Das legendäre Schloss am Wörthersee strahlt wieder – mit ihm erlebt die ganze Region ihr touristisches Comeback

Man muss schon genau hinschauen, um Roy Black zu erkennen. Genau zwischen dem Ufer des Wörthersees und dem gelb leuchtenden Schlosshotel steht sein Denkmal. Klein ist es, nicht viel mehr als ein schwarzer Kopf auf einem hüfthohen Sockel. Viele Touristen bleiben trotzdem stehen und lassen sich mit der Büste fotografieren.

Sie erinnern sich gut an den schauspielernden Schlagersänger, der vor mehr als 20 Jahren beides berühmt gemacht hat in der halben Welt: den See und das Schloss, hier in Velden, Kärnten, wo die südlichsten Ausläufer der Alpen sich der Wärme des Mittelmeers entgegenstrecken. Wo das Wasser im Sommer so türkisblau ist wie das Meer um Mauritius.

In der TV-Serie „Ein Schloss am Wörthersee“ zeigte Roy Black das alles: die Wärme, die Berge, das ganze Idyll. Er spielte den Hoteldirektor Lennie Berger, der die Zuschauer mit seinem Dauergrinsen wahlweise verzauberte oder in den Wahnsinn trieb. Wie auch immer, die RTL-Produktion war ein Erfolg, in 40 Ländern wurde sie ausgestrahlt, in sieben Sprachen synchronisiert.

Der Wörthersee ist seither überall ein Begriff, er steht für konservativen Kitsch, so wie Ibiza für Techno-Partys steht. Für den See und für das Schlosshotel, das damals schon mit dem Pathos einer mehr als 100-jährigen Geschichte aufgeladen war, wurde Roy Black zum Fluch und zum Segen zugleich. Kurz nachdem RTL die Serie 1992 eingestellt hatte, wurde das Hotel geschlossen. Der extrovertierte Industriellenerbe Gunter Sachs hatte das 1603 als Herrenhaus errichtete Gebäude gekauft, aber kein unbedingtes Interesse mehr an einer Wiedereröffnung für Übernachtungsgäste gezeigt. Stattdessen ließ er die zweite Etage des Schlosses in eine kühlweiße Suite umbauen, mit Graffiti und Pop-Art-Möbeln.

Das Hotel-Gelände, genau am Scheitelpunkt des Sees gelegen, verwaiste, die einst strahlend gelbe Fassade bröckelte, was stellvertretend stand für den Niedergang der ganzen Wörthersee-Region, wie Einheimische heute berichten. Die Touristenzahlen brachen ein. Am Veldener Ortseingang eröffneten Swingerclubs.

Velden, im August 2013. Im Garten des Schlosshotels drängeln sich Menschen mit Kärntner Dialekt um den erstrahlten Außenpool. Der Blick reicht von hier bis weit über den See. Girlanden und das Grün des Rasens leuchten, livrierte Damen reichen Champagner und Hummer. Die ganze Lokalprominenz scheint gekommen zu sein, sie trägt Abendgarderobe. Als der Dorfpfarrer schließlich Halleluja singt, laut und so lange, bis fast alle Gäste einstimmen, da wird klar, dass an diesem Abend nicht nur die neue Spa-Landschaft namens Acquapura eingeweiht wird. An diesem Abend geht es um die Vergewisserung, dass alles wieder so ist, wie es einmal war. Der See, das Schloss sind wieder da, wo sie touristisch hingehören, so die Botschaft.

Karl Wlaschek, drittreichster Österreicher, sitzt mitten in der Gesellschaft in seinem Rollstuhl und lässt sich feiern. Er hat vor zwei Jahren das Hotel für einen angeblichen Spottpreis der maroden Hypo-Alde-Adria-Bank abgekauft und mit einem neuen Betreiber viele Millionen Euro in die Modernisierung investiert. Allein das Spa kostete fünf Millionen Euro, ein 3600 Quadratmeter großes Sauna- und Wellness-Labyrinth, in dem man sich prima verlaufen kann.

Wlascheks Ziel ist klar: das Haus und die ganze Region aus dem Dornröschenschlaf zu wecken. In den 1950er-Jahren, lange bevor er mit seinen Billa-Supermärkten Milliarden verdiente, hatte der damalige Musiker Wlaschek im Schlosshotel einen seiner ersten Auftritte als Barpianist gehabt. „Ich erinnere mich an diese besondere Aura im Haus“, erzählt der 96-Jährige. Damals diente das Hotel häufig als Filmkulisse für Heimatschinken. „Alles glänzte. Es sah märchenhaft aus“, schwärmt Wlaschek. So solle es wieder werden.

Das Schloss, der See. Wie im Märchen.

