Vor vier Jahren wurde die Buga in Schwerin ausgerichtet. Was bleibt eigentlich, wenn die große Blumenschau vorbei ist?

Gartenschauen haben etwas Optimistisches. Pflanzen wachsen, erblühen. Das liegt in der Natur der Sache. Man hofft auf sprießende Einnahmen und Besucherzahlen, sonnige Wetterprognosen und bunte Beete. Nicht immer gehen die Rechnungen auf. Wie bei der igs in Hamburg, die gerade eine ernüchternde Zwischenbilanz gezogen hat. Kritiker der Blümchenparaden gibt es viele. Doch es gibt auch positive Beispiele, wie in Schwerin.

Sieben Gärten mittendrin. So lautete das Motto der Bundesgartenschau 2009 vor den Toren der Hansestadt. Die Landeshauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns hatte den Zuschlag für ein schnörkelloses stimmiges Stadtentwicklungsprogramm erhalten. Die Idee war, das Vorhandene zu nutzen, zu verschönern und enger miteinander zu verknüpfen. Anders gesagt: Eine ganze Stadt wird Buga. Nachhaltigkeit stellte sich quasi von selbst ein.

Denn für die kleine Stadt war das Groß-Event mehr als Tulpenschau. Die komplette Garten- und Parklandschaft aus der Fürstenzeit wurde vom italienischen Renaissancegarten über die Gartengestaltung des Barock und den lennéschen Englischen Garten denkmalgerecht wiederhergestellt. Außer dem Schloss ist sie das Highlight, ein 25 Hektar großes Freizeit- und Fitnessareal. Der Park mit den instand gesetzten Sichtachsen besticht jetzt wieder als grüne Architektur. Ein neuer kam hinzu: der moderne, durch klare Linien geprägte Garten des 21. Jahrhunderts, sozusagen als Garten der Zukunft. Eine schwimmende Wiese mit einem futuristischen Eingangstor, dem der Volksmund den Namen „Toastscheibenhalter“ gab. Generalplaner war das Hamburger Büro Breimann & Bruun.

Ein einfaches Wegekonzept öffnete die Stadt zum Wasser hin. Die neu geschaffene Promenade, die sich vom Ufer des Burgsees zum Schweriner See und der Marina im sogenannten „Beutel“ entlangzieht, verbindet die historische Altstadt mit dem märchenhaften Schloss auf der Burgseeinsel, das als Kulisse von allen Seiten sichtbar ist.

Der Plan ging auf. „Wir hatten eine hervorragende Resonanz, bundesweit und international“, blickt Martina Müller von Stadtmarketing Schwerin zurück. Am Ende konnte die Gartenschau eine strahlende Bilanz vorlegen: Statt der erwarteten 1,6 Millionen Besucher kamen knapp 1,9 Millionen. Im Vergleich zum Vorjahr wies die Statistik rund 114.000 zusätzliche Übernachtungen aus. Und der positive Trend hält an. „Es war das Beste, was der Stadt passieren konnte“, sagt Müller. Die Schau war wie eine Zeitenwende. Vorher lag Schwerin im Dornröschenschlaf. Jetzt ist es wach geküsst. „Die Buga 2009 ist die Einzige in der Geschichte der Bundesgartenschauen, die Überschüsse erwirtschaftet hat“, sagt Angelika Gramkow, Oberbürgermeisterin der 95.000-Einwohner-Stadt. Der Gewinn von rund vier Millionen Euro übertraf alle Hoffnungen. Gut 3,5 Millionen Euro flossen in die Sanierung des nicht auf Rosen gebetteten Haushalts. „Die Buga war für uns ein Segen“, freut sich Gramkow. Außer der verbesserten städtischen und touristischen Infrastruktur führte sie zu einem enormen Imagegewinn. Obendrein war sie ein wichtiger Baustein für den Unesco-Welterbe-Antrag des Schweriner Schlosses.

Heute lässt sich in Schwerin die historische Entwicklung der Gartenbaukunst vom 18. Jahrhundert bis in die Moderne nachvollziehen. Dass dieses Ziel erreicht wurde, darauf ist Dietmar Braune von der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten besonders stolz. „In der Gartendenkmalpflege können wir nicht kreativ sein“, erklärt er. „Selbstverwirklichung kannten nur die Gärtner von damals.“ Im Schlossgarten, der in seiner Geometrie von 1672 noch erhalten ist, wurden viele Bäume gefällt, um die historischen Sichtachsen wiederherzustellen. Doch es wurden auch 800 neue gepflanzt. „Garten ist immer der Natur abgetrotzte Wildnis“, sagt der Gartenbauingenieur. In Schwerin sei das in besonders perfekter Weise gelungen. Allerdings räumt er ein, dass die kostenintensive Pflege für jede Nachnutzung schwierig sei. Man mag die Bugas kritisieren, so Braune, weil Tausende Pflanzen auf dem Müll landen. „Aber die Wiederherstellung des Schlossgartens mitten im Zentrum ist nachhaltig.“

Heute wie früher nutzen Schweriner und Gäste den Schlossgarten wie einst zur Fürstenzeit zum Lustwandeln. Der Schlosspark sei für alle da, befand der Fürst im 19. Jahrhundert, der die herrschaftliche Pracht seines alten Fürstenhauses durch die Gartenbaukunst versinnbildlicht sah. „Es ist ein politisches Ziel, dass die historischen Parkanlagen auch heute für jedermann nutzbar sind“, sagt Braune. Die Zäune des Buga-Geländes sind abgebaut. Eintrittsgeld für den Park, wie es in Potsdam diskutiert wird, wird es in Schwerin nicht geben.

Indes bringen Geldnöte der Stadt den Garten des 21. Jahrhunderts in Bedrängnis. Am liebsten würden die Stadtkämmerer die Schwimmende Wiese mit ihren fließenden Wellen abtragen, so wie es der Buga-Nachnutzungsplan vorsah. Zurück bliebe ein Rasenrechteck ohne Blumen oder Bäume. Tristesse im Garten der Zukunft? Damit die Aussichten rosig bleiben, setzt sich nun eine Bürgerinitiative dafür ein, dass für die Bepflanzung der sogenannten Mandarinenscheiben Patenschaften übernommen werden.

Bleiben wird das großartige Panorama auf die fürstliche Altstadt, das man am schönsten von den Ruhetreppen sehen kann. Viele ziehen hier die Schuhe aus, kühlen die Zehen im Wasser und genießen die schönste Stadtansicht. Links vom hohen Turm des Domes bleibt der Blick seit zwei Jahren am markanten Ludwig-Bölkow-Haus haften, dem Palast der Wirtschaft, den der Hamburger Stararchitekt Hadi Teherani entwarf. Dann folgt die Silhouette aus der Fürstenzeit mit weißen Residenzgebäuden, dem neobarocken Mecklenburgischen Staatstheater und dem Staatlichen Museum. Nur noch ein paar Meter, und das Auge gleitet von der ockerfarbenen Brücke zum Märchenschloss. Das wird auch die Kultusministerkonferenz bezirzen, wenn sie über den Unesco-Antrag entscheidet.