Ab November haben Passagiere eine Alternative zum Prozess

Ein Start gestrichen, die Maschine überbucht, Ärger mit beschädigten Koffern: Wenn bei Flugreisen etwas schiefgeht und Passagiere mit Beschwerden auf Granit beißen, sollen sie künftig eine Schlichtungsstelle einschalten können. Lange wollten die großen Fluggesellschaften nicht mitmachen - nun soll ein freiwilliges Modell kommen, das der Bundestag verabschiedete.

Rund 3000 Verbraucher beschweren sich jedes Jahr beim Luftfahrt-Bundesamt. Die Behörde kann aber nicht vermitteln, weshalb viele Fälle bei den ohnehin überlasteten Gerichten landen. Dabei eignen sich typische Ärgernisse am Flughafen gut für alternative Lösungsversuche. Denn wie die Experten des Justizministeriums in ihrem Gesetzentwurf festhielten, handelt es sich um "inhaltlich oft ähnliche, einfach zu beurteilende Sachverhalte mit vergleichsweise geringen Streitwerten".

Greifen sollen die Neuregelungen für Ansprüche von Fluggästen, die vom 1. November an entstehen. Zunächst müssen sich Kunden nach wie vor an ihre Airline wenden. Führt das binnen zwei Monaten zu keiner Verständigung, soll der Weg zur Schlichtungsstelle offenstehen. Dabei ist eine Bagatellgrenze für Ansprüche von zehn Euro vorgesehen, die Obergrenze liegt bei 5000 Euro. Die Regelung gilt nicht, wenn eine Firma das Ticket für eine Geschäftsreise gebucht hat. Pauschalurlauber kommen nur zum Zuge, wenn sie Geld von ihrer Fluggesellschaft erstattet haben wollen, nicht vom Reiseveranstalter.

Wie genau die neue Vermittlungsinstanz organisatorisch aussieht, ist vorerst offen. Die Gesetzespläne zielen auf eine privatrechtlich organisierte Stelle ab, die von der Branche finanziert wird. Geschätzte Kosten: jährlich 1,2 Millionen Euro. Dass dies auf die Ticketpreise durchschlägt, sei nicht zu befürchten, erläutert das Ministerium. Denn sonst anfallende Gerichtskosten würden dadurch gespart.

Schon seit Jahren wird vergeblich darum gerungen, dass sich die großen Airlines für Vermittlungsverfahren öffnen. Der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP), die von 200 Verkehrsunternehmen getragen wird, blieben sie bisher aber fern.

Als Erster beteiligt sich Europas größter Billigflieger Ryanair, wie Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger erfreut feststellt: "Das ist ein gutes Zeichen für alle anderen Airlines." Für Fluggesellschaften, die partout nicht ins Boot wollen, soll das Bundesamt für Justiz zum Schlichter werden. Fällige Gebühr pro Verfahren für die Anbieter: 290 Euro.

In Deutschland gibt es drei Unternehmen, an die sich Hilfe suchende Fluggäste jetzt schon wenden können: EUclaim (www.euclaim.de), Flightright (www.flightright.de) und Fairplane (www.fairplane.net).