Kleine Fluchten: Im Hotel Hafenresidenz in Stralsund herrscht nordische Atmosphäre im alten Gemäuer eines ehemaligen Pumpenhauses

Wie in vielen Städten Ostdeutschlands standen nach der Wende auch in Stralsund einige Gebäude leer und warteten auf neue Besitzer. So auch das Backsteingebäude an der Seestraße in unmittelbarer Nähe des Strelasunds. Seit dem Frühjahr ist hier das Vier-Sterne-Hotel Hafenresidenz untergebracht, ein Höhepunkt in der Hafengegend der Hansestadt.

In dem 1905 errichteten Gebäudekomplex befand sich zunächst das Pumpenhaus. Später war es der Reparaturstützpunkt für die Schiffsmotoren der "Weißen Flotte". Zur DDR-Zeit war hier eine Abteilung des Seehydrografischen Dienstes untergebracht. Schon frühzeitig hat sich die Sewerdom GmbH um das Grundstück bemüht und schließlich den Zuschlag bekommen. Erwerb und Umbau kosteten 6,8 Millionen Euro.

Draußen am Eingang vermitteln Phönix-Palmen südländisches Flair. Innen herrscht nordische Atmosphäre. Das TMP Architektenbüro aus Leipzig unter Führung von Frank Thiele hat es designt, für den Innenausbau wurde viel Holz verwendet. Die Hälfte der 42 Zimmer und zwei Suiten haben Meerblick. Im ehemaligen Kassenraum befindet sich eine Bar mit Blick aufs Wasser. In der Etage darüber entstand der Tagungsraum, in dem das Parkett aus den 50er-Jahren und ein beeindruckendes Weltkarten-Relief erhalten blieben.

Der Frühstücksraum befindet sich in der Orangerie. Daran schließt sich das Restaurant Fürst Wizlaw an, benannt nach dem Gründer Stralsunds. Hier, im ehemaligen Pumpenhaus, herrscht eine gemütliche Atmosphäre, die vor allem durch das alte Gemäuer mit einer erhaltenen gusseisernen Kranbahn und aufgearbeitete schöne Industriefenster erzeugt wird. "Unsere Gäste erwarten eine regionale und bodenständige Küche. Deshalb haben wir uns gegen alle Experimente entschieden", begründet der Hotelmanager die Speisenauswahl. Von bemerkenswerter Frische sind die Filets vom Ostseebarsch, und auch das Kotelett vom herzhaft schmeckenden Havelländer Apfelschwein ist ausgezeichnet.

Geschäftsführer Uwe Colberg ist 1960 in Demmin geboren und in Stralsund aufgewachsen. Der gelernte Schiffbauer und spätere Student der Gesellschaftswissenschaften hat schon frühzeitig Erfahrungen in der Jugendarbeit gesammelt. Deshalb übernahmen er und seine Frau 1990 als Herbergseltern die Jugendherberge in Born auf dem Darß. "Daraus erwuchs der Wunsch, in die klassische Hotelbranche zu wechseln", schildert er seinen weiteren beruflichen Werdegang. So führte er zunächst das Hotel Dornbusch auf Hiddensee. Doch auf der abgelegenen Insel war es ihm zu ruhig, wie er bekennt. Deshalb nahm er das Angebot, die Leitung des Hotels Hafenresidenz zu übernehmen, gerne an.

Vor allem seine Erfahrung aus dem Jugendtourismus helfe ihm heute bei der Personalführung, ist er überzeugt. "Ich bin ein sozial eingestellter Mensch, und Zwischenmenschlichkeit ist mir sehr wichtig", sagt er und hilft seinen Angestellten bei Problemen wie etwa bei der Wohnungssuche. "Ich kann nur so gut sein wie meine Mitarbeiter um mich herum", ist seine Erkenntnis. Die positive Stimmung im Hause und die besondere Aufmerksamkeit dem Hotelgast gegenüber sind angenehm.

Auch für Kultur zeigt sich das Haus sehr aufgeschlossen. So wird hochwertige Kunst in den Räumlichkeiten ausgestellt - wie etwa die Werke des bekannten Hiddenseer Bildhauers Jo Harbort oder des berühmten Schweizer Malers Eugen Niederer, dessen Bilder aus dem Nachlass als Leihgabe im ganzen Hotel verteilt sind. Eine kulturelle Abwechslung und Bereicherung der besonderen Art. Zusätzlich finden von Oktober bis April einmal im Monat Sonntagskonzerte mit Künstlern des Theaters Vorpommern als auch mit der Hochschule für Musik aus Rostock statt, die immer sehr gut besucht sind.

Wer sich zusätzlich erholen möchte, kann dies im Wellnessbereich tun. Ausgestattet mit zwei Saunen, Ruheraum und Cardio-Raum befindet er sich im kleinen ehemaligen Pförtnerhaus. Dieses kann sogar trockenen Fußes vom Hotel durch einen unterirdischen, mit einer Glasabdeckung versehenen Gang erreicht werden. "Der Tunnel war bautechnisch die größte Herausforderung, da er praktisch unterhalb der Wasserlinie liegt", erklärt Uwe Colberg.

Für die Zukunft gibt es schon Expansionspläne wie den Ausbau des gegenüberliegenden Gebäudes mit 25 zusätzlichen Appartements. Außerdem bietet die Baltic-Sea-Gruppe, zu der fünf Hotels unter anderem auf Hiddensee und Rügen gehören, eine kombinierte Tour per Schiff zu den verschiedenen Häusern mit Aufenthalt an.