Geputzte Kronleuchter, blitzende Spiegel, roter Samt, goldene Logen: Die von Mäzenen finanzierte Oper von 1847 an Barcelonas La Rambla wirkt noch ganz wie zu ihrer Entstehungszeit. Wenn man denn erst einmal drinnen ist. Um in den Genuss zu kommen, müssen Musikliebhaber des 21.Jahrhunderts allerdings zunächst ganz gewisse technische Herausforderungen meistern.

Denn am Eingang trifft Marmor Metall. Man hat das Gefühl, man betritt eine Metrostation – quaderförmige Eintrittskartenprüfautomaten stehen streng aufgereiht im neobarocken Foyer, in dem das Publikum sich noch ein wenig aufhält, bevor es die Jacken abgibt und den roten Teppich auf der ausladenden Treppe zum Parkett hinaufschreitet.

Vielleicht hat der Katalane aber auch eine geliebte Gelegenheit am Schopfe gepackt: Nach einem verheerenden Brand des Gebäudes 1994 haben die Stadtobersten bis 1999 ihre Oper restauriert und zu einem der technisch modernsten Theater Europas gemacht – was eigentlich vor allem für die Akustik im Saal und die Bühnentechnik wichtig sein sollte. Doch da mag der katalanische Stolz ins Spiel gekommen sein, unsichtbare Technik schien nicht zu genügen: Sieh her, Madrid, wir haben die ersten Eintrittskartenprüfautomaten im ganzen Land. Und ihr nicht!

Es wäre nicht das erste Mal, dass man in Barcelona etwas Besonderes baut, damit man sich hier gut und in der Hauptstadt Madrid schlecht fühlt. Ein paar Kilometer entfernt protzt auch der Palau de la Música Catalana mit Formen und Farben, dass es einem nur so schwindelig werden kann.

Unwillkürlich wollen wir unser zu Hause übers Internet gekaufte und am Rechner ausgedruckte Ticket irgendwo in das Metallmonster stecken – allein, kein Schlitz aller Metros der Welt wäre groß genug, unser DIN A4 großes Blatt Papier einzusaugen, den Barcode zu prüfen, das Ticket mit dem Datum unseres Besuchs und der Uhrzeit des Ankommens abzustempeln, um es nach diesem Vorgang zur Wiedervorlage bei Verlassen der Metro, Pardon: Oper, wieder auszuspucken.

Nun könnte man meinen, das Gran Teatre del Liceu hätte die glänzenden Maschinen angeschafft, um Geld zu sparen. Um Abläufe zu optimieren, Synergien zu schaffen und den Workflow zu beschleunigen. Schließlich ist die Kontrolle der Eintrittskarten integraler Bestandteil des Systems Veranstaltungshaus. Doch weil wir wohl nicht die Ersten mit suchenden Augen vor den Automaten waren, hat auch die Leitung der katalanischen Oper festgestellt, dass sie auf Menschen nicht verzichten kann: So steht neben jedem der glänzenden Metallkuben ein zusätzlicher Mitarbeiter des Liceu, klassisch-brav in eine weinrote Uniform gekleidet, mit Knöpfen bis zum Hals. Dieser Mensch nimmt die Karte entgegen, prüft Datum und Uhrzeit, nickt freundlich mit dem Kopf, schenkt uns ein Lächeln und wünscht einen angenehmen Abend.

Zum Abschied dann bestimmen die Maschinen allein über unseren Weg: Wer unsicher ist, ob er das Foyer eher ein paar Zentimeter weiter rechts oder doch halb links verlassen will, kann sich auf die Technik des modernisierten Hauses verlassen. Dort, wo zur Begrüßung rote Kreuze geleuchtet hatten, zeigen jetzt grüne Pfeile zwischen den Automaten hinaus.