Hans-Jürger Marter lebt seit 21 Jahren auf den Shetlandinseln

Eine Verabredung auf den Shetlandinseln geht so: „Die Telefonverbindung scheint wieder nicht zu funktionieren. Morgen Nachmittag passt uns gut. Letztes Haus in Lunning, Hans“. Die SMS immerhin kam an, und so machte ich mich am nächsten Tag auf in den Nordosten der Hauptinsel Mainland mitten im Nordatlantik. Die einspurige Straße schlängelt sich auf und ab durch die hügelige Gras- und Heidelandschaft, die herrlich duftet; vorbei an kleinen Seen, vielen zufriedenen Schafen, entlang der Küste und der Fähre, die regelmäßig zur gegenüberliegenden Insel Whalsay pendelt. Hans-Jürgen Marter, 52, und seine Partnerin Pia empfangen mich in ihrer fröhlichen, sonnengelb gestrichenen Küche zu Kaffee und einem mindestens ebenso goldgelben, köstlichen Kuchen.

Nach drei Jahren Fernbeziehung suchte das Paar ein gemeinsames Zuhause

Während eines Urlaubs 1989 lernten sie sich auf den Orkneyinseln kennen, seitdem sind sie ein Paar. Aufgrund ihrer großen Liebe zum Norden lebte die 52-jährige Gärtnerin bereits damals schon in Schottland. Aus dem auf Sylt geborenen Nordfriesen Hans-Jürgen wiederum war ein Hamburger Jung geworden. Er wohnte in Ottensen, studierte Politik und arbeitete in Fernsehredaktionen. Drei Jahre Fernbeziehung und viele Liebesbriefe später machten sich die zwei nach seinem Studienabschluss 1992 endlich auf, ein gemeinsames Zuhause zu finden. Angepeilt war Schottlands Westküste, doch fündig wurden sie auf den Shetlandinseln, Pia rückte somit noch ein kleines Stück weiter Richtung Nordpol.

Den entscheidenden Moment erlebten sie genau hier, in diesem mittlerweile durch Um- und Anbauten gewachsenen und gediehenen Haus, dessen Fenster und Türen sie blau gerahmt haben. „Wir fanden das Haus in einer Zeitungsanzeige, kamen hier im September 1992 an, und uns beiden war sofort klar: Das ist unser Haus. Es war ein magic moment“, erinnert sich Pia. „Da sah es hier noch anders aus. Und unser erstes Jahr war sehr abenteuerlich, wir hatten noch kein Auto, nicht einmal einen Telefonanschluss, fuhren einmal wöchentlich mit dem Bus je 38 Kilometer nach Lerwick und mussten die Einkäufe dann noch mit dem Fahrrad von der Bushaltestelle hierherschaffen. Und für jedes Telefonat in die Telefonzelle bergauf, bergab in den nächsten Ort Vidlin radeln.“

Der berufliche Schlüsselmoment kam mit der Debatte um „Brent Spar“

Hans-Jürgen arbeitete als freier Journalist für deutsche Medien weiter, nahm aber auch unterschiedlichste Teilzeitjobs an, um sich finanziell über Wasser zu halten. Sein beruflicher Schlüsselmoment sei 1995 die Debatte um Shells „Brent Spar“ gewesen. „Das ganze Drama spielte sich ja direkt vor unserer Haustür ab, und Greenpeace richtete sogar ein Büro in Lerwick ein. Ich habe in dieser Zeit regelmäßig berichtet, damals noch mit Fax und elektrischer Schreibmaschine, kaum zu glauben“, lacht Hans-Jürgen. Seit zehn Jahren betreibt er gemeinsam mit drei Kollegen das Onlinenews-Portal der Shetland News (www.shetnews.co.uk) und ist somit stets bestens über seine Wahlheimat informiert.

Ob sie sich nach 21 Jahren als Shetländer fühlen würden? „Ich fühle mich hier wohl und zu Hause und grundsätzlich als Inselbewohner“, sagt Hans-Jürgen. „Und Shetland ist ja auch die Heimat unserer Kinder Euan und Katarina. Unsere Tochter ist im September vor 17 Jahren sogar in diesem Haus zur Welt gekommen“, erzählt Pia. „Ich bin dankbar für die Ruhe und den vielen Platz, die Idylle, die wir unseren Kindern bieten konnten. Die Lebensqualität ist hier sehr hoch. Die Leute schließen weder ihre Autos noch ihre Häuser ab.“