Auf einem Truppenübungsplatz bei Paderborn wacht Markus Laabs über 1000 Heidschnucken und den Naturschutz

Die sanft gewellte Landschaft der Albedyll-Berge, gefällig und grasbewachsen, erinnert an die Prärien Nordamerikas oder die Savannen Afrikas. Darin stehen eine vielhundertköpfige Schnucken-Herde – und ein Hirte mit Hut, Wanderstab und drei Schäferhunden. Markus „Max“ Laabs, Schäfermeister der Bio-Station Paderborn-Senne, ist unterwegs auf dem Truppenübungsplatz.

Der Hirte und die Herde, die wildromantische Heidelandschaft und eben die zerschossenen Panzerwracks; es ist das Sinnbild der Senne. Eine Sandlandschaft, gelegen vor dem Westhang des Teutoburger Waldes in Nordrhein-Westfalen, deren Kernbereich ein Truppenübungsplatz ist. Seit 120 Jahren schon ein Sperrgebiet (heute üben hier Briten und die Bundeswehr), und deshalb auch ein Naturschutzgebiet, dessen Ausstattung seinesgleichen sucht. Hier hat sich auf 12.000 Hektar verbotenem Gebiet eine Tier- und Pflanzenwelt erhalten, die es in dieser Größe und Vielfalt in Deutschland kaum mehr gibt. So paradox es klingt: Militär und Naturschutz sind kein Widerspruch. Und damit diese außergewöhnliche Heidelandschaft erhalten bleibt, muss der Mensch eingreifen. Beziehungsweise seine Heidschnucken. „Unsere Schnucken beweiden die Heideflächen und Sandtrockenrasen, dabei verbeißen sie das Heidekraut und fördern die Verjüngung und Blühfreudigkeit. Außerdem verhindern sie die Ausbreitung von Kiefern und Birken“, sagt Max Laabs. Verbiss gegen Verbuschung – nun sind es die Schnucken, die „wolligen Heidemäher“, die diese alte westfälische Kulturlandschaft bewahren. Eine alte Kopfsteinpflasterstraße führt von Irgendwo ins Nirgendwo, vor dem verlassenen Dorf Haustenbeck kreuzen sich die Wege. Unter einer alten Eiche ist Max Laabs damit beschäftigt, den Pferch abzubauen. Die mehr als tausendköpfige Herde ist sommers wie winters draußen. „Nur jetzt zur Lammzeit holen wir die Muttertiere zum Lammen in den Stall zur Schäferei nach Hövelhof“, sagt Laabs und gibt den Hütehunden Bonny, Fluse und Ari ein paar knappe Kommandos. „500 Lämmer wurden seit Anfang März geboren, die meisten sind schon wieder bei der Herde in der Senne!“ Und auf die passt Max Laabs zusammen mit seinen Kolleginnen Renate Regier und der Gesellin Elena Schauerte (Schäferei ist Lehrberuf) sowie den drei Hunden auf. Vorher bekamen die Lämmer Ohrmarken und wurden an das Herdenleben gewöhnt.

Idyllisch ist die Senne gewiss und für Max Laabs noch immer ein Traumjob, wenngleich die Arbeit draußen in der Senne anstrengend ist, im wahren Wortsinn auf die Knochen geht. Seine Herde lässt er deswegen nicht im Stich, zu anziehend ist die stille Schönheit der Senne. Seit Kurzem begleitet Toni den Schäfer. „Den Toggenburger Hammel habe ich von einem befreundeten Schäfer aus der Lüneburger Heide. Nun leistet also der treue Toni dem einsamen Max Gefolgschaft bei seinem Gang durch den Sand. Und trägt brav des Schäfers schweres Gepäck. Schäfer Max Laabs und Packziege Toni marschieren nach Norden, die Schnuckenherde samt Hütehunden hintendrein, sind bald hinter der Dünenkette verschwunden. Die Uhus schlafen schon. Vielleicht wacht die Heidelerche bald auf und begleitet Meister Max mit ihrem süßen Gesang auf seinem Gang durch den Sand, so wie seit acht Jahren schon. Hier in der wundersamen Senne.

Der Kernbereich der Senne ist militärisches Sperrgebiet und das Betreten streng verboten. Im Naturschutzgebiet Furlbachtal oder auf den Wanderwegen der „Hermannshöhen“ können Spaziergänger den Schäfer und seine Herde treffen. Hövelhof ist von Hamburg aus über die A7, A2 und A33 in zweieinhalb Stunden zu erreichen.