„Es gibt kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung“, pflegen die zu sagen, die keine Ahnung haben. Ausgedacht haben sich den Spruch vermutlich nicht die Inuit oder die Ostfriesen, denen er gelegentlich zugeschrieben wird. Die wissen es besser. Er muss im Trockenen entstanden sein, an den Schreibtischen jener pfiffigen Kerlchen der Outdoor-Industrie, die auch Über-Kopf-Schreibe-Kulis, selbstklebende Zehenwärmer und Ohrstöpsel mit austauschbarem Lärmfilter an den Mann bringen.

Kauf die richtige Membran, und Meteorologie spielt keine Rolle mehr! Das Versprechen hat sich festgesetzt wie ein Mantra – und bleibt blühender Unsinn. Die Wahrheit ist: Es gibt Sauwetter. Es kann uns peinigen, egal in welcher zweiten oder dritten Haut.

Bei 42 Grad minus beginnen die Finger sehr bald zu nadeln, egal wie teuer die Daunenfäustlinge waren. Bei 30 Grad plus im Dschungel hängt das Hemd aus Ripstop-Nylon mit UV-Schutz und eingearbeitetem Silbersalz wie ein nasser Sack an einem, und die Zip-off-Pants kleben im Schritt, egal wie viele Klimakammer-Tests sie durchlaufen haben. Bei einem stundenlangen, sagen wir isländischen oder nordaustralischen Regen wird jeder nass. Wie ein Wasserschwein.

Auch auf dem Sattel des Roque Nublo auf Gran Canaria begann es zu schütten wie nichts Gutes. Wir hielten an, steckten die Rucksäcke in teure Hüllen, streiften zweilagige Softshell-Jacken über und X-Tex-Hosen, zogen Drop-Hood-Kapuzen über den Kopf.

Auch unser Wanderführer öffnete seinen Rucksack. Zum Vorschein kam – ein ramponierter Regenschirm. „Für meine Lockenpracht“, sagte der Glatzkopf grinsend, während alle ihn anstarrten wie einen Yeti auf Rädern. Unbeirrt spannte er das orange Dach über sich aus und marschierte los: ein verwaschener Farbfleck im Graugrün, ein Städter, der sich verirrt hatte, ein landschaftsästhetisches Desaster. Kopfschüttelnd sahen wir ihm nach. Und folgten im Gänsemarsch. Während das Wasser seinen Weg durch die Schwachstellen der Hightech-Membranjacken fand, Rinnsale den Rücken hinunterrieselten, die kevlaerverstärkten Hosen sich von unten her dunkel färbten, die wasserdichten Schuhe wie Betonklötze an den Beinen hingen, blieb er als Einziger halbwegs trocken. Seitdem wandere ich nie mehr ohne.