Sharing heißt das neue Phänomen, das eigentlich ein altes ist. Der Trend: das eigene Zuhause für Touristen öffnen

Fotos von den Eltern fremder Menschen an der Wand. Im Gefrierfach liegen Reste eines Bratens. Staubsauger, Wäsche, Bürokram: alles da. Und mittendrin Touristen. Urlaub machen in der Wohnung eines Fremden? Gerade junge Reisende haben damit kein Problem. Ganz im Gegenteil: Private Wohnungen für die Ferien zu mieten sei richtig angesagt, sagt Jens Oellrich, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Tourismuszukunft in Eichstätt.

Das Phänomen ist nicht neu: In den 1960er- und 70er-Jahren räumten vor allem im ländlichen Raum Familien die Kinderzimmer leer und nahmen Feriengäste auf. "Das stirbt aus. Aber der gleiche Trend ergibt sich heute wieder, nur diesmal machen es vor allem junge Leute", sagt Oellrich. Die Geschäftsführerin des Deutschen Tourismusverbandes in Berlin, Claudia Gilles, hat im Vergleich zum Fremdenzimmer auf dem Bauernhof eine weitere Veränderung beobachtet: "Mittlerweile erwarten die Gäste mehr Komfort."

Portale wie Wimdu, Airbnb, 9Flats oder Couchsurfing sind die Vorreiter. Das Angebot reicht vom einfachen Klappsofa bis hin zum luxuriösen Ferienhaus, das der Besitzer vermietet, wenn er selbst es nicht braucht. Die Webseiten sind alle ähnlich aufgebaut: Privatleute erstellen ein Profil für ihre Wohnung. Nutzer finden Fotos der Räume, eine Beschreibung zu Ausstattung und Lage, den Preis, manchmal ein Foto des Bewohners sowie Bewertungen und Kommentare ehemaliger Gäste.

Doch es gibt Unterschiede: Bei Airbnb, Wimdu oder auch Housetrip stehe das Besondere im Mittelpunkt, nicht unbedingt das Billige, erklärt Oellrich. Solche Portale seien etwas für Urlauber, die Städtereisen machen wollen, sich für Insider-Informationen interessieren und andere Einblicke bekommen wollen als Pauschaltouristen. Meistens steht den Gästen die gesamte Wohnung zur Verfügung.

"Couchsurfing ist dagegen eher experimentell", sagt Oellrich. Die Gäste schlafen meist gleichzeitig mit dem Gastgeber in der Wohnung, mieten also nur die Couch. Außerdem koste es in der Regel kein Geld. "Das ist zum Beispiel etwas für Backpacker."

Ansonsten variieren die Preise für die Unterkünfte: Zwischen 30 und 100 Euro müssen Urlauber für eine Nacht in einer privaten Stadtwohnung kalkulieren. Buchung und Bezahlung laufen über die Plattform. Für manche Reisende sind allerdings Hotels die bessere Wahl - auch wenn sie etwas teurer sind. "Hotels haben Prozesse, die Qualität ist standardisiert", sagt Oellrich. "Es ist egal, ob ich früh oder spät anreise, es funktioniert."

Andere Gäste schätzen dagegen das Gefühl, in den vier Wänden eines völlig Fremden zu wohnen. "Ich bekomme Einblicke in das Leben eines anderen", sagt Gilles. Nach Ansicht von Oellrich ist die Privatzimmervermietung eher etwas für offene Menschen, für Reisende, deren Urlaub ein Erlebnis werden soll, die vorher gar nicht genau wissen wollen, was sie erwartet.

Die Kehrseite der Medaille zeigt Thomas Lengfelder vom Hotel- und Gaststättenverband Dehoga in Berlin: "Das sehen wir mittlerweile als riesigen, zweiten, grauen Hotelmarkt an." Der hat seiner Ansicht nach nicht nur für die Steuereinnahmen der Stadt, für die Hoteliers und für die Nachbarn der vermieteten Wohnungen Nachteile, sondern auch für die Urlauber. Hotels hätten spezielle Auflagen für Brandschutz und Fluchtwege, zum Beispiel eine Direktschaltung zur Feuerwehr. In Privathäusern seien die nicht erfüllt.

"Wir haben nichts gegen Privatpersonen, die mal ein Zimmer untervermieten", sagt Lengfelder. Aber einige Anbieter träten als private Mieter einer Wohnung auf, ohne auch nur eine Nacht selbst darin geschlafen zu haben.

Diese nur scheinbar privaten Angebote ließen sich von echten kaum unterscheiden, sagt der Hotelier. Oellrich rät, sich die Kommentare durchzulesen. Daraus lasse sich erkennen, ob der Anbieter eine Firma oder ein Student ist. Das Zimmer mag dann zwar weniger perfekt sein, aber dafür authentisch.