Dämonen schützen gegen das Böse, Affen bewachen die Tempel, landestypische Massage vertreibt die Blockaden, und im absolut sorgenfreien Urlaub nehmen dienstbare Geister dem Gast bei Bedarf sogar das Denken ab

Es ist nur ein kleiner Tempel. Vor dem Eingangstor aus Bali-typischem dunklen Stein wachen Dämonenfiguren zur Abwehr böser Geister, die von knallroten Sonnenschirmchen beschattet werden. Im Inneren zeigt ein freundlicher alter Mann auf die beiden bunten Figuren auf dem Altar, Shiva und seine Frau Sri Devi. Immer noch kommen Anwohner aus dem nächsten Dorf, um den beiden Hindu-Gottheiten hier Blumen, Früchte und Reis zu opfern.

Dazu müssen sie das weitläufige Hotelgelände durchqueren. Denn The Mulia, Mulia Resorts & Villas wurde vor zwei Jahren einfach um das Tempelchen herumgebaut. Das fröhliche Durcheinander von grauem Stein, bunten Schirmen und Plastiktüten der Hindus und die durchgestylte, blitzsaubere Pool-Landschaft der sechsstöckigen Hotelanlage – ein größerer Gegensatz lässt sich nicht denken.

Der Fünf-Sterne-Komplex mit einer Fläche von 30 Hektar, eröffnet im Dezember 2012, ist das jüngste der Mega-Resorts auf der Halbinsel Nusa Dua im Süden von Bali. In der Nachbarschaft liegen nicht weniger als acht weitere Fünf- und drei Sechs-Sterne-Hotels, darunter The Westin Resort, Ayodya Resort Bali, Grand Hyatt und The St. Regis Bali. In den 1970er-Jahren wies die indonesische Regierung Nusa Dua mit den weißen Stränden als Vorzeige-Resort aus und erschloss das Brachland, als das übrige Bali noch ein Backpacker-Paradies war. Inzwischen finden auf Nusa Dua internationale Tagungen wie das Gipfeltreffen der Asiatisch-pazifischen wirtschaftlichen Zusammenarbeit (APEC) und der Welthandelsorganisation statt. An Hotelkomplexen wie The Mulia, Resorts & Villas lässt sich ablesen, wie energisch das Schwellenland Indonesien den Anschluss an die Spitzenhotellerie sucht. Umworben werden neben betuchten Gästen aus Singapur, Japan und Australien zunehmend auch Europäer. Mit Erfolg: Schon im ersten Jahr wurde die Mulia-Anlage auf Bali in die Hot List 2013 der „Conde Nast Best New Hotels in the World“ gewählt und schaffte es außerdem in die „Luxury 50“ der besten neuen Hotels des „World Spa & Travel Magazine“.

Fast alle der Nusa-Dua-Luxusanlagen verströmen Großzügigkeit mit Brunnen, Gärten und Lagunenpools. Aber die Stile unterscheiden sich doch: Während das Kayumanis mit dunklen Möbeln an altes Kolonial-Dekor erinnert und das Ayodya Honeymoonern weiße balinesische Himmelbetten bietet, empfängt das Mulia uns mit einer Ode in sanft beige- und cremefarbenem Marmor (aus Italien!), honigbraunen Hölzern und klaren, geraden Linien – dem Ambiente eines Designerhotels. In den Zimmern dominieren ausgesuchte Farben wie Creme, warme Grautöne und Rostrot. Hier ist eine bewusste, geradezu feminine Hand erkennbar.

Und ein Faible für moderne chinesische Kunst – in der Lobby der „Villas“ etwa hängen die lustigen Maskenbilder des angesagten Shanghaier Künstlers Pianzi aus seiner Abacus-Serie. Eine Gartenlandschaft führt auf mehreren Ebenen mit drei großen und neun kleineren Pools zum Strand hinunter, flankiert von den Wohnflügeln. Die Anlage ist so groß, dass man sich zwischen der Fülle von Hibiskus, Bougainvillea, Palmen und den blühenden Frangipanibäumen glatt verirren kann.

Auch in der Luxus-Kategorie gibt es noch Unterschiede. In den 111 großen Beachfront-Suiten des Hotels The Mulia, teilweise mit privatem Pool, umsorgt die Gäste ein individueller Butler. Auch in den 108 Villas mit eigenen Pools und einem oder mehreren Schlafzimmern erledigen Butler alles, was der Gast wünscht, vom Auftragen der Speisen bis zur Organisation des Tagesausflugs. Wer darauf verzichten will, kann in einer der 526 Gästesuiten des Resorts (126 bis 296 Quadratmeter) Garten- und Meerblick genießen. Alles wirkt groß, die Loggien mit breiten Ruhebetten, die Bäder mit frei stehenden Designerwannen, aus denen man aufs Meer schauen kann; und sogar die Hightech-Toiletten mit automatisch hochklappenden Deckeln und Schaltbord von „Pulsieren“ über „Trocknen“ bis „Hochdruckspülung“. Aber braucht man bei tropischen Außentemperaturen einen beheizten Sitz?

