In den kommenden sechs bis zehn Jahren sollen bis zu 30 neue Hotels auf den Malediven öffnen. Bezahlbar werden nur die wenigsten sein.

Machen Sie sich wegen Ihres Bodyguards keine Gedanken! Lassen Sie ihn einfach zu Hause, kommen Sie alleine!" Das sagt Ernst Mayer Celebritys wie Daniel Craig oder Rory McIlroy, wenn sie ihn auf der Insel Meradhoo im südlichen Gaafu-Atoll der Malediven besuchen wollen. "Bodyguards werden hier nicht gebraucht", sagt der Hoteldirektor des Dhevanafushi. "Für die Sicherheit sorgen die Riffe. Den Weg zur Insel kennen nur Leute mit Ortskenntnissen."

Dieser natürliche Schutz vor neugierigen Blicken ist nicht der einzige Luxus, den das teuerste Resort der Malediven zu bieten hat. Eher ist es so, dass das Gesamtpaket der pure, an Dekadenz grenzende Luxus ist. Da wuchert auf 44 000 Quadratmeter Fläche saftiges Dschungelgrün vor weißem Strand, und da geht an anderer Stelle der Infinity Pool erst über in das Türkis des Indischen Ozeans und dann in das Azurblau des unendlichen Horizonts. "Auf den Malediven wollen wir die Nummer eins unter den Luxusanlagen sein", sagt Hoteldirektor Mayer, und vom Preis her ist es das Dhevanafushi, das von der in Dubai ansässigen Jumeirah-Kette betrieben wird, schon. Eine Nacht kostet zwischen 2000 und 18 000 US-Dollar pro Bungalow. Der Gast kann wählen zwischen einer der 22 Villen auf dem Festland, jede zwischen 200 und über 300 Quadratmeter groß, oder einer der 16 Wasservillen, die "Ocean Pearls" genannt werden und 850 Meter vor der Insel auf Stelzen im Meer stehen. Sie sind ausschließlich per Boot erreichbar.

Wer noch mehr Einsamkeit will, kann sich auf eine nahe Robinson-Insel mit Namen Minimenza übersetzen lassen und dort einen weiteren Farbrausch unter Wasser erleben - oder auch einen Sonnenuntergang an Bord eines traditionellen Fischerboots, Dhoni genannt, genießen. Wer nun sagt, er habe das alles doch von den Malediven schon gehört, hat damit so unrecht nicht. Das einstige Taucher-Paradies ist längst zum Rückzugsort geworden für die Wohlsituiertesten unter den Gestressten und Ausgebrannten, und "One island, one resort" ist schon länger das Motto der Champions League des maledivischen Erholungsgewerbes.

90 Prozent der Resorts haben fünf Sterne und mehr, doch zum Dhevanafushi, das bei Eröffnung das 101. Resort auf der Inselkette südwestlich von Indien und Sri Lanka war, sagt Royston Ellis, Autor vieler Publikationen über die Malediven: "Ich habe sehr viel Zeit verbracht in den High-End-Luxusanlagen und dachte, ich hätte alles an Qualität, Komfort und Schönheit schon erlebt - aber zu all dem kommt im Jumeirah Dhevanafushi der Akzent eines auf einzigartige Weise durchdachten, jedem Gast exklusiv gewidmeten Servicecharakters." Ellis spricht von einer "neuen Definition von Luxus, Vergnügen und Umsorgtsein", die das Dhevanafushi für seine Gäste bereithalte.

Das Umsorgtsein beginnt schon bei der Ankunft auf dem Flughafen Ibrahim Nasir in der Hauptstadt Malé, wenn ein Abgesandter in weißer Uniform die Gäste namentlich begrüßt und sie in die Moonima Lounge geleitet, wo sie auf den Weiterflug warten. 400 Kilometer geht es in Richtung Süden mit einem Propellerflugzeug der Maldivian - in den ersten Reihen, die für den rund einstündigen Flug als Jumeirah Class mit einem Vorhang vom Rest der Kabine abgetrennt sind. "Das gilt für jeden Passagier", sagt Ernst Mayer, und am Abreisetag wird ebenso verfahren.

"In der Zeit dazwischen", sagt der aus Salzburg stammende Endfünfziger, "dürfen Gäste bei uns Top-Service, absolute Privatsphäre und außergewöhnlich viel Platz erwarten." Selbst wenn das Resort ausgebucht ist, zählt es weniger als 80 Gäste. Um ihr Wohlergehen sorgen sich knapp 250 Angestellte, von denen kaum etwas zu sehen ist. Abgeschirmt wohnen sie in Bungalows in der Mitte der Insel. Mayer konnte bei den Einstellungen unter fast 5000 Bewerbern nur die am besten geeigneten auswählen, die dann von einem Personal Trainer aus New York für ihre kommenden Aufgaben geschult wurden.

