Schwedens Hauptstadt erstreckt sich über 14 Inseln, ein Drittel der Fläche besteht aus Wasser. Vielleicht trägt das dazu bei, dass die Bewohner sehr offen und modern sind.

Seit fünf Tagen werden Mitarbeiter einer Stockholmer Bank gefangen gehalten. Die vier Geiseln im Tresorraum am Norrmalmstorg bangen um ihr Leben. Als die Polizei Schlafgas in den Raum der Svenska Kreditbanken leiten will, in dem sich Bankräuber Clark Olofsson mit den Geiseln verschanzt hat, gibt der Gangster überraschend auf. Die Gefangenen sind frei. Sie haben im Sommer 1973 den spektakulärsten Banküberfall in der Geschichte Schwedens erlebt. Seitdem spricht man vom "Stockholm-Syndrom", wenn sich Opfer mit ihren Geiselnehmern solidarisieren. Denn dieses Phänomen wurde hier erstmals beobachtet, die Geiseln besuchten Clark Olofsson später sogar im Gefängnis.

Gäste des Nobis Hotels lassen sich heute gern gefangen nehmen von dem schicken Interieur des Designhotels, das erst vor ein paar Monaten in genau jenem Gebäude am Norrmalmstorg eröffnete, in dem vor fast 40 Jahren die Aufsehen erregende Geiselnahme stattfand. Wer sich heute einen kalten Schauer über den Rücken laufen lassen will, geht dafür am besten in die heiße Dampfsauna. An dieser Stelle bohrte die Polizei damals das Loch in die Decke des Tresors, um die Geiselnahme mit Schlafgas zu beenden. Heute schlafen die internationalen Gäste des Hauses in komfortablen Zimmern, die in modernem italienischen Design eingerichtet sind, und wiegen sich in der Sicherheit, dass sie an einem der hippsten Orte der Stockholmer Szene gelandet sind.

Davon gibt es immer mehr in der schwedischen Metropole, die schon immer eine Nasenlänge voraus in Sachen Design war. Zwar nie so laut und schrill wie Paris oder London, dafür spielt die Stadt am Meer aber gern die Trendsetterin mit Langzeitwirkung. Ihre Impulse gingen schon immer um die Welt und setzen Maßstäbe.

"Die Stockholmer sind sehr trendaffin, sie suchen ständig nach dem neuesten Design, der neuesten Mode!", beobachtet Pascale die Szene. Die gebürtige Französin hat in Östermalm, dem angesagtesten Viertel der schwedischen Hauptstadt, eine kleine Galerie für modernes Design. Pascale kennt sie alle, die Stockholms Trends kreieren, mit den meisten arbeitet sie zusammen, viele stellen bei ihr aus: Designer wie Claesson, Koivisto und Rune richten zurzeit die neuen modernen Hotels wie das Nobis oder das Sheppsholmen direkt am Wasser ein. "Die Häuser werden zur Bühne, zu Showrooms für die Künstler", weiß die Galeristin, die eine Zeit lang in der Nähe von Hamburg gewohnt hat. Und die Straßen der Stadt werden zum Laufsteg. Denn nirgendwo sonst sieht man so frisch und fröhlich gestylte schöne Menschen, die die aktuelle Mode mit einer hinreißenden Leichtigkeit tragen.

"Zurzeit sind die bunten Gummistiefel der britischen Marke Hunter angesagt!" - Ann-Charlotte muss es wissen. Die zierliche Blondine im hippen Schuhladen an der Mäster Samuelsgatan sieht Kundinnen ein- und mit Shoppingtüte wieder ausgehen. Im Schaufenster stehen die Boots in Pink und Orange neben Himmel- und Dunkelblau und locken die Girlies an. Selbst bei schönstem Sonnenschein stiefeln sie damit übers Pflaster, hinein in die Cafés und Restaurants am Wasser.

