Kleine Fluchten: Fast alle Räume des Hotels Haus Wullfcrona an der Ostsee wurden originalgetreu nach altem Vorbild wiederhergestellt

Inmitten der Altstadt von Stralsund liegt das Hotel Wullfcrona. Schon von außen macht das historische Haus mit seiner Barockfassade einen beachtlichen Eindruck. Giebel und Verzierungen sind farblich auf dem in Altrosa gestrichenen Gebäude abgesetzt. Einladend wirkt der Eingang, dessen wuchtige Holztüren weit offen stehen. Zur Begrüßung brennen nach slawischem Brauch Kerzen in einer Laterne. Schon beim Betreten des Eingangsbereiches fühlt sich der Gast willkommen.

Die stimmige Atmosphäre ist Besitzer Ralf Kahler und seiner Frau zu verdanken, die für die Innengestaltung verantwortlich sind. Der Stralsunder hat zu Beginn der 80er-Jahre Schiffselektriker auf der hiesigen Werft gelernt und anschließend Elektrotechnik in Wismar studiert. Das Studium wurde durch die Wende unterbrochen. "Den Wechsel habe ich genutzt und bin in Spanien und Italien im Yacht-, Charter- und Servicebereich tätig gewesen", erzählt er. Mit einem selbst konstruierten 15 Meter langen Katamaran hat er einen Teil der Welt umsegelt.

2009 erwarb Ralf Kahler das Haus Wullfcrona als Konkursmasse und versuchte, es möglichst original und authentisch wiederherzustellen: Schwere Holzdielen, Stuckdecken, die Doggen der schön gedrechselten Treppe und die noch vorhandenen Täfelungen, "eben alles, was an Substanz da war, wurde in dem denkmalgeschützten Gebäude aufgearbeitet, um den Charakter zu erhalten". Besonders schwierig waren die unterschiedlich hohen Fußböden auszugleichen, weshalb es heute einige Stufen in den Etagen gibt.

Das dreigeschossige Giebelhaus an der Heilgeiststraße wurde 1678 vom brandenburgischen Kurfürsten beim Beschuss der Stadt zerstört und erst Jahrzehnte später vom Kaufmann Joachim Christian Helm neu errichtet.

Mitte des 18. Jahrhunderts erwarb es der Korn- und Weinhändler Carl Zacharias Hagemeister, der einer berühmten Stralsunder Familie angehörte, die die Geschicke der Stadt maßgeblich beeinflusste. 1811 wurde das Haus an die aus Schweden eingewanderte Familie Wullfcrona verkauft, deren Firmenname noch heute in goldenen Buchstaben an der Front prangt. Später nutzte man es als Wohn- und Bürohaus. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges haben die Russen mit einem riesigen Gelage das Ende des Weinkellers eingeleitet. Den begehrten Traubensaft gab es fortan nun nicht mehr, aber die Gaststätte wurde als Kneipe auch während der DDR-Zeit fortgeführt.

Heute beherbergt das Haus 20 Betten, vom Einzelzimmer bis zum Appartement, die alle individuell eingerichtet sind. In den großzügigen Räumen herrscht ein leichter und luftiger Stil, der durch die vielen Korbmöbel mediterran anmutet. "Prunkstück ist mit Sicherheit das 'Hochzeitszimmer in Rot'", meint Ralf. Im Gastronomiebereich der alten Wullfcrona-Stuben befindet sich heute der gemütliche Frühstücksbereich. Stolz ist der Inhaber auch auf die Gestaltung des Innenhofs, der sich mit neu angelegtem Garten als grüne Oase und Terrasse mit Blick auf die nahe liegende Jakobikirche präsentiert. Doch noch ist dieses Projekt nicht abgeschlossen, denn Ralf Kahler ist auf Expansionskurs. So soll im Keller mit Tonnengewölbe ein Saunabereich eingerichtet werden - und im Nachbarhaus zusätzliche Zimmer entstehen.