Bassem Giacaman stellt religiöse Devotionalien aus Olivenholz her. Die Tradition begründete der Urgroßvater, der Familienbetrieb besteht aus katholischen Christen

Weihnachten. Jeden Tag Weihnachten. In keiner anderen Stadt der Welt hat die ständige Erinnerung an das biblische Geschehen vor mehr als 2000 Jahren mehr Berechtigung als in Bethlehem. Denn in dem kleinen Ort südlich von Israels Hauptstadt Jerusalem kam laut den Evangelisten Matthäus und Lukas Jesus Christus zur Welt. Das ganze Jahr über ist das heute 25.000 Einwohner große Bethlehem deshalb Pilgerstätte für Christen aus aller Welt. Besonders rund um Weihnachten zieht die Geburtskirche im Zentrum der heiligen Stadt Tausende Gläubige aus aller Welt an. Das Gotteshaus – errichtet über der kleinen Krippenkapelle mit der Geburtsgrotte, in der die Jungfrau Maria den Erlöser geboren haben soll – gehört seit dem vergangenen Jahr zum Unesco-Welterbe.

Und kaum ein Tourist verlässt Bethlehem ohne Andenken. Ganz oben auf der Souvenirliste: Krippen. „Unsere Familie gehört zu den ersten, die in Bethlehem religiöse Souvenirs hergestellt haben“, sagt Bassem Giacaman. Die Tradition begründete der Urgroßvater des 35-Jährigen mit der Herstellung von Rosenkränzen. Die erste Werkstatt mit kleinem Laden eröffnete Giacamans Großvater in der Milk Grotto Street, nur 200 Meter von der Geburtskirche entfernt und in direkter Nachbarschaft zur „Milchgrotte“, in der die Heilige Familie auf ihrer Flucht nach Ägypten Schutz gesucht haben soll.

„Damals wie heute legen wir Wert darauf, dass unsere Produkte ausschließlich aus lokalem Olivenholz gefertigt sind“, sagt Bassem Giacaman, dessen katholische Familie zu den wenigen Christen im arabischen Bethlehem gehört. Politisch wie religiös ist die Stadt im Westjordanland geteilt.

Der Rohstoff Olivenholz ist selten. Olivenbäume dürfen in Israel nur selten geschlagen werden. Denn die Bäume, die bis zu 500 Jahre alt werden können, trügen erst im Alter reichlich Früchte, sagt Bassem Giacaman. Andere Souveniranbieter weichen darum gern auf billigeres Importmaterial oder gleich auf preiswerte Fertigware aus Asien aus. Giacaman: „Unsere Krippen, Rosenkränze oder Kreuze hingegen stammen alle aus der eigenen Werkstatt.“ Die „Olive Wood Factory“ liegt gleich neben dem Ladenlokal und ist durchdrungen von dem Geruch frischen Olivenholzes. Dieses muss mindestens sechs Monate ruhen und trocknen, ehe es nach alter Handwerkstradition verarbeitet wird, weiß Giacaman: „Ansonsten würden unsere kleinen Kunstwerke reißen oder sich verziehen – und das möchten wir natürlich nicht.“

Seit mehr als 20 Jahren ist Bassem Giacaman aktiv im Familienbetrieb dabei. Erste Kniffe zeigte ihm sein Vater Jiries schon, als er zwölf war und nach der Schule regelmäßig kleine Zuarbeiten leistete. Mit 18 Jahren stieg Bassem, der noch zwei Brüder und zwei Schwestern hat, bereits voll in den väterlichen Betrieb ein, den er heute führt. Giacaman: „Dabei nehmen meine Designs immer Rücksicht auf die Formen, die mein Großvater in den 1930er-Jahren entwickelt hat.“

Einige Stücke im Laden, wie das mehr als zwei Meter hohe Holzkreuz mit Korpus oder die in den 1930ern gefertigten Perlmuttkrippen aus australischen Austern, stammen sogar noch aus der Hand des Großvaters. Auf die familieneigenen Entwürfe ist der junge Schreiner besonders stolz. „Wir müssen jedoch permanent darauf achten, dass unsere Ideen nicht von den anderen Werkstätten kopiert werden“, sagt Bassem Giacaman.

Zu den Spezialitäten des Krippenschnitzers gehören die aus einem einzigen Stück Olivenholz gearbeiteten Darstellungen der Geburtsszene Jesu: Maria, Josef, Christuskind, Ochse, Esel und Engel – alles detailverliebt und geduldig aus einem Stamm geschnitzt. Mindestens zwei Tage dauert die Herstellung. Entsprechend gehören die Objekte zu den teuersten Devotionalien in Giacamans Geschäft: „Ab 150 Dollar, rund 110 Euro, kosten diese Stücke – doch man kann sicher sein, dass es die Krippen so und in dieser Qualität nur bei uns in Bethlehem gibt.“

Und das natürlich nicht nur jetzt zu Weihnachten. Oder sollte man doch sagen: nur zu Weihnachten? Denn auch in Bassem Giacamans Werkstatt und seinem „Blessings Gift Shop“ ist das ganze Jahr über Weihnachten. Sieben Tage in der Woche. 52 Wochen im Jahr. Wie in Bethlehem überhaupt.