Für das Jahr 2012 strebten die Malediven erstmals die Zahl von mehr als einer Million Touristen an; schon im Jahr davor lag die Wachstumsrate "bei fast 20 Prozent", sagt Simon Hawkins vom Tourismusministerium der Malediven mit Stolz. Und noch vertrage das Paradies weitere Expansion. In den kommenden sechs bis zehn Jahren sollen bis zu 30 neue Resorts eröffnen - unter Berücksichtigung wesentlicher Bedingungen, fügt Marketing-Direktor Hawkins an: "Wir wollen kein zweites Südspanien mit Massenhotels an jedem Küstenstreifen werden." Durchschnittlich "etwa 1300 Quadratmeter pro Badehandtuch" stünden derzeit jedem Urlauber zur Verfügung, sagt Hawkins - und dass es dabei bleiben soll: "Wir werden die Inseln nicht überfrachten."

Wenn nun weitere der insgesamt 1190 Inseln verleast werden - 110 sind schon bebaut, weitere 200 werden von Einheimischen bewohnt, der Rest ist noch leer stehend -, sind sie bei Investoren als Renditeobjekte heiß begehrt. Die maledivische Regierung will im wichtigsten ihrer Wirtschaftszweige künftig in stärkerem Maße als bislang mittlere Märkte erschließen. Etwa mache der Inselstaat Mauritius in dieser Hinsicht "jetzt noch einen besseren Job als wir", sagte Hawkins. "Sie pushen Anlagen im auch für Alltagsverdiener bezahlbaren Segment."

Die Malediven wollen nachziehen - weil sie es wollen, nicht, weil sie es müssten, betont Hawkins: "Die Malediven kennen keine Wirtschaftskrise." Die Schwäche der Euro-Zone wird durch eine regelrechte Explosion des chinesischen Marktes mehr als wettgemacht. Das kommunistische Land zählt heute eine Million Millionäre, rechnet Hawkins vor. Zudem können chinesische Urlauber die Malediven ohne Visum bereisen, was für sie selten ist. "Und russische Oligarchen", sagt Hawkins noch, "lieben unsere Inseln auch."

Das angestrebte neue Geschäftsmodell der Familienfreundlichkeit setzt die Jumeirah-Gruppe mit ihrem zweiten neu eröffneten Resort bereits jetzt um: mit dem Vittaveli auf der Insel Bolifushi in Bootsnähe der Hauptinsel Malé, das mit 91 Villen und Suiten auf 99 000 Quadratmeter Fläche ähnlich exklusiv ist wie das Dhevanafushi, nur kinderkompatibel obendrein. "Unser Anspruch ist es, das beste Familienresort der Region zu sein", sagt der Chef der Anlage, Ian Phillips. Mit Ausnahme des abgesperrten Strandabschnitts unweit der Bootsanlegestelle, an der allabendlich vor Sonnenuntergang die spektakuläre Fütterung der Stachelrochen stattfindet. Babyhaie trachten den Mantas nach ihrer blutigen Beute; es ist ein gischtumtostes Gemetzel um die fleischigsten Stücke, welche das Küchenpersonal aus riesigen Bottichen zum Fraß in die Brandung wirft. "Wir respektieren den Lebensraum der Mantas, sie waren vor uns da", sagt Phillips. Das Füttern der Rochen solle gewährleisten, "dass sie ihre Friedlichkeit nicht irgendwann durch Hunger verlieren".

Die Dinge bewahren, wie sie sind - dieser Grundsatz treibt viele der Hotelbetreiber an. Mit Hunderttausenden Säcken Sand wird jährlich allein im Dhevanafushi aufgeschüttet, was das Meer verschluckt hat; Palmen werden angepflanzt, wo noch nicht ihr Schatten auf Tagesbetten die Glut der Sonne mildert. Mit Energiegewinnung durch die Sonne lässt die Regierung den Hotels noch ein paar Jahre Zeit. Erst 2020 müssen 60 Prozent aller erzeugten Energie von Solaranlagen stammen.

Das neueste Resort der Malediven, das Residence Maldives, liegt im touristisch weitgehend unerschlossenen Süden, im Gaafu Alifu Atoll. Auf der Resort-Insel Falhumaafushi stehen 94 Villen am oder im Wasser. Wer es ruhiger mag, kann im Gaafu Alifu Atoll das Park Hyatt Hadahaa mit seinen 50 Villen ansteuern. Ein Hotspot ist auch das im Frühjahr eröffnete Viceroy Maldives Resort im Shaviyani Atoll, es liegt weit im Norden ebenfalls außerhalb der touristischen Kernzone. Dort kommen auch Familien mit Kindern auf ihre Kosten. Der Resort-eigene Klub Generation V betreut Vier- bis Zwölfjährige. Das Dusit Thani Maldives im Baa Atoll ist die von Malé aus am schnellsten erreichbare der 2012 eröffneten Anlagen. Das 100-Villen-Resort punktet mit einem 750-Quadratmeter-Pool. All diese Resorts sind viel günstiger als das Jumeirah Dhevanafushi - und einen Bodyguard braucht man auch dort nicht.