Kennen Sie den kürzesten Witz der Welt? Er geht so: "Geht ein Ire am Pub vorbei." Pointe verpasst? Kann passieren. Aber einen Besuch in einem Pub sollte man sich auf der grünen Insel nicht entgehen lassen. Die public houses sind Begegnungsstätte, Infobörse, Rednerpult und Konzertbühne in einem. Hier trifft man echte irische Typen: kauzig und melancholisch, aber extrem liebenswert, trinkfest und mitteilungsbedürftig. Sie stehen an den Theken und trinken und reden und trinken und reden. Manchmal sogar gegen die Live-Musik an. Es sei denn, es wird geträllert. Dann ist es mucksmäuschenstill, dem Sänger und seinen zumeist sentimentalen Strophen zu Ehren.

Und die Pubgänger stehen nicht selten Kopf. Etwa wenn im Fernseher ein Rugby-Match gegen England läuft. Dann stehen sie unter Strom, und das Stout-Bier fließt in Strömen. Manch einer gießt sich Guinness, Murphy's & Co. solange auf die Lampe, bis das Licht ausgeht.

In meinem Lieblingspub in Cork gingen unlängst sogar sämtliche Lichter aus: Stromausfall. Die meisten Gäste hatten es erst gar nicht bemerkt und einfach weitergeredet und -getrunken. Die alte Zapfanlage braucht schließlich keinen Saft aus der Dose. Still wurde es nur um die Zwei-Mann-Band auf der Bühne. Die Verstärker gaben keinen Mucks mehr von sich.

Die Kellnerin war nach nebenan geeilt. Mit einem Karton voll Kerzen unterm Arm kam sie zurück. Eine erhellende Idee. Im Kerzenlicht rückten die Pärchen enger zusammen. Die Band gab fortan handgemachte Musik zum Besten. Heruntergedimmt auch die Gäste. Im Flüsterton wurde weitergeredet, wohl wegen der weihevollen Stimmung. Kuschelatmosphäre im Pub. Ich genoss mein erstes Candle-Light-Guinness, als hätte ich wochenlang kein Bier getrunken.

Die Gesprächsthemen gingen nicht aus, das dunkle Stout auch nicht. Dafür langsam, aber sicher die Gläser. Die Warmwasserversorgung hing offenbar am Stromnetz. Warmes Spülwasser: Fehlanzeige. Als mal wieder einer der Tresenritter wortlos Zeige- und Mittelfinger in die Luft streckte (zwei Bier, bitte), musste der Wirt passen: Sorry, keine Trinkgefäße mehr. Die EU-Vorschriften zum sauberen Wirtschaften gelten auch in Irland.

Doch Not macht erfinderisch: Die Kellnerin, eine echte Lichtgestalt, erinnerte sich an die Kaffeemaschine. Darin befand sich noch heißes Wasser. Mit vereinten Kräften, Tassen und Löffeln wurde das kostbare Nass ins Spülbecken befördert - der Bierstrom konnte wieder fließen.

Irgendwann gingen die Lichter wieder an. Als hätte jemand den Schalter umgelegt, war auch die gemütliche Stimmung dahin. Die Gäste murrten, als wären sie aus einem schönen Traum geholt worden. Manchmal ist ein Stromausfall auch ein Glücksfall.