Es treibt dem Reisenden die Tränen in die Augen – ein Jubiläum, ein veritables Jubiläum! Sein Koffer hat mal wieder nicht zur selben Zeit den Zielflughafen erreicht wie er – in einer langen Flugkarriere zum gezählten (keineswegs nur gefühlten) 50. Mal! Leute, lasst die Korken knallen!

Es gibt diesen Vielfliegerwitz, der ungerechterweise meist der Fluggesellschaft mit dem mageren Kranich als Wappentier zugeschrieben wird:

Die Airline zeichnet alljährlich die aus, die am meisten mit ihr geflogen sind. Den zweiten Preis erhält Hans Wurst, er legte 120.000 Flugkilometer zurück. Und an wen ging der erste Preis? Den sprach man Herrn Wursts Koffer zu. Er brachte es im selben Zeitraum auf 170.000 Kilometer.

Ja, haha! Ein müder Witz – und die Sache ist dann doch zu ernst.

Drei meiner zu packenden Reisebegleiter haben im Laufe der hoch fliegenden Jahre wohl ihr Leben lassen müssen. Zumindest sind sie nicht mehr heimgekehrt. Einer wurde gar am Flughafen in Agadir aufgeschlitzt, manch Eingeweide entwendet. (Die Allianz versicherte mir nach 16 Jahren Gepäckversicherung tiefe Trauer, zahlte und warf mich aus dem Vertrag – eine Allianz fürs Leben.)

Die restlichen Vermissten meiner Leder- und Hartschalen-Freunde wurden dann doch zu Findlingen. Was nach Köln sollte, durfte sich mal am Flughafen von Auckland umschauen; der für Nepal bestimmt war, wurde in Neapel entdeckt. Es gibt ja nur 4931 verschiedene Möglichkeiten, wie ein Gepäckstück am falschen Flughafen anlanden kann. Meine Rekordzeit, bis ich ein verschwundenes Stück wieder an die Hand nehmen konnte, beträgt bis dato 183 Stunden und ein paar Zerquetschte. Apropos: Nur selten bekam ich den Lost-and-Found-Gefährten ohne Blessuren retourniert.

Aber heute, hier im Durchdreh-Office des Airports London-Heathrow, machen mir die Gepäck-Sherlock-Ladies auf das Wärmste Mut. „Sir, wir finden Ihr Gepäck, ganz sicher...Dürfen wir Ihnen fürs Erste mit einem Kulturbeutel aushelfen?“

Nun, zu 92 Prozent werde ich meinen Gefährten bald wiedersehen. Und wenn nicht? Na, dann kann ich wie üblich einpacken. Also gut, Leute, Champagner für alle!