Nach Haiti zu fliegen treibt einen schon in die Demut. Aber über Paris nach Haiti zu fliegen schädigt die Seele in ungekanntem Ausmaß. Vive l'Air France. Man "steigt um", vom Flughafen Charles de Gaulle (23,2 Kilometer nordöstlich Paris) nach Orly (13 Kilometer südlich Paris). 33 Kilometer Luftlinie gilt es zu überwinden, aber am Boden. Das klappt angeblich so am besten: In CDG (Gaulle, klar) einfach zum Ausgang 34, dann 19 Euro bereithalten und den Bus Linie drei besteigen.

Zu glauben, Ausgang 34 sei leicht zu finden, ist ein Witz. Aber wofür gibt es himmlisches Bodenpersonal? "Monsieur", lächelt mich eine vom guten Geiste nieder, "zwei Hallen weiter ist eine Information ..." Dort eine riesenlange Schlange. Die Vorstellung, alle suchen Ausgang 34, schreckt mich ab. Wozu war man einmal Pfadfinder. Nach zwölf Minuten bin ich von Rührung gepackt, tränenblind: Nr. 34, Ausgang aus dem Dilemma. Und eine riesenlange Schlange. Ich zähle durch: Erst in drei Bussen wäre ich dran. Also ab ins Taxi, die Umsteigezeit zum Flieger beträgt ja nur drei Stunden. Der Fußmarsch zur Station ist in sechs Minuten bewältigt. Ein weiterer flüchtiger Glücksmoment: Vor mir harren höchstens 60 andere auf ihren Taxi-Trip. Aushalten, auch wenn die Blase drückt. So eine Position gibt man nicht her.

Es ist vollbracht: Der Taxi-Mac strebt zügig dem Boulevard Périphérique entgegen - um sich dann den ersten Stau einzufangen. "Pas de problème, Monsieur", schnurrt er herunter. Für ihn sowieso nicht - er kann seine ersten vier Handy-Telefonate dieses frostigen Morgens erledigen. Ich sitze im Fond und denke: Wird schon nicht so schlimm sein.

Wird es doch. Eine Stunde und 58 Minuten sowie 15 gefühlte Staus und 74 Euro auf dem Taxameter später ist mein "Transit à la française" noch nicht beendet. Dabei habe ich es noch gut, dies ist immerhin der Anlauf zu einer Woche Haiti. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie aufgeschäumt ich als Eintagsflieger nach Biarritz gewesen wäre.

Als wir nach zwei Stunden, 17 Minuten und "macht 90 Euro!" am Aéroport Orly vorfahren, ist mein einst so romantisches Verhältnis zum Fliegen endgültig abgestürzt. Die charmelose Dame am Schalter macht mir wenig Hoffnung, dass ich den Flug noch erwische. "Aber ich komme von Charles de Gaulle ..." Madame zwingt meine Illusionen endgültig in die Realität: "Dann hätten Sie vielleicht früher fliegen müssen." O, là, là, Paris.

Noch zwei Taschen-leeren-Gürtel-raus-Schuhe-aus-Leibesvisitationen, strammes Rennen zum Gate. Schon sitze ich auf Platz 39c. Die Durchsage: "Willkommen auf unserem Flug nach Guadeloupe." O Gott, Guadeloupe, weitere Zwischenstation vor Haiti.

Gibt es da eigentlich auch ein Guadeloupe CDG und ein Guadeloupe Orly? Ehrlich, mich shuttelt es!