Von wegen stille Tage, Besinnung und Einkehr: Für den Weihnachtsjunkie beginnt jetzt die anstrengendste Zeit des Jahres. Hin und her und auf und ab reist er durch die Republik, immer auf der Suche nach den rührendsten und feierlichsten Momenten der Vorweihnachtszeit. Aufgeregt, als wäre es sein erstes Mal, steht er pünktlich am 29. November vor der Frauenkirche in Nürnberg und flüstert Wort für Wort den Prolog, mit dem das Christkind seinen berühmten Markt eröffnet. Im Weggehen schnell noch „drei im Weggla“ am Wurststand und einen Becher Krambambuli bei der größten Feuerzangenbowle der Welt.

Schon mal in Franken, legt er einen Abstecher ins nahe Rothenburg ein und ergänzt bei Käthe Wohlfahrt seinen Bestand an Christbaumkugeln und Kerzenhaltern. Dann geht es weiter nach Homburg an der Saar, wo am 6. Dezember Nikolaus und sein Knecht Ruprecht höchstpersönlich in der Kutsche vorfahren. Auf dem Dresdner Striezelmarkt schneidet am Tag darauf Stollenmädchen Friederike den Riesenstollen an. Weiter geht’s nach Schneeberg, wo das Lichtelfest seinem Höhepunkt entgegenstrebt.

Mit Glühwein im Blut und einem engelhaften Lächeln reist unser Mann zurück nach Westen. In Calle blinken die Lichter am größten Weihnachtshaus des Landes, 430.000 sind es exakt. Und im Sauerland hat Paul Sondermann wieder auf 25.000 Quadratmetern die größte Krippe der Welt aufgebaut. Deutschland im Advent – das mache erst mal jemand nach!

Schon ist der Monat halb vorbei, und der Adventskalender unseres Freundes platzt immer noch aus allen Nähten: Engelespiele in Augsburg, auf dem schwul-lesbischen Weihnachtsmarkt in Köln ein paar Heinzelmännchen besorgen. In Kaufbeuren im Allgäu den größten Adventskranz umrunden. Besuch im größten Knusperhaus in Aurich. Ein paar Marzipanbrote in Lübeck und ein Paket Printen in Aachen holen. Und trotzdem bleibt so vieles unbesucht. „Ist es nicht tragisch“, klagt unser Mann. „Man muss das dringend entzerren. Zwölf Monate Advent, das käme gerade mal hin.“