Rovinj, die schönste Stadt Istriens, spielt wieder in der ersten Adria-Liga - statt auf Campingplätzen wird in mondänen Herrenhäusern übernachtet.

Fast verhallt das harte Klack-klack der High Heels vor dem Rauschen der Adria. Als Laufsteg nutzen die Schönen des Sommers - Italienerinnen die meisten - die glatten Felssteine vor dem Valentino in Rovinj. Doch die angesagteste Bar Istriens, wenn nicht gar von ganz Kroatien, ist fest in deutscher Hand. Locker plaudert Inhaberin Claudia Bambeck in verschiedenen Sprachen mit ihren internationalen Gästen. Das Rüstzeug erhielt die Düsseldorferin in Hamburg: "Von 1986 bis 1989 habe ich die Hamburger Fremdsprachenschule besucht und mein Diplom gemacht." Danach erholte sie sich im Urlaub in Rovinj und kehrte nach einem weiteren Jahr in der Hansestadt für immer dorthin zurück: "Der Liebe wegen", wie sie sagt.

Heute hocken Trendsetter und Touristen auf bunten Kissen und in weißen Korbsesseln auf dem Logenplatz am Meer, schlürfen passend zum Sonnenuntergang rosa Champagner und schauen meditativ aufs Meer bis hinüber zur vorgelagerten Katharineninsel. Als ob die Inszenierung nicht schon romantisch genug sei, verwandeln später abends drei Unterwasserlampen die Minibucht in ein beleuchtetes Aquarium.

Fast andächtig schrubbt die Deutsche jeden Morgen die weißen Steine rund um einen Gedenkstein: "Pico-bello sauber müssen sie sein, denn hier wurde 1720 der Sarkophag der Insel-Schutzpatronin Euphemia angeschwemmt." Laut Legende war die Heilige als Mädchen zur Zeit der Christenverfolgung bei Konstantinopel zu Tode gefoltert worden. Das war im Jahre 304. Auf wundersame Weise spülte die Strömung die Marmorkiste erst 500 Jahre später an die Küste von Rovinj. 1720 wurde eine eigene Kirche für Euphemia gebaut, deren Glockenturm sie als drei Meter hohe windbetriebene Drehfigur krönt. "Bevor wir eine Gruppe begleiten, bitten wir um ihren Segen", sagt Zoran Jeremiæ, der zwei Jahre lang als Doorman im Hotel Marriott in Hamburg beschäftigt war, jetzt hier an der Tourismusschule unterrichtet und als Reiseleiter im Einsatz ist.

Rovinj gilt als italienischste Stadt Istriens, denn von 1283 bis 1797 stand die einstige Insel unter venezianischer Schirmherrschaft. Heute zählt nur ein kleiner Landstrich von Istrien zu Italien, während ein Teil des Nordens zu Slowenien und der größte Teil als eigener Verwaltungsbezirk zu Kroatien gehört. Doch der Nachbar Italien lässt überall grüßen. So ist die 2830 Quadratmeter große Halbinsel offiziell zweisprachig: Kroatisch/Italienisch. Und gern versucht man, sich gegenseitig zu übertrumpfen.

+++Mit Bello ins Ausland - das müssen Sie beachten+++

Beispiel Wein - inzwischen spielen auch die Winzer der Adria-Halbinsel in der ersten Liga mit. Die Rebsorten Malvasier (Weiß) und Teran (Rot) dominieren die Anbauflächen. Weinbauern wie Marino Marke{zcaron}iæ vom Weingut Kabola bei Momjan und Ivica Matoseviæ vom gleichnamigen Weingut in Krunèiæi haben bereits internationale Auszeichnungen erhalten.

Präsident der kroatischen "Jeunes Restaurateurs d'Europe (JRE)" (Int. Vereinigung junger Spitzenköche) ist Teo Fernetich, dessen Landhotel San Rocco in Brtonigla zu den heimlichen Hideaways zählt. Die Küche wurde mit zwei Gault-Millau-Hauben gekrönt, sein selbst produziertes Olivenöl gewann eine Goldmedaille.

Überall hat die feine Lebensart Einzug gehalten. Im Herbst stehen Trüffel auf der Speisekarte. Hunde ersetzen in Istrien die Trüffelschweine, ganze Rudel werden im Festungsstädtchen Motovun gehalten - wie viele Orte im Mittelalter zur Verteidigung auf einem Hügel gebaut. Ein Freiluftkino gibt es im Geburtsort des ehemaligen Formel-1-Fahrers Mario Andretti, im August das internationale Filmfestival, die Stephanskirche des berühmten Baumeisters Andrea Palladio steht hier und das Hotel Kastel, ein Palast aus dem 17. Jahrhundert, hinter dessen roter Fassade sich ein edles Spa verbirgt - mit Wein-, Oliven- und Trüffelbehandlungen natürlich.

"No pizza, no cevapcici - creative cuisine" steht an einem Lokal in Rovinj, damit niemand auf den Gedanken kommt, womöglich mit Billigkost aus der Urzeit des Tourismus abgespeist zu werden. Wer als Wirt auf sich hält, serviert edlere Genüsse. Wie Danijel Dekic und seine Frau Tjitske aus Holland, die das Gourmetrestaurant Monte auf dem Altstadthügel betreiben. Danijel zaubert gewagte Kreationen, mit denen er sich drei von insgesamt 26 Hauben vom Gault Millau ganz Istriens verdient hat.

Zu den Spitzenköchen zählt auch der gebürtige Garmisch-Partenkirchener Robert Klickovic, der im Mare et Monti im Tennismekka Umag kocht. Frisch aus dem Meer, das fast an die breite Glasfront zu schwappen scheint, kommen die viel gerühmten mediterranen Gerichte.

Fein und feinsinnig wie die Küche sind auch die Unterkünfte. Natürlich, es gibt sie noch, die Campingplätze und schlichten Pensionen, die vor Jahrzehnten so manchen Urlauber ins Preiswertparadies lockten. Heute werden Herrenhäuser wie die Villa Tuttorotto am Hafen von Rovinj, ausgestattet mit antikem Mobiliar, aufgemotzt mit modernster Elektronik, in Edelherbergen verwandelt. Auch Fünf-Sterne-Häuser wie das Design-Hotel Monte Mulini auf der anderen Seite des Hafenbeckens mit seinen beiden Gourmetrestaurants, einer Auswahl von fast 600 Weinen durch den besten Sommelier Kroatiens und einem 1000 Quadratmeter Wellnessbereich zeigen, wie der Istrienurlauber von heute gestrickt ist: anspruchsvoll.

Eine, die frühzeitig genug die Entwicklung vom Fischerstädtchen Rovinj zum Hotspot an der Adria erkannt hat, um sich mit ihrer Bar Valentino als festen Bestandteil des Lifestyles zu etablieren, ist Claudia Bambeck. "Im Frühling", sagt sie, "kommt nach einem langen Winter, den ich seit einigen Jahren in Deutschland verbringe, die Sehnsucht." Die Sehnsucht nach der Magie dieser wundersamen Stätte, der sie sich nicht entziehen kann und die seit 22 Jahren noch unvermindert wirkt.