In Hamburg liegt die Ferne derzeit näher als gedacht. In der Galerie Robert Morat an der Kleinen Reichenstraße läuft eine Ausstellung über Sehnsuchtsorte, „Pierdom“ genannt. Zu sehen sind englische Seebrücken. Ursprünglich nur als Landestege für Freizeitdampfer gedacht, verwandelten sich die Piers selbst zu Ausflugszielen mit Cafés und Karussells. Sie wurden Treffpunkte des Fernwehs für alle, die sich keine Dampferfahrt leisten konnten. Der Pier als Plan B, als Ausflug des kleinen Mannes.

Drei Jahre lang bereiste der Fotograf Simon Roberts die Bade- und Küstenorte Englands. Auf seinen großformatigen Fotos geht es auch um die Träume, die auf diesen Stegen geboren und gepflegt wurden. Beim Betrachten der Bilder erfahren es die Besucher heute genauso. Der eine spricht davon, wie toll es wäre, einmal im Winter in New York vor dem Rockefeller Center Schlittschuh zu laufen. Der andere beschließt, nächstes Wochenende nach Sylt zu reisen – endlich einmal die berühmte Sansibar sehen. Ich denke an Plastiktüten in Bhutan. Sie sollen dort so selten sein, dass die Bhutaner sie waschen und zum Trocken an Wäscheleinen hängen. Um das zu sehen, muss man in ein Land fahren, das noch spannender wird durch sein „Bruttoinlandsglück“. Das Glück der Einwohner zählt zu den Staatszielen, es gibt sogar ein Glücksministerium.

So spricht man vor Seebrücken über ferne Länder. Ich überlege kurz, alle Fotos zu kaufen, doch sie sollen jedem zugänglich bleiben. Also investiere ich in schicke Tüten und bringe sie eines Tages nach Bhutan ...