Neulich habe ich Freunde um fünf Uhr morgens zum Kapstädter Flughafen gefahren. Das Erfolgserlebnis, den Fängen des warmen Bettes so ungewöhnlich früh entkommen zu sein, muss rauschhafte Wirkung auf mich ausgeübt haben, jedenfalls beschloss ich auf dem Rückweg spontan, ins Fitnessstudio zu gehen. Es verführt mich wahrlich nicht oft, dieses streberhafte Gefühl, sich zu verausgaben, während der Rest der Nation noch in Träumen verharrt. Ich träume gerne und ohne schlechtes Gewissen.

An diesem Tag aber war ich kein Träumer. Ein Mann der frühen Stunde, der vor Energie berstend den Weg zum Tempel der Jugend ansteuerte. Doch auf dem Parkplatz fand ich keine Lücke. Er war gefüllt mit Autos, deren Besitzer nicht den Eindruck machten, als wären sie zum ersten Mal um diese unchristliche Uhrzeit auf dem Weg zur selbst auferlegten Folter. Der Laden war überfüllt mit Hunderten putzmunteren Südafrikanern. Nicht einmal ein Gähnen weit und breit. Ekelhaft gute Laune. „Tennis um sieben?“, schrieb mir einmal ein Bekannter eine SMS – um sechs Uhr morgens. Südafrikanische Fotografen klingeln noch vor Sonnenaufgang durch, um endlich Recherchen zu besprechen, die ja schon in wenigen Wochen anstehen.

Am schlimmsten erscheint mir an diesem Phänomen aber, dass es nach wenigen Tagen auch meine Besucher erfasst. Freunde, die im Krüger-Park-Urlaub mit wilder Entschlossenheit den Wecker auf vier Uhr stellen, in dem leider gar nicht so irren Glauben, dass man zu dieser Zeit anderen Frühaufstehern, Löwen zum Beispiel, eher begegnen könnte. Oder Cousins, die mit religiös anmutendem Eifer beschließen, man müsse doch möglichst im Laufschritt zusammen den Tafelberg besteigen. Vor dem Frühstück.

Mich plagte zuletzt die Sorge um diese unruhigen Seelen, und so begann ich zu recherchieren. Erschreckt stellte ich fest, dass die südafrikanische Schlaflosigkeit ansteckend ist. Fast ein Drittel der Deutschen steht vor sechs Uhr morgens auf. Man könnte auf die Idee kommen, das mit Arbeitsverpflichtungen zu erklären. Ich habe eine andere Theorie: Die Betroffenen waren im Südafrika-Urlaub. Nur ich bleibe immun. Seit vier Jahren nun schon, welch erstaunlicher Segen.