Mit seinen eigenen Millionen und dem Geld der Falkensteiner-Hotelgruppe wurde das Hotel in den vergangenen beiden Jahren flottgemacht. Mit der marmornen Lobby, dem privaten Strandclub, dem See-Restaurant direkt am Wasser und dem vielleicht schönsten Ort entlang des Ufers überhaupt, dem Schlossbalkon, von dem sich während eines nicht ganz günstigen Fünf-Gänge-Menüs mit Kärntner Weinen eine Lasershow auf dem Wasser bestaunen lässt. Knapp ein Drittel der 104 Zimmer befindet sich im alten Schloss mit allem Schnörkel (ab 145 Euro pro Nacht). Dort kann man auch die unveränderte Gunter-Sachs-Suite mit ihren drei grellbunten Schlafzimmern bewohnen (ab 2000 Euro). Im den neueren Anbauten lebt es sich komfortabler und geräumiger. Das grüne Parkpanorama entschädigt hier für den fehlenden Seeblick.

Wlaschek und Falkensteiner scheinen es ernst zu meinen mit ihrem Wiederbelebungsversuch. Weil nur wenige Flugzeuge das nahe Klagenfurt ansteuern, werden Gäste auf Wunsch mit einem Rolls-Royce auch von den Flughäfen in Salzburg oder Wien abgeholt oder mit dem Motorboot über den fast immer ruhigen See gefahren. Die neue Spa-Anlage bietet eine Kräuter-, Bio-, eine finnische und vier weitere Saunen, dazu Peeling, Facials und Massagen mit exotischen Namen. Paare können alles in einem Romantik-Raum mit Wasserbett und Wanne über sich ergehen lassen. Und weil Schönheit heutzutage nicht bei Kosmetik aufhört, ist direkt neben das Spa einer der bekanntesten plastischen Chirurgen Österreichs gezogen. Botox im Roy-Black-Hotel. Das wäre früher undenkbar gewesen.

„Wir haben gemerkt, dass wir in der Nebensaison attraktiver werden müssen“, sagt Otmar Michaeler, der Vorstandschef des Hotelbetreibers Falkensteiner. Im Sommer sei es ohnehin voll in den Orten am Ufer. Aber im Herbst und im Frühjahr werde der Wörthersee noch nicht als Destination wahrgenommen. Dabei seien die Temperaturen dank der Nähe zum Mittelmeer angenehm mild, nicht ohne Grund wird die Region auch „österreichische Riviera“ genannt. Und seit einigen Jahren steigen die Gästezahlen wieder, vor allem Familien aus Deutschland, Italien und Osteuropa mit Begeisterung für das Naturerlebnis zieht es an den Wörthersee. Zum Beispiel auf den 50 Kilometer langen Rundwanderweg, der um den See herum über die sanften Hügel führt, die fast jeder bezwingen kann. Drei Tage dauern die Touren. Auch Mountainbiker werden hier glücklich. Ein Muss ist seit diesem Sommer ein Zwischenstopp an der jüngsten Attraktion des Wörthersees: Im Juni wurde der Pyramidenkogel eröffnet, mit seinen 70 Meter Höhe der höchste Holzaussichtsturm der Welt. Einmalig ist nicht nur seine geschwungene Architektur, sondern auch seine 120 Meter lange Rutsche im Inneren.

Auch die Orte selbst haben sich mittlerweile herausgeputzt, ob Velden mit seinem alten Casino und den Villen der Piëch-Familie, Wörth mit seinen Wallfahrten oder das beschauliche Dörfchen Reifnitz. Das alles wirkt sich positiv auf die Hotellandschaft abseits des Veldener Fünf-Sterne-Schlosses aus. Eine gute Alternative stellt zum Beispiel das etwas kleinere Hotel Seefels (ebenfalls mit Seeblick) dar. Wer sich von der 60er-Jahre-Bausünden-Fassade des Seehotels Europa nicht abschrecken lässt, findet dort drinnen völlig neu eingerichtete Zimmer vor.

Oder der futuristische Klotz im kuscheligen Ort Pörtschach, in dem sich das Lakes-Hotel befindet. Das weiße Riesengebäude mit Flattervorhängen scheint den ganzen See zu verjüngen. Die Stege reichen weit in das Gewässer hinein, die Zimmer sind maritim-luftig eingerichtet. Dazu kommen viele kleinere, individuelle Häuser mit weniger als 100 Betten. Das alles macht den Wörthersee zu einem herrlichen Ziel für Ruhe suchende Wochenend-Touristen.

Nur der Beamten-Metropole Klagenfurt sollte man sich nicht zu sehr nähern, wenn man sich wirklich erholen möchte. Vom Schlosshotel Velden aus gesehen genau am anderen Ende des Wörthersees gelegen ist es dort mit dem Idyll schnell vorbei. Nur wer feiern will, ist dort richtig. Vielleicht verschweigen so viele Einheimische deshalb ihre Landeshauptstadt, wenn sie die Orte am See aufzählen.

Velden am Scheitelpunkt des Gewässers mit dem Schloss am Wörthersee vergessen sie hingegen nie. Sie sind stolz auf das, was Roy Black einst aus ihrer Heimat gemacht hat. Kitschig? Sicher, zweifellos. Aber kitschig auf eine wunderbar angenehme Art.