Von Kalimantan über Sumatra bis Westpapua: Indonesien ist das diesjährige Partnerland auf der ITB in Berlin

Wir nehmen einmal an, dass Prang Martha'Tangkelembang ein gutes Leben führte. Elf Kinder hat die 82-Jährige hinterlassen, als sie 2010 in Mengkendek starb. Sie war die zweite Frau von Prang Kendek Kapala, einem angesehenen Adligen, der ihr Jahre zuvor vorausgereist war ins Land der Toten. Heute lebt noch seine erste Gattin, es ist die Schwester der Toten. Ja, Prang Kendek hatte einfach beide Schwestern geehelicht, ohne Scheidung. "Das wäre bei Muslimen verboten", sagt Eman Suherman, unser Reiseführer.

Aber das Volk der Toraja interessiert das nicht. Denn auch wenn wir uns in Indonesien befinden, dem größten muslimischen Land der Erde, dessen Ausdehnung im Indischen Ozean in etwa der Strecke London-Dubai entspricht - bei dem Bergvolk im Süden Sulawesis, viertgrößte Insel im weltgrößten Archipel, haben die holländischen Missionare Anfang des 20. Jahrhunderts ganze Arbeit geleistet. Etwa die Hälfte der heute 600.000 Toraja ist christianisiert, die andere Hälfte hat den neuen Glauben mit der alten, stark animistisch geprägten Naturreligion Aluk Todolo verbunden. Und pflegt bis heute eine Mischform. Genau deshalb sind wir erst heute bei der Totenfeier für Prang Martha'Tangkelembang.

Denn die Tote wurde nicht innerhalb weniger Tage bestattet. Sie wurde zwei Jahre lang im Haus aufbewahrt, einbalsamiert, und hat auf diese Weise ihre Verwandten mit ihrer puren Anwesenheit beglückt und die Geister - böse wie gute - zufriedengestellt. Bei der Beerdigung nun wird die Verstorbene sehr feierlich, sehr ausgiebig und sehr fröhlich auf dem Weg ins Jenseits gebracht.

Es ist ein Touristenereignis und ganz und gar nicht pietätlos. Im Gegenteil, für die Indonesier ist es eine Ehre, wenn Fremde ihre Familienfeier beehren. Einzige Bedingung für die Besucher: Es ziemt sich, ein Geschenk mitzubringen. Es müssen ja nicht gleich Wasserbüffel im Wert eines Neuwagens sein, die bei einer Totenfeier dieses Ausmaßes geopfert werden, um den Toten auf seiner Reise ins Jenseits zu begleiten. Nein, für Besucher reicht eine Stange Zigaretten, die, in eine schwarze Tüte eingepackt, den Trauergästen überreicht wird. "Turut berdaka cita" sagen wir also zur ältesten Tochter der Toten, "herzliches Beileid", und überreichen unser bescheidenes Geschenk - "Terima Kasih" antwortet diese mit einem Lächeln, "Danke schön", und bittet zu Kaffee und Keksen. Nein, von Trauer ist diese Veranstaltung nicht erfüllt, eher von hoher Feierlichkeit und ausgelassener Freude.

Mittlerweile hat der Mabadung begonnen, der rituelle Rundtanz. 50 Einheimische fassen sich an den Händen, gehen zwei, drei Schritte nach links, werfen die Arme hoch, gehen drei Schritte nach rechts, werfen die Arme hoch - und singen. Sie erzählen die Geschichte von Prang Martha. Dann tritt Heber auf, der katholische Pfarrer, und er appelliert gleich an zwei Götter: an Puang Matua, die höchste Gottheit im Götterpantheon der Toraja, und - die Bibel vor Augen - an den christlichen Gott, den Allmächtigen, Allverzeihenden. Die Trauergemeinde stimmt anschießend in ein lautes Gebet ein.

Dann wird es hektisch. Der prächtig geschmückte Sarg wird zu einer Sänfte getragen. Wer denkt, dass dies ein stiller Trauerzug wird, täuscht sich. Unter lautem Geschrei wird die Sänfte emporgehoben, ein paar Meter getragen und dabei auf- und niederbewegt. Dann wird sie in hohem Tempo wenige Meter getragen, bevor der Trägertrupp abrupt stoppt und die Sänfte absetzt - bevor dieses Spiel des ewigen Wechsels von Tragetempo und Tragehöhe von Neuem beginnt. Der Zickzackkurs soll die bösen Geister verwirren und von dem Leichnam fernhalten.

Der Besuch einer solchen Totenfeier ist "Pflicht" für jeden Touristen, den es in diese abgelegene indonesische Gegend verschlägt. Sulawesi liegt abseits der üblichen Routen. 300 Deutsche finden sich monatlich auf der Insel ein, die sich wie ein fünfarmiger Krake in der Straße von Makassar nordöstlich von Java erstreckt und neben Kulturtouristen im Süden vor allem Taucher in die Inselwelt im Norden rund um die Stadt Manado zieht, die von Singapur direkt angeflogen werden kann. Die meisten Touristen zieht es woandershin: 59 Prozent der 153.000 deutschen Gäste, die 2012 nach Indonesien kamen, besuchten die Ferieninsel Bali und 25 Prozent die Hauptstadt Jakarta. In diesem Jahr will Tourismusministerin Mari Elka Pangestu 165.000 Deutsche begrüßen. Da kommt ihr die ITB recht, wo Indonesien als diesjähriges Partnerland mit 110 Ausstellern 16 Hauptreiseziele vorstellt, von Kalimantan über Sumatra bis Westpapua - und eben Sulawesi.

(Die Reise erfolgte mit Unterstützung von Marco Polo Reisen.)