Kunsthandwerker, Philosoph und Lebenskünstler: Dänemarks wohl berühmtester Pfeifenmacher Bjørn Thurmann aus Svaneke auf Bornholm.

Ein gelbes Fachwerkhäuschen in einer Gasse zwischen Hafen und Marktplatz. Eine vollgestopfte Werkstatt, unordentlich und sehr gemütlich. Ein bärtiger Mann mit einem verschmitzten Lächeln, umgeben von Holzklötzen und Rohlingen, von alten Säge-, Fräs-, Schleif- und Poliermaschinen, dazu Dutzende verschiedener Messer, Beitel, Meißel, Schaber, Raspeln, Feilen und Kleber. Hinter dem Haus ein sympathisch verwilderter Garten, verblühte Bauernblumen, mehrere Räucheröfen, Angeln, Netze. Das ist die kleine Welt von Bjørn Thurmann, Dänemarks wohl berühmtesten Pfeifenmacher.

Die Saison auf der Insel ist zu Ende. Nur hin und wieder macht noch eine Yacht im Bilderbuchhafen von Svaneke fest. Jetzt, wo kaum noch Touristen auf ein Schwätzchen vorbeikommen, beginnt für Bjørn die Produktionsphase. Seit 14 Jahren schnitzt der Meister, der vielen Besuchern auch als Philosoph des Alltags in Erinnerung bleibt, seine Pfeifen auf Bornholm. Sie werden von Kennern, Genießern und Sammlern in ganz Europa geschätzt.

Mit Tabaken, Pfeifen und dem entsprechenden Zubehör ist Bjørn Thurmann aufgewachsen. Sein Vater hatte sich mit seinem Geschäft neben dem Rathaus von Kopenhagen längst einen Namen gemacht, als Bjørn vor 66 Jahren in der Hauptstadt geboren wurde. Der herbsüße Duft feiner Tabake hat ihn nach der Lehre um die halbe Welt begleitet. Jeweils für ein, zwei Jahre schnupperte er in legendäre Läden und Werkstätten hinein, etwa bei Dunhill in London und bei Ivan Ries in Chicago, Amerikas ältesten Tabakladen.

Später kaufte Bjørn für die Firma des Vaters in ganz Europa ein, auch in München bei Pfeifen-Huber und in Hamburg bei Pfeifen-Timm. Eines Tages fragten sich Vater und Sohn, warum sie nicht Pfeifen selber machten, ganz auf die Kundenwünsche zugeschnitten. So wurde der Name Bjørn Thurmann zu einem Qualitätsbegriff, weit über die Grenzen des Königreichs hinaus.

Jahrzehntelang schnitzte und polierte der Meister in Kopenhagen, bis ihm nach dem frühen Tod seiner Frau die Großstadt zu groß geworden war, zu laut und zu unübersichtlich. Stattdessen wurde ihm Bornholm, der märchenhafte Mikrokosmos in der Ostsee, zum idealen Refugium. Mit seiner fröhlich-kauzigen Art passte er zu den vielen Künstlern, die dort auf abgelegenen Bauernhöfen oder in Küstenstädtchen vor sich hin werkeln. Ein Sohn, Fotograf von Beruf, folgte ihm auf die Insel, der andere arbeitet auch mit Holz, er ist Zimmermann in Kopenhagen.

Manchmal, wenn er morgen schon um zehn anfängt und erst am frühen Abend die Poliermaschine abstellt, braucht Bjørn nur zwei Tage für eine Pfeife, die dann mindestens 600 Euro kostet. Zu anderen Zeiten, wenn er zu oft bei einem der exakt 105 Schritte bis zur fertigen Pfeife unterbrochen wird, wenn draußen die Sonne scheint oder ein guter Wind weht, schnappt er sich Angeln oder Netze, radelt bei einem Freund vorbei, macht das Boot klar und fährt aufs Meer hinaus, Fische fangen.

Es ist ihm nie darum gegangen, möglichst viele Pfeifen zu schnitzen, sondern nur solche, die seine Fans glücklich machen. Er arbeite zwar mit den Händen, aber Herz und Seele müssen immer dabei sein. Viele alte Stammkunden sind ihm nach Bornholm gefolgt.

Die Hamburger unter ihnen, so betont Bjørn, seien besonders treu. Manche kommen zweimal im Jahr, mieten sich in Siemsens Gaard ein Hotelzimmer, begutachten das Stück Bruyère-Holz, das Bjørn vor ein paar Monaten auf Korsika gekauft hat, reden über Maserung oder über die hohe Schule des Einrauchens. Dann erst suchen sie ein Prachtstück aus, das sie Wochen später abholen.

www.thurmann.dk