Die Luftfahrtbranche will noch in diesem Jahrzehnt mit berührungslosen Hightech-Kontrollen die Abfertigung der Passagiere beschleunigen.

Offen für Neues waren sie, die rund 800 000 Passagiere am Hamburger Flughafen, die seit vergangenem Herbst am eigenen Körper testen wollten, wie sich neue Hightech-Sicherheitskontrollen anfühlen. Einen regelrechten Andrang gab es auf die probeweise mit Körperscannern ausgestatten Schleusen. Doch die Euphorie währte nur kurz. Immer wieder unterstellte das Gerät nach dem dreisekündigen Scannen der Probanden Sicherheitsgefährdungen an Stellen, die gar nicht gefährlich waren. Mal tauchten am Bildschirm am schematisch dargestellten Körper gelbe Punkte unter den Achseln auf, wo sich Schweißflecken befanden. Mal leuchtete es gelb an den Hosentaschen, in denen eine Packung Papiertaschentücher steckte.

Bei einem herkömmlichen Detektor hätte der Passagier unbehelligt Passieren dürfen, beim Körperscanner war in der Mehrzahl der Fälle eine manuelle Nachkontrolle nötig. Die Alarmquote sei mit 70 Prozent "nicht akzeptabel", sagte der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), jetzt nach Ende der Testphase, die Geräte damit nicht praxistauglich.

Die Luftfahrtbranche denkt schon viel weiter: Körperscanner könnten, selbst wenn sie irgendwann verlässlich funktionieren sollten, nur eine Zwischenstufe sein. Man ist dabei, zusammen mit Sicherheitsbehörden von 19 Staaten den "Checkpoint der Zukunft" zu entwickeln, wie es die IATA nennt, die Organisation aller Linienfluggesellschaften. Damit soll es dem Passagier ermöglicht werden, den Weg vom Betreten des Flughafens bis zum Einsteigen ins Flugzeug berührungsfrei zurückzulegen, ohne anzuhalten, sich teilweise ausziehen zu müssen oder abtasten zu lassen. "Bisher geben wir 7,4 Milliarden US-Dollar pro Jahr aus, um den Luftverkehr sicher zu halten, aber unsere Passagiere sehen davon nur die Scherereien", klagte der bisherige IATA-Chef Giovanni Bisignani bei der Vorstellung des ersten 1:1-Modells der künftigen Sicherheitsschleusen.

Kernstück der neuen Schleusen sind je drei nebeneinander liegende, jeweils sieben Meter lange Tunnels. Dort werden die Passagiere hindurchgeleitet, durch welchen entscheidet die Einschätzung, welches Risiko sie darstellen. In jedem Tunnel läuft der Passagier an verschiedenen Scannern und Sensoren vorbei, die dank Terahertz-Strahlen etwa metallische Objekte erkennen und Flüssigkeiten einordnen können. "Dafür ist die Weiterentwicklung komplexer Techniken nötig, was noch fünf bis sieben Jahre dauern wird," sagt IATA-Sprecher Chris Goater. Noch revolutionärer als die dahinter stehende Technik ist aber eine ganz neue Philosophie. Die Grundidee ist nämlich, nicht mehr nach gefährlichen Objekten, sondern nach bedrohlichen Personen zu suchen und damit die bisherige Gleichbehandlung aller Passagiere zu beenden.

Die Entscheidung, wer in den Tunnel für "bekannte Reisende" gehen darf, wer durch den "Normal"-Kanal und wer schließlich den Tunnel "verstärkte Sicherheit" durchqueren muss, fällt kein Mensch, sondern der biometrische Chip im Reisepass, mit dem sich jeder Passagier ausweisen muss. Hierbei spielen persönliche Daten eine Rolle, aber auch bisherige Reiseziele oder ob das Ticket in bar oder per Kreditkarte bezahlt wurde. Die aktuelle Gefahrenbeurteilung der jeweiligen Regierungen bewirkt, welche Kriterien wie gewertet werden. "Es wird auch ein Zufallselement geben, damit das System unberechenbar bleibt," erklärt Goater. Rund 60 Prozent aller Passagiere würden dem "Normal"-Kanal zugewiesen werden. "Bekannter Reisender" kann theoretisch jeder werden, der sich zu einem Hintergrund-Check bereitfindet, wie er heute schon bei der Bundespolizei am Frankfurter Flughafen angeboten wird, auch in Amsterdam und den USA ist das für Vielflieger bereits Praxis. "Der neue Kontrollpunkt wird die Prozesse am Boden enorm beschleunigen. Die großen Drehkreuz-Flughäfen, die das zuerst einführen, werden damit werben, weil es soviel besser ist", so Goater.

Eine wesentliche Voraussetzung ist aber, dass das Prinzip der Einteilung der Passagiere in Risikogruppen von Politik und Publikum akzeptiert wird. Die ersten Reaktionen in Deutschland waren heftiger Protest: Von einer weiteren "Drehung der Sicherheitsschraube zulasten der Persönlichkeitsrechte" und "diskriminierenden Effekten" sprach der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar. Die IATA gibt sich unbeeindruckt: "Wir vertrauen darauf, dass das Publikum die Vorteile sieht und das System in zehn Jahren voll zur Verfügung steht," sagt Chris Goater, "für Passagiere ist das buchstäblich Licht am Ende des Tunnels."