Für Kinder gibt es ein Spielzentrum, eigene Pools und ein tägliches Programmangebot, für Tagungen, Bälle und Bankette mehrere Säle und für Fitness-Fans ein großes Gym mit den neuesten Geräten. Heimlicher Favorit der Hotelgäste ist aber der Ocean Pool direkt am Strand. Bei der täglichen Elf-Uhr-Poolgymnastik schwenkt gerade ein Dutzend Gäste rhythmisch die Arme zu „Blow Me“ von Pink, darunter Chinesinnen mit Sonnenhüten und zwei Australier mit Ganzkörper-Tattoo. Die Pool-Bar liegt auf Wasserhöhe – vier Barkeeper kümmern sich darum, dass hier kein Schwimmer austrocknet.

Viel Spielraum bleibt den Luxushotels nicht mehr, sich gegen die benachbarte Konkurrenz abzusetzen. Die Mulia-Anlage versucht es: In drei modernen, von Wasser umgebenen Kapellen namens Eternity, Harmony und Unity können Brautpaare heiraten – ökumenisch – und Familienfeiern mit 250 Personen abhalten. In vier exzellenten Restaurants werden italienische Pasta, indonesische und indische Currys, japanischer Fisch sowie Sushi und delikate französische Desserts frisch zubereitet. Diese Vielfalt zieht auch Genießer aus der Nachbarschaft an.

Wer möchte, muss Nusa Dua gar nicht verlassen (außer bei der Fahrt zum Flughafen), denn die Halbinsel hat mit der „Bali Collection“ eine eigene Mall mit internationalen Marken-Shops wie Prada, mit Restaurants, Bars und täglicher Live-Musik. Das Bali Nusa Dua Theatre zeigt modernen und klassischen balinesischen Tanz.

Aber ist das Bali? Für diejenigen, denen ein romantischer Bungalow unter Palmen an einem der dunklen Vulkan-Sandstrände Ost- oder Westbalis reicht, sicher nicht. Und auch nicht für diejenigen, die in den Touristenzentren Kuta und Legian unweit der Hauptstadt Denpasar surfen und in Discos abfeiern wollen – Kuta gilt als das Malle junger Australier. Also sucht man Bali am besten bei einer Tour ins Landesinnere. Ähnlich wie in Indien sollte man davon absehen, im Mietwagen selbst zu fahren. Bali ist mit 5780 Quadratkilometer Fläche deutlich kleiner als Kreta (8300 km²), aber mit 4,2 Millionen Einwohnern (Kreta: 623.000) wesentlich dichter besiedelt.

Es herrscht Linksverkehr, die Straßen sind überfüllt mit Kleinlastern, Autos und Tausenden Motorrollern – den Lieblings-Transportmitteln der Balinesen. In jedem Hotel kann man Ausflüge zum Schnorcheln, zu Naturparks, zu den Vulkanen und Reisterrassen der Insel buchen. Und ein Auto plus Fahrer kostet für einen halben Tag nur um die 70 US-Dollar (836.710 Indonesische Rupiah oder rund 50 Euro).

Beim Ausflug in das belebte Ubud in der Inselmitte erleben wir das kulturelle Zentrum des Eilands, in dem Maler, Textilkünstler und Holzschnitzer ausstellen. Wer sich Zeit nimmt, kann in den Galerien herumstöbern und wunderbare Mitbringsel finden. Oder in einem der kleinen Textilbetriebe zugucken, wie Sarongs von Hand bemalt und bedruckt werden. Es gibt diese praktischen Wickelröcke in den verschiedensten Mustern und Preisklassen zwischen etwa 25 und 450 US-Dollar

Ubud wurde in den 1920er-Jahren auch von europäischen und amerikanischen Künstlern entdeckt, zum Beispiel von dem Deutschen Walter Spies (1895–1942), der mit dem balinesischen Fürsten Cocorde Gede Agung Sukawati befreundet war und in seinem Haus Schauspieler, Musiker und Schriftsteller wie Vicki Baum beherbergte; sie schrieb 1935 hier ihren berühmten Roman „Liebe und Tod auf Bali“. Den Palast des Fürsten kann man besichtigen. Orchideen wachsen auf alten, knorrigen Banyan-Bäumen. Auf einem goldverzierten Palasttor sitzt ein kleiner Gecko und guckt uns an.

