Experten zählen die Insel mit ihren weiten Naturstränden zu den Trendzielen der Saison

Noch gehören die langen Palmenstrände an der Ostküste vor allem Fischern und muslimischen Händlern, die frühmorgens den Fang aufkaufen. Aber überall zwischen dem Nilaveli Beach bei Trincomalee und der Arugam Bay im Süden eröffnen neue Resorts. Es tut sich auch sonst viel im ehemaligen Ceylon. Reiseexperten zählen die Tropeninsel, die so lange unter den Folgen von Tsunami und Bürgerkrieg gelitten hat, zu den beliebtesten Fernzielen dieser Saison.

Zuerst melden sich die Krähen. Sie sind überall am frühen Morgen und am späten Nachmittag lautstark gegenwärtig. Langsam schälen sich die Konturen der Palmen aus einem blassblauen Himmel. Ein kratzendes Geräusch lässt mich von meinem Balkon aus in den Garten schauen. Sidampalam, der alte Mann, der seit vielen Jahren für alles Grüne im kleinen Resort Stardust Beach bei Pottuvil an der südlichen Ostküste zuständig ist, fegt Blätter und Blüten zusammen.

Es ist ein beruhigender Anblick, endlich wieder. Denn dieses Hotel spiegelt das Schicksal der Ostküste wie kein anderes wider. Vor etwas über acht Jahren, am zweiten Weihnachtstag 2004, wurde der Däne Per Goodman, Gründer und Inhaber des beliebtesten Surfer-Treffpunkts an der Arugam-Bucht, ein Opfer des Tsunamis, eines von mehr als 35.000 allein in Sri Lanka. Die Bungalows und Cabanas in der weitläufigen Anlage waren fast alle zerstört. Und doch ließ sich Pers Witwe Merete Scheller nicht unterkriegen. Zusammen mit ihrem Team, einer Mannschaft, so gemischt wie die tamilische, singhalesische und muslimische Bevölkerung der Ostküste, baute sie das Resort wieder auf und wurde selbst in den schlimmsten Bürgerkriegszeiten von ihren Stammgästen nicht in Stich gelassen.

Jetzt stehen das Hauptgebäude mit acht komfortablen Zimmern und die Villen und Hütten so schön auf dem Strand wie eh und je, sogar komfortabler und gemütlicher als zuvor. Und der Garten wuchert tropisch bunt wie vor der großen Flut, gepflegt und gehegt von Sidampalam und seinen Helfern. Bis vor Kurzem gehörte Nilam dazu, Sohn des früheren Gärtners, der wie Per ein Opfer des Tsunamis geworden war. Nilam aber, der als Nachtwächter angefangen hatte, ist jetzt zum zweiten Koch aufgestiegen. Aufbruchstimmung allerorten auf Sri Lanka, endlich auch an der Ostküste, die vor 20 Jahren der Geheimtipp aller Strandliebhaber war. Bevor daraus ein Boom entstehen konnte, ließ der jahrelange Bürgerkrieg zwischen Regierungstruppen und tamilischen Rebellen alle Blütenträume welken. Jetzt, zweieinhalb Jahre nach dem Ende des blutigen Kampfes, werden zwischen Trincomalee und Pottuvil die Claims abgesteckt. Die deutschen Reiseveranstalter haben ihre Bettenkontingente kräftig aufgestockt und die großen Hotelketten aus Colombo ihre alten Häuser wie das Nilaveli Beach, das herrlich ruhige Pigeon Island oder das Chaaya Blu (früher Club Oceanic) renoviert und an vielen Stellen Bagger und Kräne für Neubauten auffahren lassen.

Auch weiter südlich, an den früher so abgelegenen Stränden von Passekudah, Kalkudah und Batticaloa, wo man an windstillen Abenden die Fische "singen" hören konnte, sind neue Herbergen entstanden. Preiswerte und gemütliche wie Monis Guesthouse bei Passekudah, luxuriöse und sündhaft teure wie Maalu Maalu und Uga Bay, beide bei Passekudah, oder das familiäre Deep Sea Resort in "Batti", wie die Stammgäste das Dorf Batticaloa nennen. Dort, an der längsten Lagune der Insel, treffen sich Wracktaucher aus aller Welt. Ihr Hauptziel ist der britische Flugzeugträger "Hermes", der 15 Kilometer vor der Küste in 50 Meter Tiefe liegt, von Korallen fast vollständig überwuchert. Zusammen mit einem Zerstörer war er 1942 von den Japanern versenkt worden, mehr als 300 Marinesoldaten hatten dabei den Tod gefunden.

Pottuvil, noch weiter im Süden, ist muslimisch geprägt. Wie in Trincomalee, dem nördlichen Gegenpol an der Ostküste, haben einige Hotels auch hier durch alle Wirren hindurch Gäste gehabt, manchmal allerdings waren es keine Touristen, sondern internationale Entwicklungshelfer und Minenräumer. Sie sind weitgehend abgezogen, und die Orte haben sich zum Teil stark verändert. So sind in Pottuvil die Ziegen und Kühe zwar nicht von den Stränden der Nachbarschaft, wohl aber aus dem Stadtbild verschwunden, und aus Sandpisten sind Asphaltstraßen geworden. Fast jeden Monat eröffnen dort, wie auch am Nilaveli-Strand, neue Bars und Beach-Clubs.

Der tamilisch besiedelte Norden hingegen, vor allem die vom Bürgerkrieg schwer gezeichnete Halbinsel Jaffna, ist noch nicht für einen "normalen" Tourismus zu empfehlen. Zu dürftig die Infrastruktur, zu bitterarm die Menschen, die erst jetzt nach und nach aus den Flüchtlingslagern in ihre fast völlig zerstörte Heimat zurückkehren. Zwar gibt es auch hier keine Checkpoints mehr, die zerschossenen Panzer sind fast alle weggeräumt. Aber bis auf wenige Gästehäuser in der Stadt Jaffna gibt es auf der gesamten gleichnamigen Halbinsel so gut wie keine Unterkünfte. Immerhin - und das ist viel wichtiger für die Bevölkerung - lässt die Regierung endlich einige Hilfsmaßnahmen in diesem Teil des Landes zu, der von der offiziellen Propaganda im Süden über Jahrzehnte als Feindesland gebrandmarkt wurde.

Auch der rührige Hamburger Sri-Lanka-Verein, der überlange Jahre segensreiche Arbeit vorwiegend im Südwesten geleistet hat, ruft seine Mitglieder und Freunde nun zu Spenden für ein Waisenhaus bei Kilinochchi, südlich von Jaffna, auf. Mit dem Geld soll die Weiterbeschäftigung von 23 Lehrern gesichert und ein kleiner Trecker für das Land gekauft werden, das von den elternlosen Kindern und ihren Helfern bewirtschaftet wird.

An der Arugam Bay ist inzwischen, gegen halb sieben am Abend, die kurze Dämmerung in die tropische Dunkelheit übergegangen. Die Vielvölker-Mannschaft im Stardust bereitet ein aufwendiges Barbecue am Strand vor, Lobster, Tiger Prawns, frischer Fisch vom Grill. Nilam betet zu Allah, dass kein Regen aufkommt, Samath, Chefkoch und Buddhist, hat vorhin noch eine Blüte vor die kleine Statue des Erleuchteten gelegt, und Nageshwari, die fromme Hindufrau, die zuständig für die Sauberkeit der Zimmer ist, hat noch einmal den Flur durchgefegt. Merete, die Hotelchefin aus Dänemark, ist auch an diesem Tag wieder stolz auf ihre Multikulti-Truppe.