Kleine Fluchten: Im Prinsenhof Groningen, dem schönsten Hotel der Stadt, versammelte sich einst ein Mönchsorden zum Gebet

Am Anfang ist so mancher Gast irritiert. Gerade erst hat er das monumentale steinerne Tor aus dem Jahre 1642 durchschritten, nun steht er in einem gepflasterten Innenhof, vor ihm ein Restaurant und Café, große Buchstaben an einer hellen Wand hinter Glas lassen keinen Zweifel. Wo aber ist das Hotel? Dass man hinter diesen alten Mauern auch nächtigen kann, sieht man erst auf den zweiten Blick. Der Schriftzug über dem seitlichen Eingang zum Hotel fällt deutlich dezenter aus, der Denkmalschutz setze enge Grenzen, sagt Hotelmanager Jacques Muller.

Das macht aber eigentlich auch nichts, denn Hotel und Gastronomie bilden ohnehin eine Einheit. Der Prinsenhof, das ist ein Ensemble aus mehreren historischen Bauten. Der größte und älteste Raum ist das Grand Café, 25Meter lang, 7,5 Meter breit und 5,5Meter hoch. Hier nehmen die Hotelgäste ihr Frühstück ein, hier können aber auch andere Gäste tagsüber auf einem der Loungesessel Platz nehmen, mit Blick auf altes Mauerwerk oder in den benachbarten Prinsengarten.

Vor fast 600 Jahren versammelten sich in diesem Raum die „Brüder des gemeinsamen Lebens“ zum Gebet. Dem Mönchsorden folgten Bischöfe und die Prinzen von Nassau. Zeitweise wurden hier auch verletzte französische Soldaten gepflegt, dann wieder niederländische Polizisten gedrillt. Ab 2005, nach dem Auszug einer Radio- und TV-Anstalt, war der Prinsenhof die wohl schmuckste unter den leer stehenden Immobilien in Groningen. Dann nutzte Jacques Muller gemeinsam mit seinem Partner Frank Verbeek die Chance, „das schönste Hotel Groningens zu bauen“.

Im September 2012 wurde der Prinsenhof eröffnet, und er avancierte in den einschlägigen Internetportalen binnen weniger Monate zum beliebtesten Haus am Platz. Worüber man sich schon nach wenigen Augenblicken nicht mehr wundert: Viel mehr Komfort in solchen historischen Gemäuern geht nicht, viel ruhiger kann ein zentrales Hotel nicht sein. Würde das Wahrzeichen der Stadt, der 97 Meter hohe Martiniturm, umkippen, der Prinsenhof würde vermutlich Schaden nehmen.

34 Zimmer hat das Hotel, und keines gleicht dem anderen – wie auch, angesichts einer solch verwinkelten Bausubstanz. Das kleinste Zimmer misst 25Quadratmeter, ein etwas abseits gelegenes Loft mit großer Sitzecke fast das Dreifache. Mehrere Suiten erstrecken sich über zwei Etagen. Nichts wirkt zufällig, auch nicht die Farbe an Wänden und Decken, bei der man sich an historischen Vorbildern orientiert habe, sagt Muller. Die kleineren Zimmer sind eher hell, die größeren oft in dunklem Rot oder Grün gehalten. Nur der weiße Feuermelder an der Decke will nicht so recht passen. Der große klappbare Flachbildschirm, die iPod-Dockingstation, der Safe für den Laptop – all das ist Standard, im Gegensatz zum Kamin oder zur Dusche mit Blick auf den Martiniturm. Es gibt, durchaus landestypisch, weder Gardinen noch Vorhänge. Wer sich beobachtet fühlt oder den Lichteinfall steuern möchte, dreht an den hölzernen Jalousien.

Auffällig ist bei der Inneneinrichtung das sichere Gespür für ästhetische Akzente: Mal schmückt die muschelförmige Vase einer österreichischen Künstlerin den wuchtigen Tisch, mal sorgt eine provokante Aufnahme des in New York lebenden niederländischen Fotografen Pieter Henket für einen Blickfang.

Das Sofa bietet Platz für eine Kleinfamilie, und auch das Bett mit den eigens gefertigten Kopfkissen und Daunendecken misst in der Regel 180 mal 210 Zentimeter. Wer am Abend noch einen Merlot trinken möchte, sollte ihn rechtzeitig aus der Minibar nehmen, deren kompletter Inhalt gratis ist, ebenso wie das WLAN. Auch ihn als Gast würde es verstimmen, „wenn ich nur fünf Minuten meine E-Mails checken will und dafür 25 Euro zahlen soll“, sagt der Hotelmanager.

Dem Hotel angegliedert ist das Restaurant Alacarte. Serviert wird „internationale Küche auf französischer Basis“, entweder drinnen, unter einer alten Holzdecke, oder aber draußen auf einer Terrasse, die unmittelbar an den Prinsengarten grenzt. Wer sich etwas Feines gönnen möchte, der wähle das Vier- oder Fünf-Gänge-Menü für um die 50 Euro und dazu das passende Weinarrangement.

Eigentlich müsste man dieses Haus also nicht verlassen, doch das wäre auch in den Augen von Jacques Muller ein schwerer Fehler. Die kompakte Groninger Altstadt lässt sich bequem zu Fuß erkunden, und der Besuch des Groninger Museums ist laut Muller ein Muss. Man sollte es den Groningern gleichtun und die Stadt mit einem Fahrrad erkunden, ja vielleicht sogar einen Abstecher ins grüne Umland einplanen. „Viele bleiben nur in der Stadt, das ist aber schade.“ Dafür muss man dann aber schon ein paar Tage mehr Zeit mitbringen. Immerhin: Die Citybikes stehen bereit, kostenlos, versteht sich.