Reisemesse, Frühjahrsferien und norddeutsches Schmuddelwetter: Halb Hamburg diskutiert, wo man in diesen Tagen am besten Urlaub macht.

Das Schönste am Winter ist der Schnee. Das erste Mal habe ich ihn diese Saison im Dezember gesehen, als er sich für ein paar Tage wie ein weißer Teppich über Hamburg legte. Ich genoss die Stille, die er über die Stadt brachte, das Geräusch meiner Laufschuhe beim Joggen und den Duft von Kaminfeuer, den man komischerweise nur dann riechen kann, wenn es gerade geschneit hat. Leider war der Zauber sehr bald dahingeschmolzen. Hamburg trägt seit Wochen einen mausgrauen Mantel - und ich will weg! Dorthin, wo der Schnee nicht nur der überflüssige Wurmfortsatz des Winters ist, sondern sein Herz und seine Seele. Ich will in die Berge! (Stéphanie Souron)

Schnee in Hamburg - ein Traum. Weiß und weich ist die Stadt auf einmal, hell und leise. Ja, auch ich habe diese Tage im Dezember genossen. Ende des Jahres bin ich da sehr tolerant: Kälte gehört dazu, zur Weihnachtsromantik. Glühweinbecher können nur von kalten Fingern umklammert werden, und ein Laternenumzug verliert seinen Reiz, wenn es hell ist. Aber spätestens jetzt, Anfang Februar, reicht es. Ich ertrage die Kälte nicht mehr, die Dunkelheit, die Rotznasen, die kratzigen Schals. Die kalten Fliesen im Bad, das zugefrorene Auto am Morgen, die bleichen Gesichter in der U-Bahn. Schluss mit Winter, ich habe genug, ich muss hier weg. Und zwar weit. (Helene Gehret)

Eine Stunde Flug, zwei Stunden Skibus, und ich bin da. Beim ersten Atemzug habe ich das Gefühl, meine Lunge friert ein. Ja, es ist kalt in den Bergen. Es gibt auch sonnige Tage im Februar, aber dennoch sind minus 15° Celsius keine Seltenheit. Aber das macht nichts - es genügt ja, sich warm anzuziehen, den Rest erledigt die körpereigene Heizung beim Skifahren. Und wenn die Sonne uns beehrt, sieht die Welt aus wie von Walt Disney persönlich entworfen: Der Schnee glitzert silbern, auf den Tannen liegen weiße Wattebäusche, und der Himmel ist ein Traum in Knallblau. Ich lasse mich in den erstbesten Liegestuhl auf der Terrasse fallen und proste den Bergen zu.

Ich liebe schon das Ankommen: Ich steige aus dem Flugzeug und laufe gegen eine Wand aus warmer, feuchter Luft. Die Flip-Flops habe ich im Handgepäck, raus aus den dicken Socken, Glück ist barfuß! Ich rieche: Blüten, Gewürze, Salz. Und meist zirpen irgendwelche Grillen. Sogar das Röhren der Klimaanlagen ist Musik in meinen Ohren. Jetzt beginnt bei mir das Dauergrinsen, das ich für die nächsten drei Wochen behalten werde. Im Februar oder März in die Sonne zu fliegen ist überaus clever: Man flieht vor den schlimmsten Auswüchsen des norddeutschen Jahres. Ich nehme um diese Zeit deshalb gerne meinen Jahresurlaub. Denn wenn man lange genug wegbleibt, hat man es fast bis in den Frühling geschafft. Bis dahin gilt: Leichtes Gepäck (Bikini statt Ski!) und Literatur (endlich Zeit!) reichen, um wunderbare Wochen in der Wärme zu verbringen. Langweilig wird's nie: Zum Auftauen verbringe ich mit meiner Familie ein paar Tage am Strand, danach holpern wir mit dem Mietwagen durchs Land.

Zwölf Stunden Flug, und dann noch auf Rundreise gehen? Das klingt für mich nicht gerade nach Erholung! Ich bin das ganze Jahr unterwegs, ich muss im Urlaub nicht auch noch jeden Tag die Koffer packen. Mir reicht ein tief verschneiter Hang, dann vergesse ich alles, was zu Hause unter dem Aktenzeichen "wichtig" läuft. Job, Rechnungen, Abgabetermine - alles weg. Ich sehe nur noch diesen Hang und seine schier unendlichen Möglichkeiten. Soll ich den ersten Schwung rechts ansetzen oder links? Die Baumgruppe in der Mitte weiträumig umfahren oder ab durch die Mitte? Und den kleinen Buckel am Ende der Piste, kann man den als Sprungschanze nutzen? Solche Entscheidungen muss das Hirn im Sekundentakt fällen - und manchmal landet dabei auch der Kopf zuerst im Schnee. Vielleicht sollte ich die nächste Abfahrt etwas gemütlicher angehen? Aber sei's drum: Die Endorphin-Ausschüttung nach einem Skitag ist so groß, dass ich abends nur noch entrückt lächeln kann.

