In dem Dorf Doppleschwand im Schweizer Mittelgebirge betreibt René Unternährer eine eigene kleine Ski-Manufaktur. Die benötigten Esche und Eibe wachsen im Umland

Es riecht nach Holz und Leim, in den Regalen liegen Esche und Eibe – gutes, einheimisches Holz. Und auch Bambus. René Unternährer öffnet die Tür zu seiner kleinen Manufaktur, eigentlich ist Mittagsruhe in dem kleinen Dorf Doppleschwand im Entlebuch, dem 397 Quadratkilometer großen Haupttal der Kleinen Emme zwischen Bern und Luzern in der Schweiz, einer gefälligen Hügellandschaft. Hier im Schweizer Mittelgebirge – kleine Dörfer, traditionelles Handwerk – geht das Leben angenehm einen Gang gemächlicher. Im Entlebuch sind rund ein Drittel der Arbeitnehmenden in der Land- und Forstwirtschaft tätig. Schaffen nach alter Väter Sitte – nur René Unternährer hat keine Mittagspause.

Die Skier müssen fertig werden, er stellt sie in Handarbeit her und vor allem auch mit Holz, jedes Stück ein Unikat. René Unternährer macht das mit Liebe, Lust und Leidenschaft. Keine Frage ist das; so, wie er durch seine Werkstatt führt und erzählt. „Früher war das die elterliche Backstube“, erklärt er, und für den 50-Jährigen wurde mit deren Umwandlung in eine Ski-Manufaktur ein Traum wahr. Neben Esche und Eibe produziert er auch Skier aus Tiger- sowie Coffeebambus, und für den Kern verwendet er wegen dessen leichten Gewichtes Paulowniaholz eines asiatischen Baumes. Die Eschen und Eiben, biegsames und widerstandsfähiges Holz, aber wachsen in den Wäldern des Entlebuch. Darauf legt er Wert.

„Ich wollte eigentlich schon immer selbst einen Ski bauen, der schlicht und elegant ist sowie eben auch hohen Anforderungen gerecht wird“, sagt er. Hohe Qualität, lange Lebensdauer, etwas Besonderes eben. Nichts spricht gegen Kunststoffe oder Metalle für den Bau eines Skis. In seinen Holzskiern verbaut Unternährer auch Fiberglas und Aluminium, doch in der Natur gibt es etwas, das unter Umständen noch besser funktioniert und schöner aussieht: Holz. Eibe zum Beispiel ist ein extrem biegsames Holz, das auch für den Bogenbau im Schießsport verwendet wird. Bevor Kunststoffe und Karbonfasern in Mode kamen, wurden eben daraus – und aus der Esche – Skier hergestellt. Beide Baumarten im Entlebuch bedienen nicht nur Unternährers Anspruch nach Ästhetik, sondern auch den nach ökologischer Verträglichkeit.

30 Jahre lang arbeitete der Ski-Schreiner im Service und in der Produktion eines großen Ski-Herstellers. Nebenbei tüftelte er bereits an seinen eigenen Entwürfen von Skiern aus Holz, baute je ein Paar für sich und seine Frau Claudia. Damit fuhren sie die Hänge des Entlebuch hinab – und die Leute staunten. „Die sehen aber gut aus, wo haben Sie die denn her?“, wurden die beiden immer wieder gefragt. Die Unternährers merkten, dass sie mit ihren Holzskiern nicht nur ihre eigene Leidenschaft und den Wunsch nach etwas Traditionellem und Ursprünglichem bedienten. Gute Touren- und Telemarkski sind es sowieso. „Da war von Anfang an echtes Interesse zu spüren – und offenbar auch ein Bedarf“, sagt René Unternährer und blickt zurück. Konsequent ging er daraufhin den Schritt in die Selbstständigkeit und wagte somit einen Neuanfang.

An einem Paar Holzski arbeitet der passionierte Schreiner acht Stunden

So konsequent, dass er seine Festanstellung kündigte und neben der Arbeit in seiner Ski-Manufaktur zurzeit nur noch einer Nebenbeschäftigung nachgeht, um die Familie zu ernähren. Die Nachfrage nach den besonders schönen Holzski steigt, aber er stellt sie allein und in reiner Handarbeit her – und mit temporärer Hilfe seines Vaters Sepp. Das braucht seine Zeit. Abstriche in der Qualität und im Anspruch kommen natürlich nicht infrage. Dass er eines Tages ganz davon leben können wird, hat er aber auch keine Bedenken. „Ich habe noch nie einen Moment an meinem Traum gezweifelt“, sagt er und legt die fertig geleimten Lagen, welche zuvor mit der computergesteuerten Maschine ausgefräst wurden, in die Presse.

„Für ein Paar Ski brauche ich ungefähr acht Stunden reine Arbeit, davon allein eine Stunde für das Schleifen. Jeder Holzski besteht aus 15 Einzelteilen“, erklärt er. „Die Arbeiten kann ich allerdings nicht an einem Stück durchführen – mit allen Trocknungs-, Press- und Ruhephasen dauert es rund drei Wochen, bis die Skier fertig sind.“

Unternährer fertigt die Bretter in Sandwich-Bauweise, so wie Weltcup-Skier auch hergestellt werden. Er trägt ein frisch gefertigtes Paar in seinen kleinen Showroom, wo das Holz edel glänzt. Dann streicht er über das Deckblatt, schaut noch einmal nach, ob alles perfekt verarbeitet ist. Makellos. Traditionell und modern gleichermaßen; aus Holz. Aus Esche übrigens wurden früher auch die Ski für die Kandahar-Abfahrt hergestellt, die Abfahrtsstrecke in Garmisch, die als eine der anspruchsvollsten Rennstrecken im Alpinen Skiweltcup gilt.