Die Kolumne von Uwe Bahn
Erinnern Sie sich noch an die Volkszählung 1987? Ein Sturm der Entrüstung fegte durch unser Land. Gemeinsam gingen wir auf die Boykott-Barrikaden gegen die Datenerfassung. Im Facebook-Zeitalter, gute 25 Jahre später, tragen wir unsere Daten selbst ein. Überall dort, wo sich ein Online-Formular öffnet, füllen wir freiwillig aus. Auch Reisen buchen wir im Internet. Benutzername, Passwort, Log-in. Fertig. Mittlerweile habe ich längst die Übersicht verloren, welcher Benutzer ich bei welchem Portal bin. War ich "Mikrowelle38" nun bei Holidaycheck, Booking.com oder bei Expedia? Das vergessene Passwort kriege ich immerhin über die Zusatzfrage (z. B. Geburtsname der Mutter) raus, in meinem Fall: "Wem hast du als Schüler zuerst auf die Fresse gehauen?" Matthias hieß er. Und er hatte es mehr als verdient. Wo waren wir stehen geblieben?
Ach ja, Log-in. Dann fragt eine Seite wie Opodo so ziemlich alles ab: Wann verreisen? Geht auch später? Ob ich zur äußersten Not auch mit Bremen als Abflughafen einverstanden wäre. Wer fliegt mit? Freundin, Ehefrau, Schwiegermutter? Sind Kinder dabei? Namen? Fehlt nur noch das Feld für Schulnoten. Immer wenn roter Text auftaucht, habe ich etwas vergessen oder falsch ausgefüllt. Der alte Scherz, in der Spalte "Alter" einfach "Tischlermeister" einzutragen, funktioniert in Online-Formularen gar nicht. Die haben so programmiert, dass nur eine Zahl akzeptiert wird.
Am Ende sind es dann 21 Griechenlandreisen, die ausgespuckt werden. Wenn ich bereit bin, am Sonntag ab Münster-Osnabrück zu fliegen, sogar 24. Wenn mir die Hotels auf den Fotos doch zu schäbig aussehen, kann ich mit einem Klick auf vier Sterne erhöhen. Damit kommen nur noch elf Häuser infrage, der Reisepreis erhöht sich um 398 Euro. Es sei denn, ich bin flexibel und verzichte auf den Nonstop-Flug, würde in Athen umsteigen, dann spare ich 210 Euro. Allerdings nur bei Abflug ab Paderborn.
Wenn ich einverstanden bin, wollen sie meine Kreditkarte, vor allem den Card Value Code. Das ist diese dreistellige Nummer auf der Rückseite. Wer seine Karte schon durch Unmengen von Lesegeräten hat ziehen lassen, kann diese Zahl nicht mehr entziffern. Manchmal hilft noch Ertasten; wenn nicht, bleibt nur Probieren. Das kann dauern. Haben Sie dann doch tatsächlich gebucht, kommen Sie aus der Nummer nur mit Mühe wieder heraus. Umbuchen? Doch anderes Hotel? "Zurzeit sind alle unsere Plätze leider besetzt. Wir verbinden Sie, sobald ein freier Mitarbeiter verfügbar ist." Im Callcenter auf den Cayman Islands gibt es keine freien Mitarbeiter. Und wenn sie frei sind, legen sie sich an den Strand.
Meine nächste Reise buche ich im Reisebüro. Am besten in einem mit so einer alten Glocke an der Tür. "Guten Tag, was kann ich für Sie tun?" "Zwei Wochen Griechenland im Juli ab Hamburg!" Dann schlägt die Dame einen Katalog auf, zeigt auf ein Hotel in Südkreta und sagt: "Da war ich mit meinem Mann schon dreimal!" So geht das. Und nach Benutzername und Passwort fragt sie auch nicht. Übrigens: "Mikrowelle38" war mein Benutzername bei der Bahn.