Das wie ein Fort gebaute Resort liegt in den Dünen und verlockt zum süßen Nichtstun

Das Leben kann so wunderbar sein. Wenn man es auf das Wesentliche beschränkt und das, was einen im Alltag anstrengt, für einige Zeit ausblendet: Smartphones, Internet, E-Mails, Autos, ja selbst die Menschen um einen herum. Dann werden die Gedanken klar, der Geist rein, die Seele pendelt sich in einem angenehmen Schwebezustand ein. Man wird frei im Kopf und wünscht sich nichts mehr, als dass dieser Zustand ewig anhält.

Ein Ort wie geschaffen dafür ist die Liwa-Wüste Abu Dhabis am Rande der Rub al-Khali, der längsten zusammenhängenden Sandwüste der Erde. Kaum 30 Autominuten hinter Abu Dhabi Stadt beginnt der Weltraum. Links und rechts wird es einsamer. Trüffelfarben erheben sich erste Dünenberge wie riesige Buletten. Eine halbe Ewigkeit rollt der Wagen durch das Nichts. Es ist ein maßloses Nichts, in dem man schnell das Gefühl für Raum und Zeit verliert. Die Weite saugt die Erinnerung auf wie ein Schwamm. Man spürt nichts, man hört nichts, man sieht nichts, nur Sand.

Mitten in diesem endlosen Nichts haben die reichen Scheichs Abu Dhabis 2009 das Qasr al-Sarab Desert Resort gebaut. Nach der Fahrt über menschenleere Highways schwappt man über die letzten Dünen und steht vor einem Zuckerbäcker-Fort. Lauter kleine Türmchen und Erkerchen. Das Fünf-Sterne-Hotel entsprang der Vision des regierenden Scheichs, dessen Familie aus der Liwa-Wüste kommt, und gilt als Reminiszenz an die kulturellen Wurzeln des Emirats Abu Dhabi. Als Vorbild dienten altertümliche Festungen der Gegend. Großzügig gestalteten Chalets schmiegen sich in die Wüste. Die rechteckigen Bauten sind so gestaltet, dass sie aus der Ferne kaum auszumachen sind.

Irgendwie kommt man sich mit Rollkoffer hier komisch vor. Doch das legt sich, wenn man die cremefarbene Lobby betritt. Schlendert man durch die Flure, fühlt man sich wie im Museum: 1800 alte und neue Gemälde hängen an den Wänden. An der Rezeption ist man trotz Reminiszenz an die Vergangenheit des Emirats auf der Höhe der Zeit: Klimaanlage auf den Zimmern? Kein Problem. Satelliten-TV? Auch nicht. Wireless LAN? Schon längst nicht. Wollen wir aber gar nicht.

Das Hotel gehört der thailändischen Luxus-Hotelkette Anantara und beinhaltet jeden erdenklichen Luxus: 154 Zimmer, zehn Suiten, 42 Villen in arabischem Design, drei Restaurants, eine Bar. Ein Fitnesscenter mit Aerobic-Studio und Yoga-Raum, Hamam, Whirlpool, Swimmingpool und Dampfbädern. Auf dem Dach im Beduinen-Zeltlager gibt es landestypisches Essen und orientalische Unterhaltung.

Es riecht nach Kardamom und Kaffee, die Bediensteten bringen Datteln, als wir uns hier oben niederlassen und ringsherum nichts als honigfarbene Dünen sehen. Der Aufenthalt wird zum spirituellen Erlebnis. Die Zeit verrinnt, ohne dass man es merkt. Bald weiß man nicht mehr, ob man bereits einen, zwei oder vier Tage hier ist. Man tut nichts, außer sich Tee einschenken zu lassen, vielleicht eine Wasserpfeife zu rauchen. Und zu essen.

Vielleicht macht man hin und wieder einen Ausflug mit den freundlichen Führern. Denn das Qasr al-Sarab liegt in einem 9000 Quadratmeter großen Naturreservat, in dem Kamele, Oryx-Antilopen, Sandgazellen und Sandhasen heimisch sind. Man kann organisierte Spaziergänge in die Wüste unternehmen oder man bucht Touren mit Mountainbikes oder Kamelen. Sogar mit wüstentauglichen Autos - Dune Bashing nennen die Einheimischen das, wenn sie mit der geballten Kraft ihrer Boliden über die Dünen preschen.

Wir sind mit Mohammed unterwegs. Quasi schwerelos gleiten wir über die Sandberge, keine Menschenseele, kein Tier, ja noch nicht einmal ein Baum weit und breit. Mal erklimmt der Wagen hier eine Düne, mal dort. Bis zu 300 Meter hoch sollen die Sandberge werden. Es ist die Musik der Wüste, die einen verzaubert, wenn der Wagen auf einem Dünenkamm stillsteht. Deren Einsamkeit, deren Dramaturgie, deren Anmut. Und dort, wo es nichts gibt, lebt die Fantasie: Hier mit Langlaufski durchfahren, denke ich mir.

Irgendwann am Abend liegt man dann im Kingsize-Bett des Hotels. Der Wind zupft, zerrt und zieht an den Dächern, als ob es kein Morgen gebe. Der Sand prasselt an die Scheiben. Dann beruhigt sich der Wind, der Sand in der Luft sinkt zu Boden, und am Himmel funkeln die Sterne. Wie eine silberne Schale hängt der Mond über den Sandbergen, so als gehöre er zur Einrichtung. Zur Einrichtung dieses Ortes, der eine magische Wirkung auf Besucher ausübt. Und irgendwie fühlt man sich am Abend auf seinem Balkon als Teil dieses Gesamtkunstwerks.