Kleine Fluchten: Der Goldene Hahn in Finsterwalde wird sehr erfolgreich in dritter Generation als Familienbetrieb geführt

Der Ortsname klingt nicht gerade vertrauenerweckend. „Eigentlich wissen wir auch nicht genau, wo er herkommt“, sagt der Tourismusmanager der Stadt, Veit Klaue. Fest steht, dass das umliegende Sumpf- und Moorgebiet viele Wälder hat, die seit jeher viel Erholung bieten. Und dass früher Raub-ritter hier ihr Unwesen trieben. Im Positiven wurde die Stadt zu Beginn des vorigen Jahrhunderts durch das berühmt gewordene Lied des Berliner Komponisten Wilhelm Wolff bekannt. Die Textzeile „die Sänger von Finsterwalde“ wurde damals zum Gassenhauer. Heute freuen sich die Finsterwalder über diese Imagewerbung und das alle zwei Jahre stattfindende Sängerfestival, zu dem viele Gäste anreisen.

Die kommen auch, sofern sie Gourmets sind, wegen Frank Schreiber. In seinem Gasthaus, nur einen Steinwurf vom Bahnhof entfernt, bietet er eine sehr ambitionierte Küche. Der Goldene Hahn wurde 1862 als Gasthof erbaut und befindet sich seit 1939 im Familienbesitz. Der Großvater brachte ihn durch die schwere Kriegszeit und der Vater durch die anschließende Mangelwirtschaft der DDR. „Im Verhältnis zur damaligen Zeit hat mein Vater eine gute Küche angeboten“, sagt Frank. Auch gelang es ihm damals, sein Unternehmen als Privatier durchzubringen, obwohl dies den oberen Funktionären ein Dorn im Auge war. Aber sie brauchten zur Bewirtung ihrer internationalen Gäste einen guten Gasthof.

Der Hotelier ist selbst Mitglied bei Deutschlands jungen Spitzenköchen

Die Wende war für die Familie ein Segen. Aber sie brachte auch Unruhe in das Haus. Frank wollte hoch hinaus, der Vater weitgehend am Herkömmlichen festhalten, um die Stammgäste zu binden. Doch nach und nach setzte sich Sohn Frank durch. „Es hat aber zehn Jahre gedauert, bis wir Platzteller auf den Tischen hatten“, sagt er. Seit 2010 hat er zusammen mit seiner Frau Iris die alleinige Herrschaft inne. So wird der Goldene Hahn nun erfolgreich in der dritten Generation von beiden geführt. Dabei kümmert er sich hauptsächlich um den kulinarischen Teil, während die Hotel- und Restaurantfachfrau alles Geschäftliche regelt.

Beide sind Jahrgang 1974 und haben sich während ihrer Ausbildung kennengelernt. Seit 1996 erhielt Frank viele Auszeichnungen für sein Können. So errang er unter anderem den Weltmeistertitel bei der Taste of Canada und die Bronzemedaille bei der Kochweltmeisterschaft in Melbourne. 2006 wurde er Brandenburger Meisterkoch. Seit 2010 ist er Mitglied bei Deutschlands jungen Spitzenköchen „Jeunes Restaurateurs d’Europe“. Im vorigen Jahr beköstigte er die Filmprominenz auf der Premierenfeier der Berlinale.

Um seine „neue Lausitzer Küche“ zu kreieren, verwendet er Erzeugnisse aus dem Umkreis Südbrandenburgs, „denn kurze Wege sichern eine hohe Produktqualität“. Der anspruchsvolle Gaumen wird in besonderer Weise verwöhnt, den Gästen wird die Vielfalt der heimischen Küche nahegebracht.

Den Begriff „Kochkunst“ nimmt er sehr wörtlich, „denn Kochen ist Kunst für alle Sinne“, lautet sein Motto. Und so spielt der visuelle Genuss auch eine Rolle bei der Zubereitung. Dabei entstehen kunstvolle Arrangements, die man kaum verspeisen mag. Schreibers Küche ist klar „sterneambitioniert“. Unverständlich, dass er davon noch keinen bekommen hat. Schläft da jemand?

Im Eingangsbereich der Gaststube befindet sich das modern gestaltete Bistro mit der offenen Küche, bevor wenige Stufen in den länglichen Gastraum mit seinen 40 Plätzen führen. Festlich eingedeckt, mit Leuchtern an Wand und Decken, und in freundlichen Farben gehalten, fühlt man sich hier augenblicklich wohl. Traditionell, rustikal, regional, modern und vegetarisch ist die Ausrichtung. Man darf aber auch gern kombinieren oder à la carte bestellen, und – ganz wie es einem beliebt – die Anzahl der Gänge wählen. Preislich recht günstig bietet er freitags ein Kennenlern-Menü mit drei Gängen für 20 Euro! Das haut jeden Großstädter um.

In naher Zukunft sollen auch noch die Gästezimmer umgestaltet werden

Der joviale, äußerst humorvolle und stets gut gelaunte Chefkoch liebt dieses Haus, in dem er aufgewachsen ist. Zum Glück kommen mittlerweile auch mehr Einheimische. Ihr Anteil ist in den vergangenen Jahren von 20 auf fast 50 Prozent gestiegen. Auch die Bahnhofsnähe hat sich zum Vorteil entwickelt, „denn oft unterbrechen auswärtige Gäste ihre Zugfahrt, um bei mir einzukehren“, sagt Schreiber. Nächtigen kann der Gast in einem der zwölf Zimmer, die zweckmäßig und gemütlich eingerichtet sind. Dass sie nicht höchsten Komfort bieten, wissen die Betreiber. Aber bekanntlich kann nicht alles zur selben Zeit entstehen. „Auch diese werden wir in nächster Zeit umgestalten, um unsere Herberge noch aufzuwerten“, versprechen sie.

Finsterwalde hat einen schönen Marktplatz mit historischen Häusern, ein Schloss, und ein Kreismuseum. Der Norddeutsche wird sich hier heimisch fühlen, ist das Land doch platt wie eine Bratpfanne und lädt zu Radtouren ein.