Dann das erste Abendessen - surreales Glück. Meeresrauschen statt Eiskratzen, klirrende Gläser statt klirrender Kälte. Langsam lösen sich die seit Wochen verspannten Muskeln in den Schultern - kein kalter Zug, der einem ins Genick kriecht. Eine milde Brise befeuchtet stattdessen die heizungsluftgepeinigten Nasenschleimhäute. Und bei diesem ersten Abendessen umgibt uns die Verheißung der Nacht als Verheißung des Urlaubs - das Leben findet wieder draußen statt, und es ist ruhig und wohlig. Und vor allem: Wir können uns der völligen körperlichen Passivität hingeben, ohne dabei einzufrieren.

Skifahren ist Bewegung, aber hallo! Ich kenne nur wenige Sportarten, die konditionell so anspruchsvoll sind wie das Bergab auf zwei Brettern. Steilhänge und Buckelpisten verlangen eine Mischung aus Kraft, Kondition und Beweglichkeit, dagegen ist die Joggingrunde um die Alster ein Kindergeburtstag. Die Luft da oben ist dünn, das Herz pumpt, und die Lunge rasselt. Ich fordere meinen Körper - und ich habe das Gefühl, er mag das.

Am nächsten Morgen der wohlige Schock: Es ist hell! Aufstehen verliert seinen Schrecken, denn nicht nur unter der Decke ist es warm. Die Luft im Schlafzimmer: Leicht, wir haben ja mit offenem Fenster geschlafen, wir Rebellen. Ich laufe im Hemd durchs Zimmer, hinaus auf die Terrasse. Taste mit den Zehen vorsichtig nach dem Tau. Um nichts in der Welt möchte ich jetzt in klamme Thermounterwäsche steigen.

Fleece, Jacke, Handschuhe, Skibrille, Skipass, Helm, alles dabei? Dann kann es losgehen, raus in den Winter. Man muss in den Bergen nicht jeden Tag Ski fahren. Der Schnee ist eine Spielwiese, auf der viel geht: Schneeschuhwandern, Schlittenfahren, Eisstockschießen, Langlaufen. Langweilig wird es mir in den Bergen nie. Und wenn man am Nachmittag von der Piste abschwingt - weil die Lifte ja auch mal eine Pause brauchen -, ist der Tag noch längst nicht zu Ende. Dann beginnt nur der gemütliche Teil: Man trinkt eine große, heiße Schokolade und streckt die Beine in der Sauna aus. Wer den ganzen Tag am Strand gelegen hat, weiß solche Momente nicht zu schätzen.

Nun ja, nach einem Tag am Strand brauche ich keine Sauna mehr. Ich habe weder blau gefrorene Zehen noch Lust auf einen Menthol-Aufguss, um die Nebenhöhlen frei zu kriegen. Das hat längst das warme Meer erledigt, in dem ich den ganzen Tag mit den Kindern herumgepaddelt bin. Kleinkinder sind übrigens ein weiterer Grund, die Wärme und das Weite zu suchen: Die Möglichkeit für Trotzanfälle ist um gefühlte 98 Prozent geringer, wenn die Kinder so lange im Wasser bleiben dürfen, wie sie wollen. Wenn man sich die ewigen Diskussionen ersparen kann, ob man bei minus acht Grad geschlossene Schuhe braucht oder nicht. Und den Spielplatzbesuch nicht vorzeitig beenden muss, nur weil zum schneidenden Ostwind jetzt auch noch Eisregen kommt. Februar in Fernost heißt: aufstehen, Tür auf, Kinder raus. Riesige Sandkiste. Unendlicher Frieden. Keiner hustet, keiner schnieft. Ich bin im Paradies.

Mein Paradies heißt Val d'Isère, es ist ein kleiner Ort in den französischen Alpen mit einer hübschen Kirche im Dorf und fast 400 Pistenkilometern im Nacken. Mit Crêpes au Grand Marnier, Bœuf bourguignon und einem Käsefondue, bei dem einem Kühe auf den Teller glotzen, weil das Restaurant direkt neben ihrem Stall liegt. Überhaupt ist das Abendessen Teil meines Winter-Glücks: Hinten prasselt das Kaminfeuer, auf den Tellern liegen große Portionen Fleisch, Kartoffeln und Gemüse, dampfend heiß und mit viel Knoblauch und Rotwein serviert. Ich weiß nicht, ob es daran liegt oder an dieser tiefen, inneren Zufriedenheit, aber nirgends schlafe ich besser als in den Bergen.

Irgendwann geht es zurück. Wir fühlen uns wie Sommer und sehen auch so aus. Die Akkus sind bis zum Anschlag gefüllt, den letzten kalten Tagen in Hamburg sehe ich entspannt entgegen. Ich weiß ja, dass sich das Warten lohnt. Die Tage sind jetzt schon länger, bald kommen der Frühling und der Sommer. Zurück in Hamburg machen wir zwar die Heizung an, aber immer mal wieder vorsichtig das Fenster auf.

Auf dem Rückflug ist der Kopf voll, das Herz schwer. Sechs Tage im Schnee sind viel zu kurz! Die Hamburger Schüler haben es da besser: Nicht ohne Grund heißen die zwei schulfreien Wochen hier "Skiferien" - und nicht etwa: "Strandurlaub". Kinder, merkt ihr was?