Vor gar nicht allzu langer Zeit war die Nutzung von Verkehrsflugzeugen zu privaten Zwecken ein Privileg. Ein ziemlich exklusives sogar. Passagiere wurden mit Handschlag begrüßt, und selbst im hinteren Teil der Kabine floss teurer Alkohol in Strömen.

Dieser einstige Glanz manifestiert sich bis heute in der Tatsache, dass auf dem scheinbar so elitären Feld jeder ein Experte sein möchte. Fördert ein Flugschreiber die einem Absturz vorangegangenen Gespräche zutage, füllen sich die virtuellen Leserbriefspalten in Minutenschnelle mit den Einschätzungen zahlreicher Freizeitfachleute, die das verunglückte Flugzeug womöglich hätten retten können. Droht ein Streik einer mitder Fliegerei verbundenen Berufsgruppe oder verzögert sich der Abflug, werden unverzüglich von Fachfremden Lösungsvorschläge und mögliche Konsequenzen aufgezeigt und erörtert. Dabei ist vom einstigen Glanz wenig geblieben. So wenig, dass man sich der Fliegerei kaum leidenschaftlicher verbunden fühlen müsste als den städtischen Verkehrsbetrieben.

An Bord einer Linienmaschine kann man sich heute oft genug fühlen wie auf einem Truppentransport. Extrawürste gibt es hier nicht, für niemanden. Das machen die Flugbegleiter jedem klar, der einen Sonderwunsch äußert. Das traut sich aber eh kaum einer. Vielmehr sind die meisten Passagiere bemüht, dem viel fliegenden Personal besonders höflich zu begegnen. Dankbar nehmen sie brennend heiße Aluschalen entgegen, in denen Pasta oder Chicken vor sich hinbrutzeln. Wie wenig diese Gerichte mit ihren Namen zu tun haben, offenbart sich schon darin, dass die Flugbegleiter auch auf deutschen Charterflügen hartnäckig auf der verfremdenden englischen Übersetzung bestehen.

Wirtschaftliche Realitäten und die Preise der Flugtickets sind völlig nachvollziehbare Gründe für diese Bewirtungspolitik. Schicksalsergeben klemmen sich die Fluggäste also in Sitzmöbel, die ein Übereinanderschlagen der Beine unmöglich machen - reine Thrombose-Prophylaxe und somit quasi ein menschenfreundlicher Akt seitens der Airline.

Es könnte alles unbequemer kaum sein. Und doch bedeutet die mühevolle Erfahrung Prestigegewinn. Nun können wir laut verkünden: "Lustig, das letzte Mal kam unser Gepäck auch auf Band 8 an." Oder Kennerschaft beweisen: "War wohl Rückenwind - die Verspätung haben wir wieder raus." Und warum fühlt sich das alles so gut an, dass sich kaum jemand solcher Sätze enthalten kann? Weil das Unbegreifliche - zig Tonnen am Himmel, die nicht herunterfallen, sondern oft sogar pünktlich landen - mal wieder gelungen ist. Und weil das Fliegen aller Alltäglichkeit zum Trotz noch immer etwas Faszinierendes ist.

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