Kleine Fluchten: Das Hotel Klütturm in Hameln liegt inmitten eines Landschaftsschutzgebiets und ist ein perfekter Rückzugsort für Naturfreunde und Messebesucher

Es thront auf einem Berg, ist weithin sichtbar und doch schwer zu finden. Schilder, die den Weg zum Hotel Klütturm weisen, sind nicht einfach auszumachen. Das Vier-Sterne-Haus liegt versteckt mitten in einem Landschaftsschutzgebiet, am Ende einer schmalen Asphaltstraße, die sich in Kurven den Berg hinaufwindet. Dieser Berg heißt Klüt, ist so etwas wie der Hamelner Hausberg und mit 258 Metern einer der höchsten weit und breit. Ganz oben, auf dem Bergrücken, stehen nur zwei Bauten: das Hotel und sein Namensgeber, ein alter steinerner Turm, in dessen Schatten die Hamelner angeblich gern Heiratsanträge aussprechen. So jedenfalls erzählt es Robert Jagst.

Ein sagenhafter Ausblick vom Klüt -fast ganz Hameln liegt einem zu Füßen

Der gebürtige Stralsunder leitet die Geschicke des Hauses seit gut einem Jahr. Der 33-Jährige ist in der Gastronomie groß geworden, stieg mit 16 ins Hotelfach ein. Zu seinen beruflichen Stationen gehörten Fünf-Sterne-Häuser wie das Radisson Blu Royal Hotel in Dublin und das Park Hyatt in Hamburg. Und jetzt Hameln. Die Atmosphäre des Hauses habe ihn sofort begeistert, sagt Jagst, der aus privaten Gründen in der Region Wurzeln geschlagen hat. Es ist vor allem die Lage, die die Gäste in ihren Bann zieht. Der Ausblick auf die Rattenfängerstadt ist sagenhaft. Fast ganz Hameln liegt einem zu Füßen, nur die Sicht auf ein Industriegebiet im Süden wird durch Bäume verstellt - die früheren Besitzer haben sie zum Glück nicht abholzen lassen. Die Weser, die unterhalb einer Hügelkette auf der anderen Seite der Stadt einen Bogen schlägt, ist von fast jedem Zimmer aus zu sehen. Mit zwei Einzelzimmern, fünf Doppelzimmern und zwei Suiten ist das Hotel Klütturm ein sehr kleines Haus. Daran wird sich vermutlich auch wenig ändern, denn der Denkmalschutz setzt enge Grenzen. In den Zimmern dominieren warme Farben, vornehmlich Gelb- und Brauntöne. Das Doppelzimmer misst fast 40 Quadratmeter, Dusche und Sanitärbereich sind in den Raum integriert und durch Glaswände abgetrennt. Qualität zeigt sich auch bei kleinen Dingen, den Armaturen im Bad oder den grifflosen Schranktüren - sie öffnen sich auf leichten Druck.

Das Haus bietet sich für eine kleine Auszeit an. Ein Hameln-Tag könnte etwa so ablaufen: Am Vormittag bummelt man durch die Stadt, aus der einst ein Flötenspieler die Kinder entführte, 130 sollen es gewesen sein. Am Rattenfänger kommt in Hameln niemand vorbei, es gibt einen Rattenfänger-Brunnen, eine Rattenfänger-Halle, ein Rattenfänger-Glockenspiel und ein Rattenfänger-Haus. Sportliche Naturen nutzen den Wanderweg vom Hotel hinunter zur Altstadt, etwa 30 Minuten sollte man dafür einplanen. Weniger Ambitionierte schlendern durch den Laub- und Mischwald auf dem Klüt, der Europäische Fernwanderweg E1 führt unmittelbar am Hotel vorbei. Danach empfiehlt sich eine kleine Pause. Eine Sauna gibt es nicht, wohl aber eine Badewanne mit Stadtblick. Ausklingen lassen kann man den Tag im hoteleigenen Restaurant, beispielsweise bei einer geschmorten Wildschweinkeule in Waldpilzsoße. Eine Reservierung wird dringend empfohlen, vor allem wenn man an einem der Tische auf der Sonnenterrasse oder am Fenster Platz nehmen möchte. Der abendliche Blick auf Hameln ist noch einmal von ganz eigenem Reiz. Lichterketten verraten den Verlauf größerer Straßen. Verkehrslärm ist nur schwach vernehmbar, deutlich dringt nur das Läuten der Kirchenglocken ans Ohr.

Die Hamelner verfolgen derweil mit Argusaugen, was auf ihrem Hausberg geschieht. Über Jahrzehnte florierte hier ein Ausflugslokal, ein Familienbetrieb. In den letzten Jahren allerdings verlief die Geschichte weniger ruhmreich. Zwei arabische Brüder hatten Großes vor, investierten mehrere Millionen Euro - und machten Pleite. Seit Dezember 2010 gehört das Haus einem russischen Investor. Auf einer Radtour durch das Weserbergland entdeckte er das Juwel, erzählt Jagst. Im Mai 2011 wurden Hotel und Restaurant neu eröffnet. Familienfeiern sind ein "dickes Standbein", sagt Jagst, aber auch Gäste der Hannover Messe und Naturfreunde checken hier ein. Guter Service und gutes Essen, das ist für den jungen Hotelmanager der Schlüssel zum Erfolg. Mit einem Team von knapp 20 Mitarbeitern kümmert er sich um das Wohl der Gäste. Und freut sich darüber, dass selbst Hamelner die Suite für ein Wochenende mieten. Letztere haben einen großen Vorteil: Sie kennen schon mal den Weg, oft sogar bereits von Kindesbeinen an.