Menschenbeine wickeln und Wildfremde aneinanderfesseln, kommen sich alle zwangsläufig näher.

„Man kommt schnell ins Klönen, allein schon durch die Hunde“, sagt das Frauchen einer Mischlingshündin. Die Ausflüglerin aus Hamburg schätzt wie Holger Wetzel die unprätentiöse Atmosphäre. „Es ist so familiär, im Vergleich zu Sylt zum Beispiel. Hier kann man auch einfach alleine herfahren, ohne sich komisch zu fühlen.“

Dem Heilbad auf der Halbinsel Eiderstedt haftete lange ein verstaubter Ruf an. Inzwischen ist „SPO“, wie es auf der Homepage des Surfer-Hotels Beach Motel genannt wird, auch bei Aktivtouristen als trendige Destination beliebt. Das Kitebuggyfahrer- und Surferpublikum legt Wert auf Lässigkeit. Keine Schickeria, bitte. Die Wochenendtripster schätzen, was alle Gäste an „Sankt Peter“ lieben: Strände und Natur. Die findet auch Albert toll. Nachdem er gefühlte 100 Freundschaften geschlossen hat, lautet seine nächste Mission: mit den Wellen spielen, ohne nass zu werden. Dann: den feinen Sand umgraben. Mit seinen elf Jahren ist er nicht mehr der Jüngste, doch seine Energie scheint grenzenlos wie der Strand. Auch seine Freundin Frieda wirkt, als sei sie in einen Jungbrunnen gefallen. Die neunjährige schwarze Labradorlady leidet eigentlich unter Arthrose. Jetzt muss Frauchen darauf achten, dass sie nicht wie ein Gummiball umherspringt.

Insgesamt 15 Kilometer liebevoll angelegte „Fitnesswege“ bieten reichlich Abwechslung für Hunde

Das gesunde Reizklima wirkt Wunder, das spüren auch wir Zweibeiner. Die jod- und salzhaltige Brise befreit von jeglicher Frisur, fegt Alltagssorgen weg, pustet Atemwege frei, Frische in den Kopf und Leichtigkeit ins Herz. Die Brandungszone ist nur eine von drei Mikroklimazonen in St. Peter-Ording. 15 Kilometer angelegte „Fitnesswege“ bieten Abwechslung für Jogger, Nordic Walker und Hunde. Die Dünenklimazone, zu denen auch die Salzwiesen gehören, ist milder für den Organismus, für Hundenasen aber alles andere als reizarm. Albert und Frieda sind ganz aufgeregt. Der scharfe Duft des Fuchses, der vor Stunden hier war, hängt noch in den Gräsern. Im Kiefernwald, der dritten und sanftesten Mikroklimazone, duftet es so aromatisch nach Harz, dass auch wir Menschen schnuppern.

In Axels Strandhütte, sieben Meter über dem Südstrand in einem Pfahlbau, wird die Harmonie jäh unterbrochen. Während wir Menschen zufrieden die vom Gault Millau mit 13 Punkten ausgezeichnete Küche und den Blick aufs Wattenmeer genießen, kommt es unter dem Tisch zum Eklat. Knurren und Gejaul ziehen erschrockene Blicke auf uns. Die Kellnerin reagiert gelassen, Hunde sind gern gesehen in dem Restaurant. Schnell haben sie sich beruhigt. Die Familie am Nachbartisch wendet sich wieder ihren Waffeln zu. Wir bestellen eine „Tote Tante“, heiße Schokolade mit Rum. Alles ist gut. Bald hören wir leises Schnarchen unter dem Tisch.