Gerade jetzt im Sommer sind die voll mit schönen Menschen, die das Licht feiern, das in den Nächten hier so lange anhält. Vor allem auf Djurgården, dem grünen, wasserumfluteten Ausflugsziel der Stockholmer, das sich per Brücke oder Boot schnell erreichen lässt, reihen sich die hübschen und trendigen Lokale dicht an dicht. Selbst in den Abendstunden leuchtet Stockholm wie ein Sommernachtstraum: Unter einem unwirklich strahlenden Himmel, dessen Blau sich im klaren Ostseewasser spiegelt, beginnen die Farben der Hausfassaden zu tanzen. Noch zu später Stunde schwirren Nachtschwärmer durch die Straßen. Gerade das "Schmuddelkind" Södermalm gegenüber dem Gamla Stan, ein Stadtviertel, das erst in den letzten Jahren zur angesagten Adresse für Künstler, Designer und Bohemians geworden ist, wacht jetzt erst richtig auf. Stockholm mag nicht schlafen gehen in solchen Sommernächten.

Auch vor dem F12 in der Fredsgatan, einen Steinwurf vom Königsschloss entfernt, ist zu später Stunde noch lange nicht Schluss. Das Restaurant mit maigrünen Wänden und grüngelben Leuchten, die wie riesige Tropfen von der Decke fallen, ist bekannt für seine innovative Küche, im angrenzenden Klub legen gefragte DJs auf. Beide sind untergebracht in der Königlichen Kunstakademie, Ort der Geschichte und stilvoller Rahmen für coole Partys. Nicht weit entfernt - in Stockholm ist eigentlich jeder Hotspot zu Fuß erreichbar - gibt es in Gamla Stan, in der mit Touristen überfüllten, aber trotzdem immer wieder liebens- und sehenswerten Altstadt, an der Lilla Nygatan Nummer 21, eines der wohl besten Restaurants der Stadt: Hier eröffneten im Januar 2008 Björn Frantzén und Daniel Lindeberg einen schlicht eingerichteten Gourmettempel, dem nichts touristisch Abgeschmacktes anhaftet. Auch heute, dreieinhalb Jahre später, ist das Feuerwerk, das die beiden hier zünden, noch immer nicht erloschen und überstrahlt alles, was es sonst an den mit Pizza- und Pastaläden vollgestopften, jahrhundertealten Gassen gibt.

Der "König" der Stockholmer Gourmetlandschaft residiert dagegen in Östermalm, ein alter Hase, der schon im Alter von 27 Jahren sein erstes Restaurant eröffnete: Pontus Frithiof. Sein aktueller Spot "Pontus!" ist ein echtes "Must-go", "Must-see", "Must-eat". Um kurz vor Mitternacht wandern hier noch die Austern über den Tresen. Keine Spur von Ladenschluss! Der Stockholmer Tausendsassa in Sachen Gastronomie zieht mit seinem Konzept - frische Lebensmittel aus der Region plus ausgefallenes Design - jede Menge Fans in seinen stylish inszenierten Laden. Ein kleines Wunderwerk, das von Einheimischen wie Touristen geliebt wird.

Wer nach Mitternacht aus dieser gastronomischen Überraschung auf die Straße tritt, muss sich noch auf mehr gefasst machen: Auch wenn sich draußen die Temperaturen schon etwas abgekühlt haben, geht es in den Klubs und Bars der Stadt heiß zu. Je näher man an Berns Hotel herankommt, umso lauter wird es. In Berns Salonger, einem pracht- und prunkvollen Saal vom Beginn des vergangenen Jahrhunderts, tafelt man zu dieser Stunde immer noch feine asiatische Spezialitäten, im dazugehörenden Klub legen DJs die Charts rauf und runter auf, und in einem weiteren Saal spielen die ganz Großen der Musikszene live. Ein echter Hotspot der Stadt, der ein buntes, schrill aufgemachtes Partyvölkchen anzieht.

Übrigens: In dem neuen Designhotel am Norrmalmstorg - gegenüber vom Berns Salonger - tauchte kurz nach der Eröffnung auch ein ganz besonderer Besuch auf: Clark Olofsson, der legendäre Bankräuber von einst, kam als ganz normaler, zahlender Hotelgast.