Von frisch gepulten Krabben bis zum Friesen-Käse: Genussinitiative „Feinheimisch“ sorgt für regionale Spitzenqualität

Das Land zwischen der Elbemündung und der dänischen Grenze ist platt bis zum Horizont. Manchmal erscheint es so körperlos, dass schon eine im Wind torkelnde Möwe, ein windschnittig gebogener Baum oder ein einsames Reetdachhaus einer Sensation gleichkommen. Es ist so dünn besiedelt, dass es mehr Schafe als Einwohner zählt. Die vielen Wollknäuel bevölkern die Deiche, die sich schnurgerade durch fruchtbares Marschland und Salzwiesen im Watt ziehen. Ebenso schnurgeradeaus gehen hier auch manche Menschen, die ein Ziel fest im Auge haben: Besuchern die regionale Ess- und Kochkultur, die Lebensart und die Natur nahe zu bringen.

Vor fast zehn Jahren kam die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein auf die Idee, den Tourismus im Urlaubsland mit seinen kulinarischen Genüssen zu verknüpfen. Gastronomen, Küchenchefs, Landwirte und Züchter taten sich zusammen, um die feine heimische Küche sowie die Erzeugung von nachhaltigen, schmackhaften und gesunden Lebensmitteln zu fördern. Der Verein „Feinheimisch“, der inzwischen 500 Mitglieder hat, entstand. „Die Restaurants verpflichten sich, mindestens 75 Prozent aller Zutaten aus der Region zu beziehen“, erklärt Wolfgang Götze, der 25 Jahre als Biologe im Landwirtschaftsministerium in Kiel tätig und Ideengeber für das Netzwerk war. Regionalität senke Kosten und erhöhe die Qualität, so Götze. Zu den strengen Kriterien gehöre zudem der komplette Verzicht auf Fertigprodukte, künstliche Aromen und Farbstoffe. „Moin“, grüßt Dörte Baumbach munter. Ihr Hofladen mit Schaf- und Lammspezialitäten liegt auf der Halbinsel Nordstrand. Die fröhliche Friesin macht bei der Genussinitiative mit, weil das Nordfriesische Salzlamm automatisch Biofleisch liefert. Es frisst natürlich, ohne Schnellmast oder Zufütterung. Das „Salzwiesenlamm“ gebe es allerdings nicht mehr, informiert die Chefin. Seit das Wattenmeer zum Nationalpark wurde, dürfen die Schafe nicht mehr auf die geschützten Salzwiesen. An den Laden schließt sich das Schlachthaus an, das Reich von Gerhard Baudewig. „Kurze Wege schützen die Qualität“, erklärt er – ein anderer Feinheimisch-Grundsatz. Feinschmecker lieben das Fleisch, weil es zart, geschmacklich mild und vielseitig zu würzen ist.

Südlich von Nordstrand ragt die Halbinsel Eiderstedt 30 Kilometer weit in die Nordsee hinein. Kirchen und Haubarge, prächtige Bauernhäuser, sind die Symbole der einst wohlhabenden Landwirte. Auf dem Weg nach Tetenbüll sieht man noch zwei davon. Bei dem kleinen Dorf liegt die Schafskäserei Volquardsen. Redlef Volquardsen und seine Frau Monika studierten Ökologische Landwirtschaft, und sie glauben an das Kleinbauerntum. „Es geht auch ohne Massentierhaltung“, sagt der gebürtige Eiderstedter. Sie beschränken sich auf 120 Friesische Milchschafe, deren Stall gleich hinter dem Wohnhaus ist. Jedes Schaf liefert täglich anderthalb Liter vollwertige Milch, die einmal pasteurisiert wird. Daraus entstehen 300 Gramm Käse in fünf Sorten, eine Jahresproduktion von fünf bis sieben Tonnen. Die Kombination von Leben auf dem Bauernhof und Tourismus ist für die Volquardsens ideal. Gut 70 Prozent ihrer Bio-Produkte verkaufen sie direkt ab Hof an Besucher, die auch an Führungen interessiert sind.

In Dithmarschen liegt der kleine Hafen Friedrichskoog, in dem Deutschlands größte Krabbenkutterflotte ankert. Hinter dem hübschen Mastenwald herrschen jedoch Preisdruck, Fangquoten und die Befürchtung, das Land könnte den Hafen aus Geldnot schließen. Der Familienbetrieb von Alfred Urthel ist der einzige in Schleswig-Holstein, der die Schalentiere noch vor Ort pult. Es reizt ihn, gegen den Wind zu segeln. „Wenn es um Geschmack geht, hilft der Geiz nicht.“ Denn: Frische schmeckt man. Nur deshalb kann sich sein kleiner Laden mit der Pulmaschine gegen die mächtige niederländische Konkurrenz behaupten. Am besten schmecken die Garnelen selbst gepult. Findet auch Urthel: Einfach eine Scheibe Schwarzbrot buttern und dick mit Nordseekrabben belegen!

Mehr Infos: www.feinheimisch.de