Tempel, Museen, Wasserfälle, Lotosteiche, Vulkane – Bali hat für Kunstsinnige, Entdecker und Wanderer unglaublich viel zu bieten. Selbst in der Regenzeit entfalten Tempelanlagen wie Monkey Forest in Padangtegal oder wie Uluwatu auf einem 100 Meter hohen Kliff an der Küste einen geheimnisvollen Reiz. Ein Touristenmagnet sind natürlich auch die Affen, die diese Tempel bevölkern und gegen böse Geister beschützen sollen, aber lieber Sonnenbrillen, Handys und Sommerhüte klauen. Ein paar Kilometer weiter nördlich von Ubud entdecken wir ein Tal mit Balis berühmten Reisterrassen, die zum Weltkulturerbe der Unesco gehören. Der ganze Hang besteht aus schmalen Treppenstreifen in verschiedenen Grüntönen. In einem Café genießen wir den Anblick – Wellness für die Augen.

Wellness ist überhaupt ein wichtiges Stichwort: Kein Bali-Urlaub ohne balinesische Massage. Zwar werden Massagen überall auf der Insel angeboten, sogar in den Dörfern und, wie in Thailand, in sehr unterschiedlicher Qualität. Die Luxusherbergen auf Nusa Dua bauen die Massagen in verlockende Hydro-, Thermen-, Yoga- und Aromatherapien ein und übertreffen sich dabei gegenseitig mit klangvollen Namen, von der Hot Relaxing Coco-Cup Massage über Ayurveda-Behandlungen bis hin zur „Mermaid Purity“-Anwendung nach einem alten Seefahrerrezept gegen Hautreizungen. Ich entscheide mich für Mother of Pearl Ocean Luxury.

Das Spa des Mulia wirkt selbst wie ein Tempel mit zwei in Wasser gebetteten, drei Meter hohen Blütenskulpturen vor dem Eingang. Nach dem Begrüßungsdrink aus rosa Ingwer und Zitronengras treffe ich meine Therapistin Wirati, 21, ein kleines, zartes Persönchen. Sie schickt mich zuerst in den heißen, dann in den kühleren Pool. Um die Poren zu öffnen, kann ich anschließend zwischen einer finnischen Sauna und einem dampfenden Hamam wählen. Im Fountain Room mit „Asiens einzigem Eisspringbrunnen“ reibt man meinen erhitzten Körper mit Eisstückchen ab. Er wird gebürstet, mit Peeling abgerieben, abgebraust – und dann massiert.

Zugegeben, so viel Kraft hätte ich Wirati nicht zugetraut. Die balinesische Massage, sagt sie, ist eine Mischung aus Streichen, Dehnen, Kneten und Pressur, die besonders gut zum Lösen von Blockaden geeignet ist. Sie konzentriert sich auf die Energiepunkte, die auch bei der Ayurveda-Massage wichtig sind. Aus einer Musikanlage tönt leise balinesische Gamelan-Lounge-Musik. Ein Jahr lang hat Wirati auf einer Fachschule die Ausbildung zur Therapistin gemacht, erzählt sie. Jetzt kommt sie jeden Tag mit ihrem Motorroller vom Festland herüber.

Mein Wunsch, 500 Meter zu Fuß zurück zur Rezeption zu gehen, sorgt für Verwirrung. Zwei Fahrer, ein Security-Mann und die Spa-Leiterin reden auf mich ein: Das Elektro-Shuttle warte doch schon. Ich könnte mich verlaufen.

Die prägendste Erfahrung in Balis Luxushotels sind Personalstärke und Service-Stil. Für insgesamt 745 Wohneinheiten im Mulia stehen 2300 Angestellte zur Verfügung, darunter mindestens 120 Sicherheitskräfte. Der islamistische Bombenanschlag von 2002, der im zehn Kilometer entfernten Kuta 202 Menschen tötete und mehr als 200 verletzte, ist noch nicht vergessen. Beim Strandspaziergang treffe ich alle zehn Meter auf einen Wachmann oder einen Baywatch, der mit dem Feldstecher aufs Wasser guckt (Haie gibt es hier nicht). Im Gelände wird man jeden Augenblick von Hotelangestellten begrüßt, einer trägt einem japanischen Ehepaar sogar den Sonnenschirm. Dem Gast quasi das Denken abzunehmen ist Konzept.

Asiatische Gäste, übrigens auch russische, nehmen diesen Vorzug selbstverständlich hin: Man bezahlt ja schließlich für so viel Service, und Manpower ist billig auf Bali. Europäer, die in der Regel selbstständig agieren, überall allein hinlaufen und alles selbst erkunden wollen, empfinden das alles eher als fürsorgliche Belagerung. Oder als Spielform des „Culture shock“, der etwas ratlos macht: Bedankt man sich jedes Mal, erwidert man jeden einzelnen Gruß?

Der souveräne Gast sollte sich mit heiterer Duldung darauf einstellen und auch bei „No thank you“ lächeln. Auf Bali heißt „Danke schön“ nicht „Terima kasih“ wie auf Java, sondern „Matur suksma“. Dem asiatischen Benimm entspricht es jedenfalls, Unmut nicht zu zeigen und sich nie lautstark zu beschweren. Zu Balis größten Stärken gehört die Freundlichkeit der Menschen – und die ist ganz aufrichtig gemeint.