Wer in der Zeit des Kalten Krieges Ungarns Hauptstadt bereiste, war baff. Die "fröhlichste Baracke des Kommunismus" war westlich orientiert. Es gab Fast Food, westliche Filme in Kinos, Zeitungen am Kiosk und Bücher von Freud über Kafka bis Sartre. So viel Freiheit hatte man im Realsozialismus nicht erwartet.

Die Freiheit ist nun reduziert. Unter Ministerpräsident Viktor Orbán ist Nationalismus Bürgerpflicht. Alles, was aus dem Ausland kommt, ist fremd und - außer den Devisen der Touristen - als bedenklich anzusehen. Auch Plätze, die Namen fremdländischer Prominenter und Orte tragen. Budapests Roosevelt-Platz etwa, zentraler Zugangsort zur berühmten Kettenbrücke, heißt seit einigen Monaten István Széchenyi tér (tér = Platz). Das ist seltsam, denn Franklin D. Roosevelt, von 1933 bis 1945 US-Präsident, spielte "eine entscheidende Rolle im Kampf gegen Nazi-Deutschland und bei der Gründung der Nato und damit auch für die Freiheit Ungarns", so der kritische "Pester Lloyd". Vorsichtig hat die US-Botschaft in einem offiziellen Statement Verständnis für die Umbenennung des Platzes gezeigt, nicht aber die 84-jährige Enkelin Roosevelts, die verärgert einen Brief an den Budapester Stadtrat schrieb und an den Einsatz ihres Großvaters erinnerte. Die Stadtverwaltung bestreitet den Erhalt eines solchen Schreibens. Und gegen Graf István Széchenyi, der als ehemaliger Staatsmann den Titel "Größter Ungar" trägt, sei doch nichts einzuwenden. Nein, das nicht, aber in Budapest ist Széchenyi fast inflationär: Ein Thermalbad trägt seinen Namen, Straßen, Institutionen.

Beim Elvis-Presley-Park an der Margaretenbrücke waren die Nationalisten nicht ganz so streng, aber nur noch ein Flecken des Parks heißt so. Ein Rondell, das den Namen von Ronald Reagan trägt, behielt ihn bisher. Der konservative US-Politiker scheint dem konservativen ungarischen Staatschef ein Vorbild zu sein. Doch wenn Reagan wüsste, dass nun sogar die Brücke und der Platz, die den Namen Freiheit tragen, zur Disposition gestellt sind - das würde dem Freiheitsfanatiker nicht gefallen.