Wenn meine Eltern seinerzeit aus der Sommerfrische in Tirol oder dem Sauerland zurück nach Hamburg kamen, sagten sie meistens: "Davon werden wir noch lange zehren." Das war damals, vor mehr als 50 Jahren, der erste Teil ihres Urlaubsrückblicks. Der zweite folgte, wenn die Bilder entwickelt waren. Das konnte dauern, denn in der Regel war der Film noch nicht voll, er musste "abgeknipst" werden. Später wurden die Fotos mit viel Liebe sorgfältig in ein Album geklebt, zusammen mit Eintritts- und Speisekarten.

Diese und ähnliche Rituale führen in eine Zeit zurück, in der man seine Reisen gern "Revue passieren" ließ. Der neuerdings so inflationär gebrauchte Begriff "nachhaltig" hätte gut gepasst, er war aber noch nicht erfunden. Heute werden fotografierte Erinnerungen digital gespeichert, sofort versendet oder bald wieder gelöscht. Alles andere am modernen, politisch korrekten Urlaub muss sich allerdings als so nachhaltig wie möglich darstellen lassen.

Auch auf der Hamburger Reisemesse, die am Mittwoch beginnt, wird wieder entsprechend gepredigt und schwadroniert werden, meistens gut gemeint, nicht selten aber auch nur als Anpassung an den Zeitgeist. Aber was meint eigentlich dieser Begriff? Jedenfalls etwas ganz anderes als der lang anhaltende Rückblick von früher. "Natürlich regenerierbar", schlägt das Online-Lexikon Wikipedia als eine von vielen Definitionen vor. Oder auch, schwülstiger geht's kaum, "... der Komplexität des Nachhaltigkeitsmanagements in großen und kleinen Unternehmen gerecht werden". Alles klar?

Der sanfte Tourismus, der über ein Nischendasein nie hinausgekommen ist, ist tot, es lebe der nachhaltige Tourismus. Aber wo zwei Dutzend engagierter Experten noch immer um die eindrucksvollste Beschreibung ringen, suchen Millionen Urlauber wie eh und je am liebsten Fun und Action, Sonne und Strand - gern auch sanft oder nachhaltig, wenn es denn nichts kostet und das grüne Gewissen sozusagen nebenbei beruhigt wird.

Hotels in aller Welt waschen Handtücher nur, wenn sie auf dem Fußboden liegen, und trennen "innovativ" den Müll. In immer mehr Alpendörfern müssen die Autos am Ortseingang abgestellt werden. Und zum Mont Saint Michel pendeln neuerdings nicht nur Busse mit jeweils 95 Passagieren, sondern auch Pferdewagen, was beides (!) als "Rückkehr zu den Wurzeln" und allen Ernstes als "nachhaltig" verkauft wird.

Noch nerviger agieren allerdings Resorts und Reisefirmen, PR- und Werbeagenturen, die jede Energiesparlampe als "beispielhafte Umweltaktion", jede Ansammlung von mehr als fünf Holzbungalows als "Ökodorf" und jeden Sprachkursus bei einheimischen Familien als "verantwortungsvollen Bildungstourismus" verkaufen. So viel heiße Luft wirkt eher vordergründig als nachhaltig.