Kleine Fluchten: Der Gasthof Schütte in Oberkirchen im Sauerland besteht seit 1820 und war Station für Postkutschen

Es muss ja nicht immer der Harz sein. Das Sauerland ruft! Es ist nur unwesentlich weiter entfernt. So sollte der Hamburger, gelüstet es ihn nach gebirgiger Landschaft, diese Region in seine Planung einbeziehen. Das Sauerland bietet alles, was man von einer Ferienregion erwartet: schöne und abwechslungsreiche Landschaft, schmucke Dörfer, komfortable Hotels, gutes Essen – und liebenswürdige Bewohner.

Die Tradition wird beibehalten: Gäste dürfen ihre Pferde im Stall unterbringen

Eins der Gasthäuser befindet sich in Oberkirchen, das schon 1967 zum schönsten Dorf in Westfalen erkoren wurde. Hier gibt es seit Beginn der Postkutschenzeit um 1820 den Gasthof Schütte, dessen gleichnamige Besitzer heute bereits in der 19. Generation hier ansässig sind. Das alte, romantische Fachwerkhaus liegt direkt in der Ortsmitte. In der waldreichen Gegend ist das Holzhandwerk ein Wirtschaftsschwerpunkt. Daher findet sich dieses Naturprodukt auch im Inventar des Hotels in vielfacher Form wieder. So sind im Gastronomiebereich viele Balken kunstvoll gedrechselt und verziert, und das gesamte Mobiliar ist ebenfalls aus Holz. Die westfälische Tradition tut ihr Übriges dazu, dass man sich wohlfühlt.

Schüttes Familie hat das Grundstück bereits 1460 von der Kirche erworben, genau genommen vom Kloster Grafschaft, zu dem das Land gehörte. Schon im frühen 18. Jahrhundert entstand darauf ein Wirtshaus mit Herberge für Reisende mit Pferdekutschen. Dann entwickelte sich langsam der Fremdenverkehr. 1868 wohnte hier der erste Sommerfrischler. Auf der Speisekarte von damals sind auch die Preise für die Fourage (Heu, Hafer und Streu) der Pferde vermerkt (ein Scheffel drei Pfennig und sechs Cent). Diese Tradition wird bis heute beibehalten; wer mag, kann sein Pferd mitbringen und es in einem der vier Ställe unterbringen.

Der landwirtschaftliche Betrieb wurde schließlich aufgegeben, und Vater Anton trieb den Tourismus in der Region voran, um schon bald erfolgreicher Hotelier zu werden. 1994 hat Sohn Karl Anton das Erbe angetreten. „Ich bin in Zimmer vier zur Welt gekommen“, sagt er schmunzelnd. Nach der Übernahme ist er der elterlichen Prämisse treu geblieben. „Ich lege großen Wert auf traditionelle, ungekünstelte und natürliche Gastlichkeit“, sagt der Hausherr, der selbst das Kochhandwerk erlernt und ausgeübt hat. Seinem Motto „Alles eine Spur persönlicher“ wird er vollkommen gerecht. So kümmert er sich allabendlich um seine Gäste, wenn er im Restaurant „die Runde“ macht. Die meisten seiner 64 Mitarbeiter sind seit Jahren hier beschäftigt und kennen sich bestens mit den Gepflogenheiten des Hauses aus.

Seit 25 Jahren sorgt Martin Friedrich für das leibliche Wohl der Gäste. Die umfangreiche Speisekarte, die jede Woche wechselt, bietet von allem etwas. Durch den zuvorkommenden Service ist ein gelungener Abend garantiert. Kinderfreundlichkeit zeigt sich in einer lustigen Extrakarte, in der eine Geschichte steht, die ausgemalt werden darf. Nach dem Essen dürfen Kinder sich in der Küche eine Kugel Eis aussuchen. Das kommt natürlich gut an.

Gern treffen sich die Gäste nach dem Abendessen an der Bar in der Hotelhalle mit großem Glasdach und imposantem Kristalllüster. Hier finden auch Veranstaltungen statt, wie etwa die monatliche Weinverkostung, bei der ein Winzer seine Erzeugnisse vorstellt. Überhaupt ist für das Haus typisch, dass es nur wenig Hotelcharakter hat, sondern eher die gute Atmosphäre einer gepflegten Gastwirtschaft.

Die ländlichen Zimmer können in drei Kategorien gewählt werden. Etwas unspektakulär, bieten sie doch alle bequeme Unterkünfte. Kleiner, aber kuscheliger sind die Zimmer im alten Stammhaus. In den Fluren hängen bemalte Holzstücke mit Szenen aus der sauerländischen Gegend. Entspannung bietet der Wellnessbereich mit verschiedenen Saunen und Dampfbad. In dem luxuriös ausgestatteten Hallenbad mit Maßen von acht mal 18 Metern lässt es sich ausgiebig schwimmen. Der hoteleigene Garten ist im Sommer eine Insel der Erholung – mit einem Spielplatz für die kleinen Hotelgäste, einem beheizten Freibad sowie Liegehalle und -wiese am rauschenden Bach.

Galt das Sauerland lange Zeit als arm und rückständig, gehört es heute zu den wirtschaftlich am stärksten prosperierenden Gegenden Nordrhein-Westfalens. Zum Beispiel ist die Autozuliefererindustrie mittlerweile bedeutsam. All dies und viel Wissenswertes über Flora und Fauna erfährt der Besucher auf einer Wanderung zur Jagdhütte, die Karl Anton mit Gästen oftmals selbst durchführt. Dort warten Kaffee und Waffeln auf die Teilnehmer. Bei Kunstenthusiasten dürfte auch der Waldskulpturenweg zwischen Bad Berleburg und Schmallenberg auf Interesse stoßen. Lohnend ist auch ein Besuch der nahen Kunstschmiedehütte.